Obwohl auf der Tagesordnung des Räpitzer Ortschaftsrates nicht ein einziger Beschluss stand, war der Versammlungsraum am Dienstagabend nahezu voll besetzt. Ortsvorsteher Roland Vitz hatte mit Frank Sparschuh den Chef der Markranstädter Bau- und Wohnungsverwaltungs GmbH (MBWV) eingeladen, damit dieser die Hintergründe für den Abriss des vorderen der beiden Plattenbauten (Neubau 1 bis 3) noch einmal erläutert. Die Diskussionen darüber hatten im Ort zuletzt wieder Fahrt aufgenommen, obwohl das Vorhaben eigentlich längst in Sack und Tüten war.
Sparschuh zeigte sich ob dieser Entwicklung sehr erstaunt. Noch mehr überrascht war er angesichts der Brisanz, die der einleitenden Bitte des Ortsvorstehers zu entnehmen war. Vitz bat die Anwesenden „trotz aller Emotionen um Fairness und Sachlichkeit bei der Diskussion“.
„Mietdruck aufs Umland“
Hintergrund der Irritationen sind unterschiedliche Standpunkte zur Notwendigkeit des Abrisses. „Angesichts des Wachstums der Stadt Leipzig einsteht ein Mietdruck auf das Umland“, hat Vitz festgestellt. Bevor man angesichts dieser Entwicklung 24 Wohnungen beseitige, sollte man Alternativen prüfen, hieß es dann auch aus dem Ortschaftsrat. Man könne die recht kleinen Wohnungen beispielsweise attraktiver machen, indem man durch Umbau zwei Wohneinheiten zu einer gestaltet.
In seinen Ausführungen ging der MBWV-Chef auf diese Argumente ein und führte den Anwesenden vor Augen, dass eine weitere Bewirtschaftung des Wohnblocks vor allem betriebswirtschaftlich nicht vertretbar ist. Die seinerzeit mit beiden Blöcken übernommenen Altschulden, laufende Sanierungs- und Unterhaltungskosten, die Leerstandsquoten und ein niedriges Mietpreisniveau seien nur einige der Ursachen dafür, dass mit den Vermietungen nicht einmal die Eigenmittel für erforderliche Kredite erwirtschaftet werden.
Wohnungen ohne Möbel
Hinzu kämen noch sogenannte „weiche Faktoren“, wie beispielsweise eine hohe Fluktuation. Dadurch habe vielen Mietern eine soziale Bindung sowohl zum Ort als auch an gesellschaftliche Normen gefehlt. „Einige Wohnungen mussten nach Beendigung des Mietverhältnisses ...“, an dieser Stelle rang Sparschuh nach einem gesellschaftskonformen Ausdruck, „... vollstsaniert werden.“ Pikantes Detail: Beim Leerzug des vorderen Wohnblocks habe die MBWV den Mietern sogar angeboten, den Umzug zu bewerkstelligen. „Um dann festzustellen, dass einige Bewohner gar keine Möbel hatten“, so Sparschuh.
Auf die von Roland Vitz angeführten Emotionen eingehend, räumte der MBWV-Chef mit Blick auf die beiden 1968 errichteten Plattenbauten ein: „Natürlich ist da auch etwas Nostalgie im Spiel. Die beiden Blöcke waren schon immer da und gehören im Bewusstsein zum Ortsbild.“
Auch wenn einige Ortschaftsräte und Einwohner am Ende noch immer nicht ganz davon überzeugt schienen, dass der Abriss alternativlos ist, war Sparschuhs Ausführungen wenig entgegenzusetzen. Und als der Ortschaftsrat auf Nachfrage erfuhr, dass das Vorhaben per MBWV-Beschluss vom 3. September ohnehin bereits unumkehrbar auf dem Weg ist, wurde hinter diesen Tagesordnungspunkt der Haken gesetzt.
Von Rainer Küster