Wellness im Test: Wie das Riff-Resort in Bad Lausick Wärme in den Herbst bringt

Die Kerze macht mir Angst. Sie soll nämlich in mein Ohr. Das mir bevorstehende „Ohrenkerzenritual“ ist eine der Wellness-Behandlungen, die ich an diesem Montagmorgen im Riff-Resort in Bad Lausick testen möchte. Die Luft ist schon kühl, als ich um das Schwimmbad mit der großen Rutsche herumlaufe und mich dem Hotel zuwende. Bald stehen in Sachsen die Herbstferien vor der Tür, was besonders für Familien die Frage aufwirft, was sie – auch bei Schmuddelwetter – mit der gemeinsamen Zeit anfangen können. Natürlich ist das Riff da kein wirklicher Geheimtipp. Längst ist das Freizeitbad über die Grenzen des Landkreises hinaus ein Begriff. In diesem Jahr ist es 25 Jahre alt geworden. Ein Geburtstag, der eigentlich groß gefeiert werden sollte, hätte Corona nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun gibt es zwar wie vorgesehen an jedem 25. eines Monats 25 Prozent Rabatt – die geplante Sommerfeier dagegen musste abgesagt werden. Gäste können Hotel und Freizeitbad nutzen: Das Riff Resort selbst ist jünger, es besteht erst seit zwei Jahren. 2018 wurde das dreigeschossige Hotel nach der Planung des Bad Lausicker Architektenbüros Axel Höer fertiggestellt. Jetzt schließt sich der kantige, weiße Bau nahtlos an das Freizeitbad an – nahtlos deshalb, weil die Gebäude durch einen Gang im ersten Stock miteinander verbunden sind. „Unser Bademantelgang“, nennt ihn Geschäftsführerin Jana Frost. Sie ist eine von zwei Frauen, die das Resort leiten und mir an diesem Morgen das Konzept erklären. Gemeinsam mit Betriebsleiterin Mareike Seifert, empfängt Frost mich in einem hellen Büro im Erdgeschoss. Die Schleuse vom Hotel direkt ins Freizeitbad sei von wesentlicher Bedeutung, erzählt sie. So könnten Gäste mit ihrem elektronischen Schlüssel gleich vom Zimmer hinüber ins Bad und dort Sauna und Schwimmbecken nutzen. Andersrum könnten etwa Mütter oder Väter ihren Nachwuchs weiter auf dem Wasserspielplatz und den Rutschen toben lassen und sich selbst eine der Spa-Behandlungen gönnen, die das Resort anbietet. Ein Vorteil, der Übernachtungsgästen im Hotel vorbehalten bleibt. Für Besucher des Schwimmbads gibt es eine eigene Wellness-Außenanlage. Pakete für Familien, Senioren und Paare: „Kinderbetreuung an sich können wir nicht leisten“, sagt Seifert. „Aber wir haben Pakete, die sich direkt an Familien richten“. So können Kinder bei den Behandlungen dabei sein und sich in einer Spielecke beschäftigen – oder sogar selbst daran teilhaben. „Wir haben sogar schon Babys sanft massiert. Das ist dann natürlich eher ein Streicheln“, sagt Seifert. Gerade bei größeren Kindern sei oft der Wunsch da, es Mama und Papa gleich zu tun. Seit kurzem sei das Hotel offiziell für seine Familienfreundlichkeit zertifiziert. Das bedeutet zum einen, dass Hilfsmittel wie Hochstühle und Babyfone vorhanden sind – aber auch, dass Rabatte für die Jüngsten gewährt werden, sodass der Kurzurlaub finanzierbar bleibt. So kostet eine einzeln gebuchte 20-minütige Kindermassage mit Nachruhe 11 Euro. Erwachsene zahlen für eine halbe Stunde Rücken-Massage 23 Euro. Allerdings, betonen Seifert und Frost, sei man nicht ausschließlich auf Familien konzentriert. „Jetzt nach den Sommerferien verreisen auch viele Pärchen, die einfach eine kurze Auszeit brauchen“, sagt Jana Frost. Für die gebe es Rundum-Sorglos-Pakete mit viel Zeit für Zweisamkeit – etwa im Privat-Wellness-Spa oder bei einem gemeinsamen Candle-Light-Dinner. Ältere Menschen dagegen würden sich oft für eine ganze Woche einbuchen und hätten merklich andere Bedürfnisse. Ihr Paket enthalte deshalb neben unbegrenztem Eintritt in die Sauna-Landschaft auch die Teilnahme an der Riff-Aquafitness, mehrere gesundheitsfördernde Wohlfühl-Behandlungen und regelmäßigen Zugang zum Buffet. Barrierefreie Übergänge, Flexibilität für Familien: Diese Bedürfnisoffenheit zeigt sich auch in der Architektur des Hauses. Frost führt zunächst in ein Doppelzimmer, dessen Stil sich in fast allen weiteren Räumen des Hotels wiederfinden wird – moderne Möbel, klare Linien und einzelne Farbakzente. Es gibt eine kleine Küchenzeile, an der einfache Mahlzeiten zubereitet werden können und einen Zugang zu einer Terrasse. Frost weist mich auf eine Tür am anderen Ende des Raumes hin. Sie kann wahlweise auf- oder zugeschlossen werden. So können Familien ihren Raum erweitern, sodass Eltern und Kinder je ein eigenes Zimmer haben. „Und ein eigenes Bad“, sagt Frost und fügt hinzu: „Für viele Kinder ist das besonders toll – wie eine eigene kleine Wohnung“. Zudem sei das Haus grundsätzlich barrierefrei – alle Duschen seien ebenerdig, die Stockwerke könne man mit Aufzügen erreichen, auch der Übergang zum Riff sei gewährleistet. Komplett behindertenfreundlich ist allerdings nur eines der Zimmer – hier kann sich eine frühe Buchung also lohnen. Maskenpflicht für Mitarbeiter: Über das Treppenhaus geht es weiter. Hier kommen uns immer wieder Leute entgegen – die Körper mit flauschigen Bademänteln, die Füße mit Badeschlappen und die Nasen mit den vorgeschriebenen Masken verhüllt. Die Pandemie habe auch das Hotel hart getroffen, erzählt Frost, während sie die verschieden großen Sitzungsräume für Geschäftsreisende zeigt. Zu Beginn der Einschränkungen seien Handwerker und Montage-Reisende streckenweise die einzigen Gäste des Resorts gewesen. Nach den Lockerungen seien die Belegungszahlen zunächst nur zögerlich gestiegen. „Die Leute waren natürlich noch unsicher“, sagt Frost. Mittlerweile sei im Haus eine gewisse Routine eingekehrt. Besucher würden sich gut an die Masken- und Abstandspflicht halten, das Team sowieso. Das ohnehin recht strenge Hygienekonzept sei dahingehend angepasst worden, dass noch stärker auf Desinfektion aller Oberflächen geachtet werde. Drei Behandlungen im Test: Das habe ich erwartet: Entspannung. Das habe ich bekommen: Entspannung. Die Massagen im Riff sind ausdrücklich kosmetischer Natur. Das heißt, sie sollen zwar zum Wohlbefinden der Gäste beitragen und etwa Verspannungen lösen – mit physiotherapeutischen oder anderen medizinischen Maßnahmen aber trotzdem nicht verwechselt werden. Für die Massage bietet mir Katja Fugmann verschiedene duftende Öle an, aus denen ich wählen darf. Da mir von Süßem schnell schlecht wird, entscheide ich mich für einen etwas holzigen Geruch, bevor ich mich auf den Massagetisch lege. Die einzelnen Körperbereiche deckt Fugmann mit weichen Handtüchern ab, Arme, Beine und der Rücken werden erst freigelegt, wenn sie an der Reihe sind und hinterher wieder zugedeckt. Zwischendurch muss ich mich wenden, was durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit unweigerlich sehr unelegant aussieht - allerdings auch vollkommen egal ist. Dazu läuft Entspannungsmusik, die, wie es ihr nun mal zu eigen ist, mal nach Waldspaziergang und mal nach der Abspannmelodie eines Rosamunde-Pilcher-Films klingt. Das macht aber nichts, denn nach wenigen Minuten döse ich weg. So fühlt sich das an: Kurz: Sehr, sehr angenehm. Wie schon gesagt, wird man nicht durchgeknetet. Trotzdem merke ich, wie sich nach und nach kleinere Verspannungen lösen. Die sitzen bei mir – wie wohl bei vielen Menschen mit Bürojob – am Rücken und in der Schulterpartie. Fugmann wendet hier sanften Druck an, schmerzhaft wird es aber nicht. Entspannend ist auch zu wissen, dass die Behandlung ganze 50 Minuten dauert. Jeder, der schon mal mit dem Partner um jede weitere Minute Rückenmassage gerungen – und dabei die jeweilige Arbeitszeit verglichen hat – weiß: Das ist viel wert. Der Duft des Öls und die leise Musik tun ihr übriges und ich falle in einen leichten Schlummer. Nach dem Aufwachen ist der Angstgegner meines Spa-Aufenthalts an der Reihe: Die Ohrenkerze. Das habe ich erwartet: Alles. Von Wachs im Ohr bis hin zu Verbrennungen habe ich mir sämtliche Horrorgeschichten ergoogelt. Die hatten allerdings – das gleich vorweg – nichts mit meiner tatsächlichen Erfahrung gemein. Das habe ich bekommen: Erst einmal keine Kerze aus reinem Wachs, sondern eine aus mehreren Baumwolllagen. Innen hohl und unten mit einem Filter ausgestattet, soll durch die Wärme beim Abbrennen das Ohr gereinigt werden. Auch gegen Tinitus soll das Verfahren helfen, sagt Fugmann. Besonders beliebt sei das bei Gästen, die zum Fasten im Riff sind und sich eine Entschlackung des ganzen Körpers wünschen, erzählt sie. Geeignet sei das nicht für jeden: Menschen mit Gleichgewichtsproblemen würde man etwa von der Behandlung abraten. Während ich auf der Seite liege, führt Fugmann die dünne Kerze vorsichtig – und nicht sehr tief (kein Vergleich zu einem Ohrenstäbchen) – in mein Ohr ein und zündet sie dann an. Die Reinigung soll durch den Unterdruck funktionieren, den Fugmann erzeugt, indem sie mein Ohr luftdicht verschließt. Medizinisch ist die Wirkung solcher Kerzen umstritten. Während im Riff von einem „Ritual“ gesprochen wird, werben viele Anbieter mit einer Art Wunderheilung aller möglichen Leiden. Das Ärzteblatt berichtet dagegen von Verbrennungen durch Wachs und möglichen Schädigungen des Trommelfells. Obwohl es die Kerzen zur Selbstanwendung mittlerweile oft in Drogeriemärkten oder zumindest in den Tiefen des Internets zu finden gibt, kann man also nur davon abraten, das zu Hause auszuprobieren. Wer eine professionelle Ohrreinigung braucht, ist beim HNO-Arzt gut aufgehoben. Ob eine Wellness-Behandlung in Frage kommt, muss jeder Erwachsene selbst entscheiden. So fühlt sich das an: Bei Katja Fugmann fühle ich mich gut aufgehoben und habe den Eindruck, sie weiß, was sie tut. Tatsächlich erzeugt die Kerze eine angenehme Wärme. Ihr Herunterbrennen klingt für mich wie ein kleines Lagerfeuer im Kopf – irgendwie beruhigend. Danach steht noch eine „Energiepunkt-Gesichtsmassage“ an, mein persönliches Highlight. Fugmann zieht mit leichtem Druck Kreise um meine Augenpartie, massiert die Ohrläppchen und immer wieder auch die Stelle über meiner Nasenwurzel. Hiermit soll das Stirnchakra, sozusagen das dritte Auge stimuliert werden, erklärt sie mir später. Was das angeht, kann ich nicht viel sagen – wahrscheinlich sind all meine Chakren generell eher geschlossen. Aber es fühlt sich sehr entspannend an und wenn ich eine Kritik an der Massage habe, dann die, dass sie zu schnell vorbei ist. Auf dem Bett kann ich nun mit einem Chai-Tee noch einen Moment zur Ruhe kommen, bevor es mit der Pflegepackung weitergeht. Das habe ich erwartet: Eine Gesichtspackung. Das habe ich bekommen: Eine Ganzkörperpackung mit einer Granatapfel-Lotion, gegen trockene Haut. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Cremes, gegen Verspannungen, gereizte, sensible oder irritierte Haut. Vollkommen eingeschmiert werde ich auf der Schwebeliege, einem Ungetüm in Beige, erst in eine Einmal-Folie und dann in eine Gummi-Decke mit Wasserbett-Funktion gebettet. „Da kann man machen, was man will – das sieht nicht schön aus“, sagt Fugmann lachend, als sie versucht, das Ganze fotografisch festzuhalten. Recht hat sie – aber das ist ja auch nicht das Entscheidende. So fühlt sich das an: In etwa, als würde man in einem riesigen, warmen Marshmallow versinken. Die Liege wird mit Wasser vollgepumpt, sodass man sich tatsächlich in einer schwebenden Position fühlt. Dadurch dass die Gummidecke fest am Körper klebt, kann die Lotion in den zwanzig Minuten, in denen man wie eine ägyptische Mumie da liegt, gut einziehen. „Menschen mit Platzangst empfehlen wir das nicht“, sagt Fugmann. Persönlich fand ich das gluckernde Wasserbett nach einer Eingewöhnung ganz behaglich – vielleicht ein bisschen zu warm. Meine Empfehlung gebe ich daher eher für die Wintermonate. Von Hanna Gerwig