Sachsen verliert noch Hunderttausende Einwohner – außer in Leipzig und Dresden

Sachsens Bevölkerung wird nicht nur immer älter, sondern dünnt sich auch weiter aus. Laut der aktuellen Prognose des Statistischen Landesamtes werden 2035 nur noch 3,8 Millionen Menschen im Freistaat leben – und somit 250.000 weniger als jetzt. In den 45 Jahren seit der Wende wäre Sachsen somit um etwa eine Million Einwohner geschrumpft und der Altersdurchschnitt im Freistaat um neun Jahre gestiegen. Ausnahmen vom Negativtrend bilden nur die beiden Metropolen Leipzig und Dresden. Vor allem die Messestadt wachse weiter und bleibe dabei vergleichsweise jung. Einwohnerzahl nimmt ab: Hauptgrund für den anhaltenden „Sachsenschwund“ ist das Geburtendefizit im Freistaat. Allein durch die im Vergleich deutlich höhere Sterberate werde die Bevölkerung in den kommenden 15 Jahren in den ländlichen Regionen um mehr als 400.000 Menschen abnehmen. Diese Entwicklung lässt sich auch durch weiteren Zuzug nicht aufhalten, zumal sich dieser in der Zukunft abschwächen werde, so die Prognosen. Soziologe: Infrastruktur der ländlichen Regionen geht verloren: Die Entwicklung wird auch Auswirkungen auf das Zusammenleben haben, sagt Professor Holger Lengfeld von Institut für Soziologie der Uni Leipzig. „Das größte Problem der ländlichen Regionen wird sein, wie man aufgrund der vorhergesagten Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung ein Mindestmaß an infrastrukturellen Einrichtungen aufrecht erhalten kann, ohne dass die Entfernungen zwischen Wohnort und Einrichtung zu groß werden“, so Lengfeld. Das betreffe zum Beispiel Bildungseinrichtungen, die Gesundheitsversorgung und Geschäfte. Nicht zuletzt wirkt sich der Bevölkerungsschwund womöglich auch auf die Sozialsysteme aus. Denn die Zahl der Sachsen im erwerbstätigen Alter verringere sich bis 2035 um 10 bis 13 Prozent, heißt es aus Kamenz. In fast allen Landesteilen wird es dann mehr Rentner, Kinder und Jugendliche geben, als berufstätige Menschen. Ein noch größeres Ungleichgewicht im Generationenvertrag könnte entsteht, von steigenden Pflegekosten ganz zu schweigen. Allein 50.000 fehlende Nachbarn im Erzgebirge: Am stärksten betroffen von der Ausdünnung werden – wie bisher schon – der Südwesten und Osten des Freistaates sein. Allein der Erzgebirgskreis verliert in den kommenden 15 Jahren bis zu 16 Prozent Bevölkerung. Das entspricht etwa 50.000 Einwohnern. In den Landkreisen Zwickau, Bautzen, Göritz und Mittelsachsen werden jeweils mehr als 30.000 Nachbarn fehlen. Auch in der Großstadt Chemnitz bleiben demnächst mehr Wohnungen frei. Ausgenommen vom Negativtrend sind lediglich 42 von 416 Gemeinden, in denen mindestens gleichbleibende Entwicklungen vorausgesagt werden. Im Leuchtturm Leipzig gehen die Forscher von bis zu 681.000 Einwohnern für das Jahr 2035 aus, ein Plus von 15 Prozent. Auch in Dresden zeigt die Tendenz nach oben, wenn auch nicht ganz so stark: Die Landeshauptstadt werde 2035 bis zu 587.000 Einwohner haben, sechs Prozent mehr als aktuell. Alle anderen Kommunen mit mindestens gleichbleibenden Bevölkerungstrend liegen vor allem rings um Leipzig und Dresden – quasi in deren „Speckgürtel“. Schon heute zieht es viele Großstädter auf der Suche nach etwas mehr Raum und Ruhe in den Landkreis Leipzig oder in Teile der Sächsischen Schweiz. Zudem gibt es positive Ausnahmen bei Meißen und Bautzen, schätzen die Forscher. Mehr Fakten aus Sachsen: www.lvz.de/fakten Lesen Sie auch: Bevölkerungsprognose: Das sind die Gewinner und Verlierer im Landkreis Leipzig Bevölkerungsschwund in Sachsen: „Es fehlt ein positives Image des ländlichen Raums“ Von Matthias Puppe