Ein Neonazi-Aufmarsch sowie zwei Gegenproteste sind am Samstag in Chemnitz ohne größere Zwischenfälle zu Ende gegangen. Etwa 270 Menschen nahmen nach Angaben der Polizei an der Veranstaltung der rechtsextremen NPD-Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten teil. Deutlich mehr waren es bei den Gegenprotesten: Etwa 1300 Menschen zählte die Polizei bei der größten Gegendemonstration, zu der das „Bündnis Chemnitz Nazifrei“ aufgerufen hatte. An einer Demonstration des Studentenrats der Technischen Universität Chemnitz beteiligten sich laut Polizei etwa 65 Personen.
Demnach gab es bei den Demonstrationen am äußeren Rand der Innenstadt Verstöße gegen Versammlungsgesetz sowie Vermummungsverbot, auch Pyrotechnik und Böller seien gezündet worden. Begegnungen der unterschiedlichen Demonstranten an Überschneidungen der Strecken seien lautstark gewesen, hieß es. Die Polizei trennte die Lager. Die Strecke vom „Bündnis Chemnitz Nazifrei“ und dem Neonazi-Aufmarsch kreuzte sich an mehreren Stellen.
Flaschen- und Steinwürfe nach Ende der rechten Demo
Nachdem die rechte Versammlung aufgelöst war, trafen Gruppen aus den verschiedenen Lagern aufeinander. Sie warfen nach Angaben der Polizei Steine und Flaschen. Verletzt wurde demnach niemand. Insgesamt sechs Strafanzeigen nahmen die Einsatzkräfte auf. Darunter zwei gegen Teilnehmer des Neonazi-Aufmarsches. Sie hätten verfassungswidrige Symbole auf der Kleidung getragen beziehungsweise als Tätowierung gezeigt.
Mehr als 2500 Beamte im Einsatz
Die Polizei war nach eigenen Angaben mit etwa 2200 Einsatzkräften vor Ort. Einsatzkräfte aus Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie Thüringen unterstützten die sächsische Polizei. Zudem seien 360 Bundespolizisten im Einsatz gewesen. Die Polizisten begleiteten nach den Veranstaltungen die abreisenden Demonstranten getrennt zum Bahnhof. Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, wollten die Einsatzkräfte auch in den Abendstunden in Chemnitz verstärkt präsent sein, wie ein Sprecher ankündigte.
Zeitgleich zu den Demonstrationen fand in der Innenstadt anlässlich des Kindertages ein Familienfest mit vielen einzelnen Veranstaltungen statt. Die Versammlungsbehörde zählte etwa 2250 Besucher. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lief mit seiner Lebensgefährtin Annett Hofmann sowie der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) über das Fest und kam mit Händlern auf dem Markt ins Gespräch. „Wir lassen uns jetzt nicht von Extremisten unsere Stimmung, unseren Ruf verderben“, sagte Kretschmer. „Wir müssen die vernünftigen Menschen stärken“, erklärte er. Stadtchefin Ludwig freute sich über die rege Beteiligung am Fest. „Das ist die Stadt, so wie wir sie wollen!“, sagte sie.
Theresa Held