Drei Schritte und der Gesprächspartner ist plötzlich weg: In vielen Teilen Sachsens ist flächendeckender Empfang noch immer eine Wunschvorstellung. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat nun eine Karte veröffentlicht, die zeigt: Gerade im Freistaat und Mitteldeutschland, aber auch in Brandenburg klaffen teils riesige Funklöcher. Während die Großstädte Leipzig, Dresden und Chemnitz gut dastehen, präsentieren sich in ländlichen Bereichen – wie etwa der Lausitz, dem Erzgebirge, der sächsischen Schweiz, dem Vogtland und Nordsachsen – erhebliche Lücken.
Karte zeigt 160 Millionen Messpunkte
Auf der Karte sind die verschiedenen Stufen des Empfangs (oder Nicht-Empfangs) dabei in unterschiedlich gefärbten Waben dargestellt – je näher man an seinen Wohnort heranzoomt, desto kleinteiliger zeigen sich die Ergebnisse. Die Daten wurden mittels einer App der BNetzA erhoben, über die Nutzer die augenblickliche Verfügbarkeit ihres Mobilfunknetzes erfassen können. Gleichzeitig werden die Informationen an die Behörde übermittelt und gesammelt. Abgebildet werden die Netze der Mobilfunkriesen Telekom, Vodafone und Telefónica, die von anderen Anbietern mitgenutzt werden.
187 000-mal wurde die Funkloch-App seit ihrer Veröffentlichung vor rund einem Jahr heruntergeladen, registriert hat sie mehr als 160 Millionen Messpunkte. Repräsentativ sind die Ergebnisse trotzdem nur bedingt. „Die Messpunkte sind vom Nutzer mit seinem jeweiligen Endgerät und der dazugehörigen Technologie erzeugt worden“, sagt Michael Reifenberg, Sprecher der Bundesnetzagentur. Um die tatsächliche Netz-Situation sowie alle eventuell verfügbaren Technologien eines Betreibers zeigen zu können, würden die Daten also nicht ausreichen. „Aber durch die Vergleichbarkeit können sie zur Versachlichung der Diskussion beitragen“, so Reifenberg. „Die Leute können sehen, ob andere an der selben Stelle auch Probleme hatten.“
Rückstand im ländlichen Raum
Viele Schwierigkeiten wurden etwa in der Gegend um die Stadt Hohnstein im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erfasst – der Bereich zeigt sich als großer weißer Fleck. Bürgermeister Daniel Brade (SPD) kennt zwar die Karte der Netzagentur nicht, kann ihre Ergebnisse an dieser Stelle aber bestätigen. „Das betrifft die ganze Fläche von Polenztal und Rathewalde, bis zur Bastei“, sagt er. Für die Tourismusregion sei der Mobilfunk-Rückstand alles andere als günstig. „Die Leute wollen schließlich auch mit mobilen Karten wandern.“ Tun könne die Stadt selbst nur recht wenig – außer sich Anbietern gegenüber, die ihr Netz in der Region erweitern wollen, grundsätzlich offen zu zeigen.
„Das ist ja das Problem. Für die Konzerne ist der Ausbau auf dem Land einfach nicht rentabel“, beschwert sich Stefan Schieritz, Vorsitzender des FDP-Kreisverbands Nordsachsen. Der Malermeister aus Elsnig sammelt und überprüft schon seit 2016 Daten über Funklöcher in Nordsachsen. „Wenn ich von meinem Büro aus erst 300 Meter laufen muss, um mit dem Handy telefonieren zu können – dann ist das doch eine Katastrophe“, sagt er. Da er unterwegs in kleineren Dörfern oft keine Anrufe empfange, könne er seine Aufträge nicht flexibel planen. Schieritz sieht Bund und Land in der Pflicht, die Lage zu verbessern und hat seine Daten aus Nordsachsen der Bundesnetzagentur zur Verfügung gestellt.
Im sächsischen Landtag hat die Karte der Bundesnetzagentur ebenfalls Wellen geschlagen. So fordert Nico Brünler, Abgeordneter der Linken für Digitalisierung im sächsischen Landtag, die Gründung einer Landesgesellschaft für den flächendeckenden Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen. „Auf Privatunternehmen ist kein Verlass – Ausbau und Unterhalt der Breitbandnetze müssen endlich sachsenweit einheitliche und zentral geplante Projekte werden“, sagt er.
Und die Bundesregierung? Die hat erst Ende Oktober eine neue Mobilfunkstrategie angekündigt, über die bis zu 5000 unterversorgte Gebiete erschlossen werden sollen. Kernpunkte sind die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für den Mobilfunkausbau, die Gründung einer staatlichen Mobilinfrastrukturgesellschaft sowie eine Kommunikationsoffensive. Am 17. und 18. November sollen die Punkte im Rahmen einer Digitalklausur beschlossen werden.
Von Hanna Gerwig