Ein Stiefel, ein mittelalterliches Portal, ein Ritter... alles auf einer in freundlich-hellem Grün gestrichenen Wand. Und wer einen Schritt zurück tritt, erkennt, dort steht in großen Lettern: Leisnig – in der Fußgängerunterführung vom Bahnhof.
Riesenstiefel und mehr im Schriftzug
Der Riesenstiefel formt das große „L“, und auch jeder darauffolgende Buchstabe besteht aus einem Gegenstand, der die Form des Buchstabens aufnimmt. Frank Schäfer, als Sprayer „JMF“ für Jam Master Funk, gestaltet die Wände neu. Zehn Tage will er sich dafür Zeit nehmen, und in der vergangenen Woche hat er begonnen. Seitdem erfüllen funkige Rhythmen den Tunnel, wenn der 49-Jährige die Spraydosen in Anschlag bringt.
Damit wird nun ein etwa seit zwei Jahren angedachtes Projekt umgesetzt: Statt der vormaligen Schmierereien, die dem Genre „Graffiti“ alles andere als Ehre machten, soll bald der große Leisnig-Schriftzug, Blüten und die markante Gebäude der Stadt – so die Burg Mildenstein – die Bahnunterführung zieren. Hinter dem Projekt stehen neben dem Sprayer die Stadtverwaltung Leisnig, die Oberschule und die Deutsche Bahn AG.
Erst mehr Ordnung, dann neue Farbe
„Die Deutsche Bahn trägt das Vorhaben mit“, sagt Bürgermeister Tobias Goth (CDU). Vor zwei Jahren war die Stadtverwaltung an die Bahn heran getreten, weil das Umfeld des Bahnhofs immer mehr herunter kam. Nach den Worten des Stadtoberhauptes ließ die Bahn dann dort häufiger aufräumen. Dann entstand die Idee, die Unterführung farblich neu zu gestalten. Jetzt wird das in Angriff genommen.
Die Unterführung steht unter der Obhut der Bahn. Das Unternehmen ließ die Glasscheiben aus dem hölzernen Überbau entfernen, was ebenfalls zur Ordnung und Sicherheit in der Unterführung beitragen soll.
Wie es mit dem Bahnhofsgebäude weiter gehen soll, darüber besteht zumindest in den Anfangsgründen Klarheit: Der aktuelle Eigentümer Erwin Feurer hat sein Engagement für das historische Objekt eingestellt. Nach der Beräumung des Hauses, ersten Reparaturen an Fassade und dem Einbau neuer Fenster hatte es immer wieder Einbrüche, Diebstähle und Sachbeschädigungen an dem Haus gegeben, was Erwin Feurer schließlich entmutigte.
Eigentümerwechsel für Bahnhof angestrebt
Feurers Idee, in dem Objekt einen Verein und Möglichkeiten für ein Jugendprojekt anzusiedeln, scheiterte unter anderem an diesen Rückschlägen. Die von ihm erhoffte Bereitschaft der Leisniger, sich für ihren Bahnhof mit einzusetzen, blieb äußerst begrenzt. „Vor etwa einem halben Jahr hat sich Feurer endgültig zurück gezogen“, sagt Goth. Das Gebäude soll wieder verkauft werden, nach seinem Wissen gebe es Interessenten. Doch ob oder in welchem Maße schon Ideen für eine künftige Verwendung existieren, sei derzeit nicht spruchreif. Ein Eigentümerwechsel habe schließlich noch nicht stattgefunden.
Dies bewege sich auch im privaten Sektor. Dass die Stadt als Zwischenerwerber auftritt, um eine etwaige Entwicklung in eine Richtung zu beschleunigen, stehe nicht zur Debatte. „Trotzdem würde ich es persönlich sehr begrüßen, wenn sich Verkäufer und neue Eigentümer möglichst bald finden“, so Goth.
Mit der farblichen Neugestaltung der Bahnunterführung ist jetzt ein Anfang gemacht, dass Leisnig den Reisenden bald wieder ein freundliches Gesicht zeigt. In der kommenden Woche will Frank Schäfer mit dem Projekt zum Ende kommen. In die Motivwahl waren übrigens Schüler der Peter-Apian-Oberschule einbezogen.
Von Steffi Robak