Es war ein kleines Plakat, das mitten unter den Transparenten und Maskeraden der Kritiker und Leugner trotzdem auffiel: „Ich hatte Covid 19 und mache mir Sorgen um Euch.“ Dazu zwei aufgemalte Herzen und eine Trägerin, die trotz Maske tapfer lächelte, viele Skeptiker und Leugner direkt ansprach und mit ihrem roten Mantel ein bisschen wie die Jeanne D’Arc der Corona-Warner wirkte.
Der Name der mutigen Frau: Karoline Preisler (49). Die Juristin und FDP-Politikerin war aus der mecklenburgischen Landeshauptstadt Schwerin am Sonnabend nach Leipzig gekommen. „Mich hat es im März erwischt, ich musste eine Woche in einer Klinik mit Sauerstoff versorgt und war wochenlang außer Gefecht gesetzt“, sagte sie der LVZ. Sie leide weiter an den Folgen der Erkrankung. „Ich kann deshalb beurteilen, wie gefährlich Theorien sind, die eine Gefahr durch Corona verleugnen.“
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Wütend über Vergleich mit 1989
Die Schwerinerin wollte unbedingt nach Leipzig kommen und mit ihrer eigenen Krankheitsgeschichte Überzeugungsarbeit in einem schwierigen Umfeld leisten. „Mir war klar, dass die Demo gerade hier mit einer großen Bedeutung aufgeladen wird.“ Als Frau, die in der DDR nach eigener Aussage selbst von der Stasi observiert wurde, könne sie nur wütend über den Vergleich von 1989 mit der Situation von heute sein, sagte sie.
„Damals war es eine Diktatur, die auch vor Gewalt nicht zurückschreckte, jetzt halte die Demokratie andere Meinungen aus.“ Auf der Demo sei sie mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen, berichtet sie. Was sie dabei erlebt hat? „Die meisten haben mir zugehört. Wir haben vor allem über Gefühle und Ängste in Zusammenhang mit Covid-19 gesprochen.“
Plakat mit Chancen fürs Museum
Ihr Plakat hat übrigens gute Chancen ins Museum zu wandern: Der Leipziger Bürgerrechtler Uwe Schwabe, der im Vorfeld vehement den Vergleich zwischen der Friedlichen Revolution 1989 und den aktuellen Corona-Protesten kritisiert hatte, sprach sie direkt am Augustusplatz an. Im Auftrag des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig war er auf der Suche nach historisch interessanten Plakaten der Veranstaltung. Von Karoline Preislers Plakat und ihrem Mut war er sofort beeindruckt.
Von André Böhmer