Corona-Infektion im Landkreis Leipzig: Verwirrung um Nachverfolgung und Quarantäne

Das Infektionsgeschehen mit dem Virus Sars-CoV-2 weitet sich aus, auch der Landkreis Leipzig gilt jetzt als Risikogebiet. Das Gesundheitsamt des Landratsamtes müht sich nach Kräften, Infektionsketten zu unterbrechen. Wer einmal selbst in den Corona-Strudel gerät, merkt: Das System hat Tücken, ist von Unwägbarkeiten und Zufällen abhängig, manchmal auch davon, welcher Mitarbeiter einen Fall betreut. Der Ärger beginnt mit der ganz privaten Entscheidung, einer Einladung zu einer Feier zu folgen. Die bleibt zwar im zahlenmäßig erlaubten Rahmen, doch beim nächsten Mal wird man wahrscheinlich genauer überlegen. Nach der Begegnung an einem Freitagabend folgten Anfang der neuen Woche positive Tests bei einer Familie, die zu Gast war und Symptome zeigte. Drei Tage vergehen ohne Warnung: Drei volle Tages sind allein bis dahin schon vergangen, ohne dass eine Behörde tätig werden konnte. Tage, in denen neue Begegnungen stattgefunden haben, privater Natur, dienstlich. Ein Gast war da schon mit anderen Bekannten im Urlaub. Die erste Information innerhalb der Geburtstagsgesellschaft über den Kontakt mit möglicherweise zu dem Zeitpunkt schon Infizierten machte die Runde, weil nicht die Behörde, sondern die Gastgeber schnell alle anriefen. Ein Gast wendete sich daraufhin selbst ans Gesundheitsamt und wollte wissen, wie die Situation sei, bekam aber noch keine verbindliche Auskunft. Man müsse auf den Anruf des Amtes warten. Der Gast kontaktierte seinen Arbeitgeber, der stand auf dem Standpunkt: Ohne Quarantäneanordnung vom Gesundheitsamt wird der übliche Dienst geleistet. Die Person ging eine knappe Woche nach der Feier, auf der sie sich angesteckt haben könnte, zur Arbeit. Unterschiedliche Quarantänezeiträume werden verhängt: Das Gesundheitsamt meldete sich erst einen weiteren Tag später, fast schon eine Woche nach der Feier. Bei einem der Gäste mit dem Satz: Sie wissen schon Bescheid, oder? Andere wiederum wurden von zwei verschiedenen Mitarbeitern angerufen, die offenbar unterschiedlich zurückrechneten. Den unterschiedlichen Rechnungen zufolge wurden Quarantäneanordnungen von 13 und von 15 Tagen seit der Feier ausgesprochen. Gelobt wurde aber auch: Jeder bekam von seinem Amtsmitarbeiter die Durchwahl, so waren immerhin schnelle Nachfragen möglich. Und Testergebnisse gab’s sogar am Wochenende, allerdings nur telefonisch. Über eine Woche nach der Feier. Worüber sich einige aus der Runde wundern: Die ursprünglich positiv Getesteten durften die Quarantäne zuerst verlassen. Da hatten die meisten anderen noch nicht einmal den offiziellen Bescheid des Gesundheitsamtes bekommen. Das soll laut Landratsamt derzeit rund eine Woche dauern. Einen Tag später endete die Quarantäne für eine Person aus einem systemrelevanten Arbeitsbereich und mit negativem Testergebnis vorfristig. Es werden nicht mehr alle Kontakte ersten Grades getestet: Damit nicht genug der Verwirrnisse: Schwer nachvollziehbar ist für die Betroffenen, wer von den direkten Kontaktpersonen zum Test geschickt wurde und wer nicht. Dazu sagt die Leiterin des Gesundheitsamtes, Silke Schäpling, auf LVZ-Anfrage: „Mittlerweile werden nicht mehr alle Personen getestet, die als Kontaktperson ersten Grades gelten. Wer sich in Quarantäne befindet, trägt bereits zur Unterbrechung der Infektionskette bei.“ Getestet würden üblicherweise „Kontaktpersonen, die Symptome aufweisen, zu Risikogruppen gehören oder besondere Umstände aufweisen.“ Diese besonderen Umstände, scheint es, können mit dem jeweiligen Mitarbeiter am Telefon besprochen werden. Dann gibt es einen Test oder auch nicht. Die gute Nachricht: Alle nachfolgend Getesteten waren negativ. Sie müssen aber, bis auf die genannte Ausnahme, die Quarantäne vollenden. So sehen es die Leitlinien vor, sagt Brigitte Laux, Sprecherin des Landratsamtes. Stammpersonal arbeitet Fachfremde ein: Die auch einräumt: „Angesichts der steigenden Infektionszahlen mit oft sehr vielen Kontaktpersonen werden sich Fehler leider nicht vermeiden lassen.“ Im Gesundheitsamt seien derzeit rund 25 Personen mit der Nachverfolgung von Kontakten beschäftigt. Das eigene Personal sei dafür durch „Fachfremde“ aufgestockt worden. Das Stammpersonal „arbeitet die neuen Kollegen sorgfältig ein“, sagt Brigitte Laux. Dabei könne es zu unterschiedlichen Aussagen kommen. Gefragt nach der Wirksamkeit der eigenen Bemühungen beim Kampf gegen die Ausbreitung des Virus, sagt Amtsleiterin Schäpling: „Ob bei der Infektionsentwicklung noch eine ausreichende Nachverfolgung von Infizierten zur Unterbrechung von Infektionsketten gewährleistet ist, weiß wohl keiner. Wir arbeiten aber intensiv daran.“ Lesen sie auch: Corona-Zahlen im Landkreis Leipzig steigen Die aktuellen Entwicklungen im Leipzig-Ticker Neue Regeln: Maskenpflicht in Schulen Rückkehrer aus Risikogebieten müssen sich melden Von André Neumann