Feierlaune trotz Pandemie: Das Adriakustik-Festival in Deutzen

„Wir haben bis zum Schluss gebangt und sind sehr froh, dass das Festival nun stattfinden kann“, sagte Antje aus der Nähe von Glauchau, die am Wochenende mit Mann Ronny und den Töchtern Ronja (8) und Selma (5 Jahre) das Liedermacherfestival „Adriakustik“ in Deutzen besuchte. Ein ausgeklügeltes Hygienekonzept mit Abstandsregeln und Einbahnstraßensystem auf dem Festgelände machte die Veranstaltung schließlich doch möglich. „Für uns ist das hier wie ein Kurzurlaub. Leider gibt es nur wenige Festivals, zu denen man die Kinder mitnehmen kann. Hier funktioniert das sehr gut. Unsere Töchter waren im vergangenen Jahr erstmals dabei und wollten unbedingt wieder hin.“ Ihre ganz persönliche Favoritin hatten Ronja und Selma schnell gefunden. „Feli rockt“, die „Omi mit dem Akkordeon“, begeisterte die beiden Kinder im Handumdrehen. Der jetzige Festivalbesuch sei schon im vergangenen Jahr geplant gewesen. „Gleich zum Start des Ticketverkaufs haben wir zugeschlagen“, verriet Antje. Alles funktioniere auf dem Deutzener Festgelände ganz unkompliziert, einfach das Zelt aufschlagen genüge. Im vergangenen Jahr habe man die Veranstaltung schon vom ersten Tag an genießen können, nun war es arbeitsbedingt ein Tag weniger. Hartes Jahr für Musiker: Liedermacher Martin Goldenbaum stand am Sonnabend selbst auf der Bühne. Für den 41-jährigen Berliner war schon im März Schluss mit den Auftritten. „Ich habe sonst 80 bis 100 Auftritte pro Jahr, doch nun ist alles anders.“ Doch die Zwangspause habe er gut genutzt, er sah sie als zusätzliche kreative Zeit, trotz aller Härten für ihn als Profimusiker. „Meine gute Laune habe ich behalten. Pessimismus bringt ja nichts, damit steckt man doch andere Leute nur noch an.“ Das Deutzener Festival sei für ihn längst ein vertrautes Terrain. „Man kennt sich. Die Szene ist relativ klein. Hier lassen sich Leute treffen, die man schon seit 20 Jahren kennt.“ Festival sorgt für „Kopf voller Ideen“: Für tanzbare Musik steht Florian von der fünfköpfigen Berliner Band „Zargenbruch“. Damit passe man eigentlich gar nicht so richtig auf dieses Festival, auch die deutschen, französischen und portugiesischen Texte der Band seien hier durchaus ungewöhnlich: „Doch wir haben auch mal als Liedermacher angefangen, und hier fühlt man sich wie in einer großen Familie.“ So ganz nebenbei könne man mit Gleichgesinnten an neuen Bandprojekten tüfteln. „Hier geht man immer mit einem Kopf voller Ideen heraus.“ Die Erfurter Liedermacherin Rosa Hoelger beispielsweise habe im vergangenen Jahr direkt vor Ort in Deutzen zwei Lieder geschrieben und die nun hier ganz taufrisch vorgestellt. „So etwas ist ganz typisch für dieses Festival.“ Für „Zargenbruch“ sei das Konzert das erste sei dem Beginn der Corona-Pandemie. „Es ist eine ganz große Leistung der Veranstalter, das Festival nun doch durchzuführen.“ Die Neuausrichtung des Festivals sei überaus gelungen, findet Florian: „Die jetzige Bühne bringt viel mehr.“ Glücklicherweise seien alle seine Bandmitglieder anderenorts in Lohn und Brot, so seien ausgefallene Konzerte nicht ganz so bitter gewesen. „Wir sind bunt gemischt, wir haben einen Erzieher, jemanden aus der Politik, eine Notärztin, einen Gitarrenbauer und eine Musiktherapeutin.“ In der derzeitigen Situation könne man froh sein, den Schritt hin zum Profimusiker nicht gegangen zu sein. „Ich habe damals darauf verzichtet, schließlich trage ich Verantwortung für meine Tochter. Denn ihren Geigenunterricht möchte ich ja auch noch bezahlen können.“ Nach langem Bangen: Optimismus trotz der Pandemie: Für den Bornaer Florian Klemm war das diesjährige Festival mal eine ganz andere Erfahrung. „Ich war sechs Jahre lang beim Orga-Team dabei und stand immer am Grill. Jetzt ist es ganz interessant, die Theke mal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Das Festival lässt sich gleich ganz anders genießen, der Stress fällt weg.“ Lange habe er mit den Veranstaltern gebangt, ob Adriakustik stattfinden könne. „Erst seit einem Monat steht fest, dass es eine Neuauflage geben wird.“ Stressfrei genießen stand auch bei Caro und ihren Freunden André und Norman aus Thüringen im Mittelpunkt. „Die Stimmung ist einfach perfekt. Und wenn das hier eine Dorfgemeinschaft wäre, dann könnte ich mir gut vorstellen, hier zu wohnen“, sagte sie mit Blick auf die ungezwungene Atmosphäre auf dem Zeltplatz. Im nächsten Jahr werde sie mit ihren Freunden auf jeden Fall wieder nach Deutzen fahren. „Wir wohnen mitten im Wald und der See ist gleich nebenan. Das ist einfach eine tolle Kombination.“ Von Bert Endruszeit