Suchtberatung in Delitzsch: „kommunal wertvoll“

Die Atmosphäre ist freundlich und sachlich zugleich. Wer die Delitzscher Suchtberatungs- und Behandlungsstelle aufsucht, braucht sowohl das eine als auch das andere. In den Praxisräumen im Haus H im Medizinischen Versorgungszentrum am Schäfergraben trifft der Besucher unter anderem auf Sozialarbeiterinnen und Psychologinnen wie Cornelia Voigt und Jessica Lackmann. Starker Träger: Der gestrige 4. November war erster bundesweiter Aktionstag „Suchtberatung – kommunal wertvoll“. Es sollte damit besonders auf die Unsicherheit der Finanzierung der Anlaufpunkte aufmerksam gemacht werden. „Zumindest diese Unsicherheit gibt es bei uns nicht. Wir haben einen starken Träger“, betont Cornelia Voigt. Denn die Beratungsstelle ist dem Sozial- und Beschäftigungszentrum (SBZ) des Landkreises angegliedert. In Taucha, Schkeuditz und Eilenburg gibt es Außenstellen. Einen Tag, der auf Suchtberatung aufmerksam macht, begrüßen die Mitarbeiterinnen. Coronabedingt sind derzeit Aktionen mit Publikum nicht möglich. Doch wurde das Angebot bisher zum Beispiel beim Tag der offenen Tür im SBZ mit einem Stand präsentiert, machten Besucher gern einen Bogen drumherum: Was hat man denn mit Sucht zu tun? Kein Randproblem: „Sucht ist kein Randproblem“, betont das Bundesgesundheitsministerium. Mit „Sucht“ ist nicht nur die Abhängigkeit gemeint, sondern die Gesamtheit der damit einhergehenden riskanten, missbräuchlichen Verhaltensweisen. So ist sie oft mit dramatischen Schicksalen verbunden. Betroffen sind nicht allein die Abhängigen, sondern auch Angehörige, Freunde, Kollegen. Nach wie vor kommen zwei Drittel der Klienten und Klientinnen wegen Alkoholproblemen in die Beratung, schätzt Cornelia Voigt. Weiterhin geht es häufig um den Konsum von Cannabis, Crystal, Heroin oder um Mischkonsum. Ein kleinerer Anteil meldet sich wegen Medikamentenabhängigkeit, Spiel- oder Mediensucht. Konflikte: „Es ist ein Hilfsangebot“, stellt Cornelia Voigt fest. Wie es angenommen wird, komme auf die Betroffenen an. Einige nehmen den Konflikt mit sich selbst wahr. Andere bekommen Probleme mit dem Arbeitgeber, dem Partner, dem Jugendamt. Teils machen Ärzte auf körperliche Folgen aufmerksam, raten zum Besuch der Beratungsstelle. Sucht ist als Krankheit anerkannt. Sie ist jedoch eine Krankheit, die nicht heilbar ist. „Aber es lässt sich Schaden begrenzen und ein Leben mit zufriedener Abstinenz gestalten“, erklärt Vanessa Lackmann. „Wir sind auch Verteilerstelle. Wir schauen, wo die Menschen stehen, wozu sie bereit sind. Je nachdem wird entschieden, wie es weitergeht. Dies kann zum Beispiel die Vermittlung in den qualifizierten Entzug oder die Beantragung von Entwöhnungsbehandlungen sein.“ Unterstützung über Jahre: Die Nachsorge wird ebenfalls begleitet, teils über Jahre. Denn abstinent zu bleiben, könne gerade nach Jahren schwierig werden, weil dann vielleicht nicht mehr soviel motivierende, positive Resonanz aus dem Umfeld kommt, weil sich gewisse Langeweile einstellt, weil es erneut negative Einflüsse oder Erlebnisse gibt. Gerade für die längerfristige Unterstützung gibt es in Delitzsch zwei über die Beratungsstelle geleitete Selbsthilfegruppen. Die Anonymen Alkoholiker unterhalten unabhängig davon ebenfalls eine Gruppe in der Loberstadt. Information zur Sucht- und Behandlungsstelle Delitzsch online über sbz-delitzsch.de unter Angebote/medizinische Versorgung. Telefon: 034202 3652-150 oder -151. Von Heike Liesaus