Februar plötzlich viel zu warm: Bringt Tauwetter ein Winterhochwasser in Sachsen?

Eben noch bibbern und nun fast schon wieder schwitzen: Aus dem verschneiten Winter geht’s zum Ende der Woche für mehrere Tage direkt in den sonnigen Vorfrühling. „Nach der eisigen Kälte erreichen uns nun die wärmsten Luftmassen, die in dieser Jahreszeit möglich sind. So einen krassen Wetterwechsel erlebt man auch als Meteorologe nur selten“, sagt Dominik Jung vom Portal wetter.net. Am Sonntag klettern die Höchstwerte im Raum Leipzig auf bis zu 15 Grad. Auch in der nächsten Woche bleiben die Temperaturen zweistellig, im Süden sind bis 20 Grad, am Alpenrand mit Föhn sogar bis 22 Grad drin. Selbst Nachtfröste sind im Flachland kein Thema mehr. „Dazu gibt es viel Sonnenschein – die Luft wird sich dadurch noch wärmer anfühlen“, so Jung. Mit dem Wetterumschwung beginnt nun auch das große Tauwetter. Grund zur Sorge für Flussanwohner? „Die Pegel werden ab Wochenmitte steigen. Wir werden durch das Tauwetter einen Schwapp abbekommen, aber mehr wohl auch nicht“, sagt Talsperrenmeister Axel Bobbe. Nach den aktuellen Vorhersagen sollen die Schneemengen vor allem im Bergland eher langsam abtauen. „Und mit größeren Regenmengen wird laut Wetterdienstprognose nicht gerechnet. Das ist wichtig“, so der Chef der Landestalsperrenverwaltung in Rötha. Prognose: Kleinere Flüsse können überlaufen, Mulde und Elbe entspannt: Daher sei die aktuelle Situation mit dem Januarhochwasser 2011 nicht zu vergleichen. „Damals hatten wir zusätzlich zum Wärmeeinbruch innerhalb kurzer Zeit Regenfälle von bis zu 60 Litern pro Quadratmeter. Der Boden war dazu noch vereist und konnte nichts aufnehmen“, erinnert sich Bobbe. Überflutungen waren die logische Folge. Diesmal sei die Lage bisher weniger besorgniserregend. Die Flusspegel werden zwar ab Wochenmitte spürbar ansteigen, aber voraussichtlich im Bereich eines normalen Jahreshochwassers bleiben. Kleinere Flüsse wie die Whyra oder die Eula im Süden von Leipzig könnten dann über die Ufer treten. Laut Prognose des Hochwasserzentrums bleibt die Lage an Mulde und Elbe vorerst entspannt. Am Mulde-Pegel Golzern soll es ab Mittwoch zwar steigende Wasserstände geben, die zum Ende der Woche in Richtung Drei-Meter-Marke gehen könnten. Das wäre aber immer noch unterhalb der Warnstufe 1, die in Golzern erst bei 3,60 Metern beginnt. Elbe: Talsperren in Tschechien haben Wasser abgelassen: An der Elbe zeigt die Vorausschau, dass der Fluss bei knapp unter drei Metern in Dresden bleibt. Aus der Landestalsperrenverwaltung heißt es, dass dies mit dem Ablassen der Talsperren in den böhmischen Gebieten zusammenhängt. An den Zuflüssen zur Elbe sei bereits Entlastung geschaffen worden, bestätigte Karin Bernhardt, Sprecherin des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie der Sächsischen Zeitung. Die Wassermengen in der Elbe werden maßgeblich durch die Steuerung in den Talsperren beeinflusst. Im Harz steigende Pegel an Bode und Ilse erwartet: In Sachsen-Anhalt rechnet der Landesbetrieb für Hochwasserschutz mit einem raschen Anstieg der Wasserstände vor allem im Harz, etwa an der Bode und der Ilse. Eine Sprecherin verwies darauf, dass bereits vor zwei Wochen und damit vor den heftigen Schneefällen die Flüsse in Sachsen-Anhalt schon „sehr gut gefüllt“ und damit Wasserstände auch erhöht waren. Erschwerend käme hinzu: Einige Pegel seien aktuell noch vereist. Dadurch sei es möglich, dass die Wasserstände der Flüsse mitunter nicht richtig angezeigt werden. Digitaler Hochwasseratlas freigeschaltet: Passend zum Tauwetter in Deutschland hat der Bund einen neuen digitalen Hochwasseratlas freigeschaltet. Dort können sich Fachleute sowie Bürgerinnen und Bürger beinahe in Echtzeit über die Hochwassersituation informieren, wie das Bundesamt Kartographie und Geodäsie mitteilte. Der Atlas enthalte verschiedene Informationen wie Pegelstände an Flüssen, Niederschlagsprognosen und Satellitendaten. So würden vielschichtige Hochwasserereignisse anschaulich dargestellt. Eine kartographische Darstellung ermögliche es, die Lage auf einen Blick zu erfassen. Einen Zugang könne jeder über das Dienstleistungszentrum des Amtes in Leipzig erhalten. Ausblick: Kommt der Märzwinter 2021? War’s das nun also mit dem Winter 2020? „Den Winter sollten wir keineswegs abschreiben. Der kann sich auch im März noch einmal zu Wort melden.“ Schon am letzten Februarwochenende könnte es laut einiger Langfristmodelle wieder deutlich kälter werden. Ob es danach aber für einen richtigen Märzwinter mit Schnee und Frost reicht, ist offen. „Dazu kann man aktuell wirklich noch nichts Genaues sagen. Wir müssen abwarten,“ sagt Wetterexperte Dominik Jung. Von Olaf majer