Naunhof soll fünften Stolperstein bekommen

Er lebte in Naunhof und starb im Konzentrationslager Sachsenhausen: Robert Arthur Niesar. Schülerinnen und Schüler des Freien Gymnasiums Naunhof haben nun sein Leben erforscht, damit für das Opfer des Nationalsozialismus ein Stolperstein verlegt werden kann. Damit knüpfen sie an eine Tradition an, die 2016 in Naunhof begann. Die Corona-Beschränkungen stellten die acht am Projekt beteiligten Zehntklässler vor große Herausforderungen. Sie konnten kein Archiv besuchen, wie das ansonsten der Fall gewesen wäre. Ihre Recherche musste hauptsächlich im Internet und per E-Mail-Verkehr erfolgen. Kooperation mit Erich-Zeigner-Haus: „Hauptquellen waren der Internationale Suchdienst in Bad Arolsen und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin“, erläutert Henry Lewkowitz vom Leipziger Verein Erich-Zeigner-Haus, der das Projekt zusammen mit der Fachlehrerin für Geschichte und Evangelische Religionsarbeit, Janine Wagner-Klotzsch, begleitet. Zu finden waren nur spärlich Originaldokumente, ein Foto von Niesar ließ sich überhaupt nicht auftreiben. Gymnasium technisch gut ausgestattet: Weil die Schüler Abstand zu wahren hatten, mussten sie ihre Sitzungen digital abhalten. „Dabei kam uns die sehr gute technische Ausstattung des Freien Gymnasiums zu Gute. Es handelt sich um eine der wenigen Schulen in der Region, bei denen diese in so einem Umfang gegeben ist“, hebt Lewkowitz hervor. Aus der Arbeit ging ein Flyer hervor, mit dem Spenden gesammelt werden sollen. Dem gleichen Zweck dienen digitale Spendenbriefe. Naunhofer erlernt Beruf des Schlossers: Robert Arthur Niesar, so fanden die Gymnasiasten heraus, war am 1. November 1903 in seinem Elternhaus, Schlossstraße 1, geboren worden. Als Kind erkrankte er an Diphterie. Er besuchte die Volksschule in Naunhof und später die Leipziger Fortbildungsschule. Nachdem er den Beruf des Schlossers erlernt hatte, arbeitete er als solcher von 1922 bis ’25 in Mölkau. Danach war er Hilfskraft bei der Post in Naunhof. Tod im Konzentrationslager Sachsenhausen: In der Nacht des 14. Juni 1938 kam Niesar in Vorbeugungshaft. Als „Asozialer“, wie es damals hieß, wurde ihm ein „rohes und gewalttätige Verhalten“ vorgeworfen. Durch einen „übermäßigen Alkoholgenuss“ neige er zu Rohheitsdelikten. „Am 17. Juni 1938 wurde Robert Niesar ins Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert, wo er zwei Jahre später, am 19. Januar 1940, ermordet wurde“, formulierten die Schüler in ihrem Flyer. Als offizielle Todesursache sei „Körperschwäche“ festgehalten worden. Seine letzte Ruhe fand der Naunhofer auf dem alten Friedhof seiner Heimatstadt. Stolperstein-Verlegung erst im November: Für ihn sollte eigentlich im Sommer dieses Jahres ein Stolperstein vor dem Haus Schlossstraße 1 verlegt werden. Wegen Corona wird dieser Akt jedoch auf November verschoben, lässt Lehrerin Wagner-Klotzsch wissen. Bislang vier Gedenksteine in Naunhof: Begonnen hatte die Zusammenarbeit zwischen dem Freien Gymnasium und dem Erich-Zeigner-Haus, die durch das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ gefördert wird, bereits 2016. Damals erforschten die Schüler das Schicksal von Marie Mindel Naundorf, für die im Mai 2017 der erste Stolperstein Naunhofs eingelassen wurde. Es folgten im Jahr darauf zwei für Mosey Witensohn und Max Moses Ratner. Doch nicht nur ermordeten Juden gilt derartiges Gedenken; 2019 wurde auf diese Weise an den evangelisch-lutherischen Christen Arthur Kieschnick erinnert, den die Nazis zwangssterilisieren und später töten ließen. Größtes dezentrales Mahnmal der Welt: Bei den Stolpersteinen, die der Kölner Gunter Demnig von Hand fertigt, handelt es sich um das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Bisher wurden über 75 000 in 26 europäischen Ländern verlegt. Dafür erhielt der Künstler zahlreiche nationale und internationale Preise, unter anderem das Bundesverdienstkreuz. Das Erich-Zeigner-Haus Leipzig durfte sich dieses Jahr für seine Jugend- und Erwachsenenarbeit und seinen Beitrag zur Bekämpfung von Vorurteilen über den Obermayer Award freuen, den die gleichnamige in den USA ansässige Stiftung vergab. Spenden für den neuen Naunhofer Stolperstein an: Erich-Zeigner-Haus e.V. IBAN: DE 94 860 555 92 11 002 798 96 Verwendungszweck: Robert Niesar Von Frank Pfeifer