Um einen Teil der Bad Lausicker Herderstraße gibt es seit zwei Jahrzehnten einen Rechtsstreit zwischen einem privaten Grundstückseigentümer und der Stadt Bad Lausick. Er mündet jetzt in ein Enteignungsverfahren unter Federführung der Landesdirektion Sachsen. Der Stadtrat stimmte dem von der Behörde erlassenen Bescheid auf seiner jüngsten Sitzung zu. Zudem beschloss er, die daraus erwachsenden Ausgaben von 24 800 Euro für den Flächenerwerb und für aufgelaufene Zinsen zu akzeptieren.
Grundstückseigentümer: „Ich bezeichne das als Diebstahl“
Die Gegenpartei, die Viehweg GbR, ist indes nicht willens, diese Übereinkunft als Schlusspunkt des Streits zu akzeptieren. „Ich bezeichne das als Diebstahl. Das nehme ich nicht an“, sagte Arnd Viehweg der LVZ. Er habe vor dem Verwaltungsgericht Leipzig Rechtsschutz beantragt, finde aber auf Intervention der Landesdirektion hin in Sachsen kein Gericht, das ihm in dieser Sache beistehen wolle.
„Ich hoffe, der Vorgang ist endlich abgeschlossen“, hatte kurz zuvor Bürgermeister Michael Hultsch (parteilos) erklärt. Schließlich wurzelt der Konflikt in Zeiten, da sein Amtsvorgänger Josef Eisenmann (CDU) in der kommunalpolitischen Verantwortung stand. In den Neunzigerjahren wurde das Baugebiet am Schwanenteich durch den privaten Investor Dr. Wendrich entwickelt. Von der Erich-Weinert-Straße aus wurde die Herderstraße angelegt, die in die neue Siedlung führt. Sie quert dabei knapp 500 Quadratmeter Land, das in Viehweg’schem Besitz ist. Dass die Straße öffentlich gewidmet wurde, ohne ihn vorab einzubeziehen, hatte Viehweg schon vor Jahren moniert. Ein Gericht habe ihm bestätigt, „ich muss die Nutzung dulden, aber nicht kostenlos“. Andere Instanzen hätten anders entschieden. Er sehe bis heute jede Menge offener Fragen.
Bürgermeister: Übereinkunft zur Herderstraße ist akzeptabel
Die Landesdirektion, der die Stadt Bad Lausick jetzt qua Ratsbeschluss folgte, vertritt da eine andere Sicht. In ihrem Bescheid legt sie fest, besagte Fläche der Viehweg GbR zu entziehen und der Stadt zu übergeben. Die muss dafür eine Entschädigung samt jener Zinsen zahlen, die seit 1999 aufliefen, und die Vermessung ebenso – in Summe rund 24 800 Euro. Außerdem trägt die Stadt die Kosten des Verfahrens.
Die GbR, die an der Herderstraße zwei Einfamilienhäuser errichtete, wird zudem von der von ihr ebenso heiß umstrittenen, aus dem Bebauungsplan erwachsenden Pflicht freigestellt, die Gebäude mit Fernwärme aus dem Kur- und Freizeitbad „Riff“ zu versorgen. Dieser Streit war vor einem halben Jahrzehnt kulminiert. Dabei ging es um den illegalen Verlauf einer Heiztrasse im Viehweg’schen Grundstück. Damals hatte der Investor der Stadt Bad Lausick Schadenersatz-Forderungen angedroht, weil er sich angesichts dieser Situation außer Stande sehe, beide Häuser fertigzustellen.
Für Hultsch ist die Übereinkunft, was die Herderstraße betrifft, akzeptabel. Die Stadt müsse mehr zahlen als erhofft; die Summe aber falle moderater aus als es schlimmstenfalls hätte geschehen können. Er verstehe das Ganze als Kompromiss und hoffe durchaus, die Sache endlich beilegen zu können.
Von Ekkehard Schulreich