Lkw rast in Haus in Altenkirchen - ein Toter und Gebäudeeinsturz

Es ist ein Moment des Entsetzens. Als am Freitagmorgen im Ort die Sirene aufjault, reißt es so manchen Altkirchener aus dem Schlaf. Zunächst ist unklar, was passiert ist. Auch eine Anwohnerin der Schmöllner Straße berichtet, die Sirene habe sie geweckt. „Ich hatte vorher nichts anderes gehört, keinen Knall, keinen Zusammenstoß.“ Doch was geschehen ist, sieht sie beim Blick aus dem Fenster: Direkt gegenüber ist ein Lkw ins Haus gefahren, hat es in weiten Teilen weggerissen. Minuten später stehen Anwohner fassungslos am Straßenrand, Feuerwehren und Rettungskräfte sind angerückt, haben die Unfallstelle abgesperrt – und können doch angesichts des enormen Trümmerberges noch nicht allzu viel tun. Der Lastwagen, der am Freitag gegen 6.15 Uhr in ein Haus im Schmöllner Ortsteil Altkirchen gefahren ist, hat eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Schnell ist klar: Für den Fahrer kommt jede Hilfe zu spät. Mit einer Plane wird er bedeckt, doch eine Bergung des Toten ist zunächst viel zu gefährlich. Mit großer Wucht ist der voll beladene Brummi gegen das Gebäude geprallt – das Führerhaus des Lkw ist völlig zerstört. Das Haus war nicht bewohnt, es handelte sich um ein zweigeschossiges Wirtschaftsgebäude. Nur eine der Außenmauern ist noch intakt. Mehrere Feuerwehren aus der nahen Umgebung sind angerückt: neben den Kameraden aus Altkirchen auch Helfer aus Schmölln und Großstöbnitz. Auch die Feuerwehrleute wissen am Freitagmorgen zunächst nicht, was auf sie zukommt. „Das Einsatzstichwort lautete ,Lkw gegen Haus’“, schildert Einsatzleiter Mirko Kolz von der Feuerwehr Schmölln. „Es war völlig unklar, inwieweit es Verletzte gibt, ob es sich bei dem Haus um ein Eigenheim mit Familie oder ein anderes Gebäude handelt.“ Verletzt wurde – außer dem Fahrer – niemand. Allerdings besteht die Gefahr, dass beim Einsatz im Trümmerberg jemand zu Schaden kommt. Das Technische Hilfswerk wird deshalb hinzugezogen. Der THW-Ortsverband Altenburg schickt einen Baufachberater an die Unglücksstelle. „Der Statiker muss sich erst mal ein Bild von der Lage machen – und entscheiden, wie wir weiter vorgehen“, sagt THW-Ortsbeauftragter Ronald Reiß. Parallel werden per SMS zehn weitere THW-Mitarbeiter aktiviert – alles Freiwillige. Langer Einsatztag für die Helfer: Es ist der Beginn eines langen Einsatztages für die ehrenamtlichen Helfer von THW und Feuerwehren. Bis in den Freitagabend hinein werden sich die Bergungs- und Aufräumarbeiten hinziehen. Auch eine Baufirma wird hinzugezogen: Sie stellt Schuttcontainer auf und einen Bagger bereit. Doch mit dem Baugerät lässt sich erst mal nichts anfangen. In Handarbeit müssen die Trümmer und das Dach des Hauses abgetragen werden, Stück für Stück. Immer mit der Gefahr in Nacken, dass etwas einbricht. „Um die Helfer zu schützen, haben wir unser Einsatzsicherungssystem aufgebaut“, berichtet Ronald Reiß. Per Lasertechnik wird die Position markanter Trümmerteile millimetergenau vermessen. „Dadurch gibt es sofort Alarm, wenn etwas nachrutscht“, erklärt der THW-Ortsbeauftragte. Eine Stunde später kommt der Schulbus: Auch Bürgermeister Andy Franke eilt kurz nach dem Unfall an den Ort des Geschehens. Und ist entsetzt: „Eine Stunde später wäre das wohl eine richtige Katastrophe geworden.“ Der Lkw ist direkt neben der Bushaltestelle der Grundschule in das Haus gekracht. Gegen 7.30 Uhr kommt vor Ort der Schulbus an. „Nicht auszudenken, was da noch alles hätte passieren können. Womöglich hatten wir hier noch großes Glück im Unglück.“ Es tue ihm sehr leid, dass bei diesem Unfall ein Mensch zu Tode gekommen ist, sagt der Bürgermeister. Bei dem verstorbenen Fahrer handelt es sich um einen 51-Jährigen aus dem Altenburger Land, wie die Identifizierung spät am Abend ergeben wird. Er war mit dem Lastwagen offenbar vom nahen Tagebau der Starkenberger Baustoffwerke gekommen. Mehrere Hundert Lkw verlassen pro Tag das Kieswerk, das zu den größten Abbaugebieten bundesweit gehört. Ein Großteil fährt durch den Ort, durch den sich die Landesstraße zieht. Es gilt Tempo 30: „Immer wieder beschweren sich Anwohner über zu hohes Tempo insbesondere der Lastwagen“, berichtet Andy Franke. Dabei ist die Straße im Ortskern Altkirchens vergleichsweise eng, ist die maximal zulässige Geschwindigkeit auf Tempo 30 reduziert. Elektronische Tempoanzeiger weisen die Fahrer auf Überschreitungen hin. Einer davon steht direkt an der Unfallstelle. Suche nach der Ursache: Warum der Lkw auf dem an dieser Stelle kerzengeraden Abschnitt nach links von der Fahrbahn abgekommen, knapp an einem Wohnhaus vorbeigeschrammt und auf der anderen Straßenseite ins Haus gekracht ist, bleibt bis Freitagabend allerdings zunächst völlig ungeklärt. „Zur genauen Unfallursache kann noch keine Auskunft gegeben werden“, teilt die Polizei mit. Fakt ist: Der letzte Crash dieser Art in der Schmöllner Straße ist erst gut vier Jahre her. Damals fuhr ein Pkw in ein Einfamilienhaus, nur einen Steinwurf von der aktuellen Unfallstelle entfernt. Eine Hauswand stürzte ein – es gab zwei Leichtverletzte. Auch die Anwohnerin gegenüber erinnert sich noch gut an diesen Zusammenstoß. „Altkirchen ist ein gefährliches Pflaster“, sagt sie. Und eine Nachbarin pflichtet ihr bei: Kaum jemand halte sich an die Geschwindigkeitsvorschriften. Forderung nach mehr Sicherheit: „Es wird Zeit, dass etwas passiert, um Kinder und andere Passanten an der Durchgangsstraße zu schützen“, fordert Andy Franke. Wenigstens ein Zebrastreifen, besser noch eine Fußgängerampel. Schließlich befindet sich nicht nur die Grundschule vor Ort, sondern auch das beliebte Freibad. Von Kay Würker und Lisa-Marie Meyner