Noch mehr Hühnerkacke? Grimma gegen Pläne für Biogasanlage

Die Stadt Grimma stellt sich gegen die geplanten Änderungen der Biogasanlage im Wasserwerksweg. Der Technische Ausschuss votierte bei einer Enthaltung gegen den Bauantrag, der im Rahmen des Immissionsschutzgesetzes geführt wird. Knackpunkt sind die Gerüche, die von der Hühnerkacke ausgehen, die mit vergast wird. Deren Anteil soll nach dem Umbau deutlich steigen. Betreiber der Anlage ist eine Leipziger Firma: Betreiber der Anlage ist die Leipziger Balance Erneuerbare Energien GmbH. Sie plant emissionsrelevante Änderungen, die den Wegfall oder Rückbau einiger ursprünglich geplanter sowie die Errichtung neuer Anlagenteile beinhalten. Die Investition beläuft sich den Angaben zufolge auf mehr als 600.000 Euro. Hinzugebaut werden sollen ein Fermenter, ein Feststoff-Dosierer, eine Lagerfläche für Hühnertrockenkot und nachwachsende Rohstoffe sowie eine Fahrzeugwaage. Betriebswirtschaftliche wie technische Gründe werden für die Neuausrichtung der rund um die Uhr betriebenen Biogasanlage ins Feld geführt. Anlieferung im Just-in-Time-Verfahren: Die Einsatzstoffe sollen im sogenannten Just-in-time-Verfahren angeliefert und kurzzeitig zwischengelagert werden, heißt es in der Beschlussvorlage für den Technischen Ausschuss. Gerüche aus der Biogasanlage würden nur im nahen Umfeld der Anlage relevant wahrnehmbar sein. Die Immissionsrichtwerte würden laut Prognose eingehalten. Der Anteil der Getreidesilage soll künftig von jetzt 5,6 auf eine Tonne pro Tag sinken, erläuterte Simone Kluge vom Stadtentwicklungsamt. Dafür erhöhe sich der Anteil des Geflügelkots von 4,9 auf 10,7 Tonnen pro Tag. „Alles andere bleibt gleich“, so Kluge. Die Inputstoffe würden alle zwei bis drei Tage angefahren und „just in time“ schnell in die Anlage gebracht. Der Antrag der Firma sei bei der Landesdirektion Sachsen anhängig, das zuständige Sachgebiet im Landratsamt prüfe die Immissionsprognose. Bürgerin: Wäre unzumutbare Belastung: „Es wäre eine unzumutbare Belastung, sich mehr auf Hühnerkot zu konzentrieren“, sprach eine Frau im Technischen Ausschuss für ihre Eltern und andere nah der Anlage lebenden Grimmaer. „Der ist ganz schlimm.“ Mittlerweile würden die Anwohner mit der Geräuschbelastung leben, „aber diese Just-in-Time-Anlieferung...“ Im Lager der Anlage sei jeden Tag Bewegung, so die Frau. „Wenn der Hühnerkot-Anteil ausgebaut wird, können wir die Lebensqualität auf dem Stück hinter der Eisenbahn abschreiben.“ Stadt Grimma favorisierte anderen Standort für Anlage: Wie Oberbürgermeister Matthias Berger (parteilos) erinnerte sie, dass sich Anwohner wie Stadt vor Jahren gegen die Errichtung der Biogasanlage stellten. „Aber die Hoheit des Verfahrens lag da eben auch an anderer Stelle.“ Die Stadt habe seinerzeit, als der Bau von sogar zwei Biogasanlagen aufkam, den Standort des Massa-Geländes favorisiert, erläuterte der Rathauschef. Die Anlage sei eine Zumutung für die Bürger, bekräftigte Wolfgang Mohr (Bürger für Grimma/Allianz) seine Ablehnung der Pläne. Johannes Heine (Freie Wähler) rief ins Gedächtnis, dass die Stadt Grimma seinerzeit einen Antrag zur erhöhten Zufuhr von Hühnerkacke ablehnte. „Und jetzt sollen wir dem hintenrum zustimmen...“, sprach auch er sich dagegen aus. Die Beweislast, dass es mindestens so bleiben würde, liege bei der Firma, erklärte Oberbürgermeister Berger. Die Leute hätten sich an den Zustand gewöhnt: „Aber jetzt noch einen Gang hochschalten?“ Lesen Sie auch: Der Biogasanlage im Grimmaer Ortsteile Beiersdorf fiel der Rinderdung weg. Was wird aus den Ställen? Von Frank Prenzel