Drogentherapie Finanzierung für „Zwischenstopp“ Bockelwitz unsicher

Wie geht es weiter mit dem Projekt „Zwischenstopp“ in Bockelwitz? Nach dem Jahr 2020 ist die Finanzierung ungewiss. Langfristig soll ein Unterstützerkreis gebildet werden. Überbrückung zum Entzug: Das Projekt existiert in der aktuellen Form seit Juni 2016. Es überbrückt die drei- bis vierwöchige Entzugsbehandlung in einer Psychiatrie und der drei- bis sechsmonatigen Langzeittherapie. Denn diese schließt sich in den seltensten Fällen nahtlos an. „Für die Suchtkranken ist dies eine gefährliche Zeit, rückfällig zu werden“, so Dr. Ulrike Ernst. Die Chefärztin der Klinik für Suchtmedizin am Fachkrankenhaus Bethanien Hochweitzschen gehört gemeinsam mit Vertretern des Landratsamtes Mittelsachsen, der Diakonie Döbeln als Träger und weiteren Partnern zu den Initiatoren dieses als Pilotprojekt gestarteten niederschwelligen Hilfsangebotes für Suchtkranke. Seine Wurzeln hat es in dem Projekt „Jugend in Arbeit“, für welches der Verein Bockelwitz Nummer 3 Jahre zuvor das Fundament legte. Nun wird in einer Pressemitteilung vom Landratsamt Mittelsachsen Resümee gezogen: „Das Angebot hat sich fest etabliert und ist aus der mittelsächsischen Hilfslandschaft nicht mehr wegzudenken“, so der Leiter des Geschäftskreises Ordnung, Soziales und Gesundheit im Landratsamt Jörg Höllmüller. Anschubfinanzierung vom Freistaat: Wie bei solch einer Projektfinanzierung üblich, müssen die Mittel immer wieder neu beantragt und zugewiesen werden. „Wir sind dankbar, dass das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz das Projekt mit einer sehr guten Anschubfinanzierung unterstützt hat“, so der zweite Beigeordnete weiter. Dennoch seien der Landkreis und die Projektpartner im laufenden Gespräch mit Vertretern des Freistaates und anderen möglichen Unterstützern. Aus allen solle sich der feste Unterstützerkreis bilden, um das Hilfsangebot mittelfristig finanziell abzusichern, so Höllmüller. Für 2020 sei die Finanzierung noch zugesagt. Unklar ist, wie es danach weiter geht. Unter der Fragestellung „Junkies fit 4 Job ?!“ trafen sich jüngst Vertreter aus Wirtschaft und der Politik. Unternehmen der Region gefragt: „Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in Bockelwitz Hilfe bekommen und annehmen, suchen eine Chance, um sich eine neue, suchtfreie Existenz aufzubauen. Dazu gehört eine berufliche Anstellung. Deshalb sind Unternehmen der Region gefragt, zu unterstützen, indem sie beispielsweise Praktika oder Arbeitsverhältnisse anbieten“, so Höllmüller weiter. Chefärztin Dr. Ulrike Ernst ergänzt: „Zudem sichert eine berufliche Tätigkeit im Anschluss an eine Rehabilitationsmaßnahme die künftige Abstinenz.“ Kommentar von Redakteurin Steffi Robak: „Für Sicherheit nach dem Entzug“ Seit Juni 2016 nahmen 56 Männer zwischen 18 und 43 Jahren das niederschwellige Hilfsangebot an. 37 von ihnen, und damit zwei Drittel, seien nach ihrem Aufenthalt in Bockelwitz in eine Langzeittherapie gewechselt. „Damit ist die Erfolgsrate deutlich höher als im landesweiten Durchschnitt. Diese liegt bei zirka 55 Prozent“, so Ernst. Auch liege die erfolgreiche Beendigung der Langzeittherapie mit zwei Drittel bei den Zwischenstopp-Absolventen höher als im Landesdurchschnitt, wo reichlich die Hälfte aller Drogenentwöhnungsbehandlungen abgebrochen werde. Frauen werden nicht behandelt: Rund die Hälfte der in Bockelwitz betreuten Männer stammt aus Mittelsachsen. „Ein weiterer großer Teil kommt aus dem Nachbarkreis Meißen sowie aus der Landeshauptstadt Dresden, die übrigen aus anderen Teilen Sachsens und Sachsen-Anhalts“, so Dr. Ulrike Ernst weiter. Frauen werden in Bockelwitz nicht betreut. Die gemeinsame Betreuung von Männern und Frauen in einer Einrichtung sei nicht zielführend, „da durch das rasche Eingehen zwischenmenschlicher Beziehungen die Konzentration für das Wesentliche, nämlich die Beschäftigung mit eigenen Verhaltensweisen und Lernerfahrungen, verloren geht“, ergänzt die Medizinerin. Auf dem Vierseithof in Bockelwitz ist Platz für bis zu neun Männer. Sie verpflichten sich zu absoluter Abstinenz, haben einen geregelten Tagesablauf und gehen einer Beschäftigung nach. Sie zahlen Miete für ihr Zimmer und unterziehen sich regelmäßigen Alkohol- und Drogentests. Volkswirtschaftlich erfolgreich: „Während der Pilotphase 2016/17 entstanden Kosten in Höhe von rund 117.000 Euro. 80 Prozent davon trug der Freistaat, den Rest der Landkreis“, so Psychiatriekoordinator Matthias Gröll. Er wirkte unter Federführung der Kreissparkasse Döbeln an einem Businessplan mit. Das Fazit lautete bereits nach zwei Jahren Projekt „Zwischenstopp“: Aus volkswirtschaftlicher Sicht hat es sich gelohnt. „Der fachlich-inhaltliche sowie der ökonomische Erfolg ist bewiesen“, ist Höllmüller nach dem jüngsten Arbeitstreffen überzeugt. Der Landkreis übernehme mit den Projektpartnern eine Aufgabe, die vordergründig andere Kostenträger übernehmen müssten. Von Steffi Robak

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