Landkreis Leipzig: Gesundheitscheck der Schulanfänger wird zum Kraftakt

Der Landkreis Leipzig hatte Glück: Als Corona zu Jahresbeginn das Zepter übernahm, war der Großteil der Schuluntersuchungen für die künftigen Erstklässler bereits abgeschlossen. „Noch rechtzeitig, bevor uns die Auswirkungen der Pandemie erreichten, waren wir mit den Untersuchungen durch“, erklärt Silke Schäpling, kommissarische Leiterin des Gesundheitsamtes. Anders als in anderen Bundesländern, wo Corona sämtliche Pläne über den Haufen warf und sich der ärztliche Check mancherorts sogar nur aufs Telefon beschränkt. Schuleingangsuntersuchung gibt Aufschluss über Entwicklungsstand des Kindes: Die Schuleingangsuntersuchung gilt als Voraussetzung für den späteren Schulbesuch. Während des letzten Kindergartenjahres wird sie in Sachsen vom Kinder- und Jugendärztlichen Dienst der Gesundheitsämter übernommen. Für das Schuljahr 2020/2021 stellten sich 2535 Mädchen und Jungen vor, die eine der 57 Grundschulen im Landkreis besuchen möchten. „Bei dem Termin geht es darum, die Schulreife der Kinder zu beurteilen und frühzeitig einen eventuellen Förderbedarf zu ermitteln“, verdeutlicht Schäpling. Zum Programm gehören ein Seh- und Hörtest sowie eine allgemeinmedizinische Untersuchung. Zudem werden Sprachvermögen, Feinmotorik, Koordination und Konzentrationsfähigkeit beurteilt. Die Kinder müssen zum Beispiel Bilder ergänzen, Grafiken nachzeichnen und einen Wechselsprung vormachen. Der Arzt informiert die Eltern auch über notwendige therapeutische Maßnahmen. „So empfehlen wir zum Beispiel den Besuch beim Augenarzt oder stellen orthopädische Defizite fest, deren Behandlung angeraten scheint“, so Schäpling. Honorarärzte müssen das Gesundheitsamt unterstützen: Die Personaldecke im Gesundheitsamt ist so dünn, dass auch die Chefin selbst in den Arztkittel schlüpft. „Gehäufte Verhaltensauffälligkeiten konnte ich persönlich bei den jüngsten Untersuchungen nicht beobachten.“ Was das Gesamtbild für den Landkreis betrifft, schlagen sich die Entwicklungsdefizite allerdings in einer dreistelligen Zahl nieder. Für immerhin 101 Kinder hat das Gesundheitsamt aktuell empfohlen, lieber ein weiteres Kindergartenjahr dranzuhängen. Schäpling weiß diese Zahl allerdings einzuordnen: „Im sächsischen Maßstab gehören wir damit zu den Regionen, in denen vergleichsweise wenige Kinder zurückgestellt werden.“ Ob die Eltern dieser Einschätzung folgen, liegt ganz bei ihnen. Genau so wie die Entscheidung, Kinder vorzeitig einzuschulen, was in diesem Jahr für 32 besonders wissensdurstige Steppkes gilt. Durch verschärfte Regeln nehmen Untersuchungen noch mehr Zeit in Anspruch: Waren die Untersuchungen schon bisher eine personelle Herausforderung, nehmen sie in Zeiten verschärfter Hygiene- und Abstandsregeln noch mehr Raum in Anspruch. „Für das Schuljahr 2021/2022 mussten wir bereits 200 Erstklässler mehr als noch vor Jahresfrist beurteilen. Und auf Grund vieler neuer Wohngebiete rechnen wir auch künftig mit weiter steigenden Zahlen“, prognostiziert Silke Schäpling. Um die Arbeit zu schaffen, ist das Gesundheitsamt auf zusätzliche Honorarkräfte angewiesen. „Dabei greifen wir auf erfahrene Kinderärzte zurück, die uns unterstützen.“ Sachsen hat Frist für Untersuchungen verlängert: Die ersten Untersuchungen für die neuen Vorschüler sind für August geplant. Sachsen hat bereits verkündet, dass die Gesundheitsämter auf Grund von Corona zwei Monate länger Zeit haben. Bis 31. März 2021 und nicht wie sonst bis 31. Januar müssen demnach alle Erstklässler durchgecheckt sein. „Diese Zeit werden wir auch brauchen“, räumt die Amtsärztin ein. „Schließlich müssen die Kinder mit zeitlichem Abstand bestellt werden.“ Zudem dürfe nur ein Elternteil an der Untersuchung teilnehmen. Lesen Sie auch Defizite in der Sprache: Jeder dritte Schulanfänger in Sachsen betroffen Von Simone Prenzel