Corona verstärkt in Sachsen Trend zum Hauskauf: Familien zieht es aufs Land

Landflucht war gestern. In der Immobilienbranche ist eine steigende Nachfrage nach Einfamilien- und Reihenhäusern außerhalb der Städte in Mitteldeutschland zu verzeichnen. „Nicht erst seit Corona ist das so“, sagt Robert Vesely vom Immobilienverband Deutschland (IVD). „Aber Corona und die niedrigen Zinsen haben den Trend enorm verstärkt. Hinzu kommen die weiter stark steigenden Preise für Wohneigentum in den Metropolen – Preistreiber in Sachsen sind insbesondere Leipzig und Dresden“, so der Vorsitzender des IVD Mitte-Ost. „Für Familien, die es ins Grüne zieht, ist vor allem das wichtig: Eine gute Verkehrsanbindung an die Großstädte und guter Internetempfang.“ Delitzsch, Zwenkau und Eilenburg beliebt: Eine gestiegene Nachfrage nach Bestandsimmobilien sei in Sachsen besonders in Markkleeberg, Taucha, Eilenburg, Delitzsch und Zwenkau zu verzeichnen. Aber auch Orte entlang der im Bau befindlichen A 72 und Ortschaften mit S-Bahn-Anbindung gelten als attraktiv. Die Gegend rund um Dresden sei ebenfalls beliebt. „Das gesamte Gebiet zwischen Meißen und Pirna zählt dazu“, sagt der 35-Jährige Makler. In Sachsen-Anhalt sind es ebenfalls weite Gebiete rund um die Städte Magdeburg und Halle. „Hinzu kommen Wernigerode und Quedlinburg.“ Preisanstieg bei Einfamilienhäusern über Bundesschnitt: Kletterten die Werte für Einfamilienhäuser im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum bundesweit um 8,5 Prozent, beträgt das Plus in Sachsen 10,8 Prozent. Dass der landesweite Durchschnitt 5,3 Prozent beträgt, liegt an den Ausreißern nach oben. Die stärksten Preisanstiege gab es in Leipzig und dem Leipziger Umland. In der Messestadt verteuerten sich Eigentumswohnungen um 11,3 Prozent. Hohe Preisentwicklungen gab es unter anderem in Delitzsch mit 16,6 Prozent und Plauen mit 10,0 Prozent. Im bundesweiten Vergleich sind nach den Worten von Vesely Bestandsimmobilien in Sachsen aber immer noch günstig. Der Durchschnittspreis in Sachsen liegt mit 241 000 Euro bei rund der Hälfte des deutschlandweiten Durchschnittspreises. Am teuersten in Sachsen sind Einfamilienhäuser in Dresden (450 000 Euro). Heimarbeit verstärkt Wunsch nach Landleben: Junge Familien mit Kindern suchten für sich mehr Freiraum und Sicherheit in den ländlicheren Regionen, meint IVD-Präsident Jürgen Michael Schick. „Mit Homeoffice und flexibleren Arbeitsplatzmodellen erspart man sich Pendlerzeiten.“ Stärker nachgefragt seien seit der Corona-Pandemie auch Immobilien mit Balkon, Terrasse und Garten in den Städten. Eigentumswohnungen sind am teuersten in Dresden (2000 Euro pro Quadratmeter) und Leipzig (1670 Euro). Offensichtlich nimmt diese Verschiebung der Wohnungsnachfrage auch Druck von den Wohnungsmieten, so Schick. Denn die Mietpreise würden bundesweit nur noch im Rahmen der Inflationsrate steigen, also moderat. Die Bestandsmieten in Sachsen legten laut dem aktuellen IVD-Wohnpreisspiegel 2020/2021 im Durchschnitt um 1,2 Prozent und damit etwas schwächer als im bundesweiten Schnitt zu. Mieten steigen in Plauen und Annaberg-Buchholz deutlich: Die höchsten Mietzuwächse gab es unter anderem in Plauen mit 6,7 Prozent und Annaberg-Buchholz mit 4,0 Prozent. In Leipzig stiegen die Mieten um 1,5 Prozent. Der durchschnittliche Mietpreis in Sachsen beträgt 6,60 Euro pro Quadratmeter. „Die Preisdynamik hat in Dresden zwar nachgelassen, allerdings befinden sich die Preise dort schon seit Jahren auf Rekordniveau. Der Zenit bei den Spitzenmieten scheint schon seit einiger Zeit erreicht“, so Vesely. Von dem Wunsch nach Wohnen im Grünen würden aber längst nicht alle Regionen in Sachsen und Sachsen-Anhalt profitieren. Beim IVD beobachtet man auch den Trend, dass sehr kleine Kommunen mitunter mit massiver Abwanderung und Überalterung zu kämpfen haben. „Das verstärkt sich, weil Geschäfte verfallen, Bankfilialen schließen und der Nahverkehrsmittel nur noch eingeschränkt verkehren“, sagt Vesely. Dieser Kreislauf ist schwer zu durchbrechen. Von Andreas Dunte