Von wegen Winterruhe: Im Loburger Storchenhof werden kranke und junge Tiere aufgepäppelt

Auch nach dem offiziellen Winterbeginn herrscht auf dem Storchenhof Loburg im Norden von Sachsen-Anhalt geschäftiges Treiben. „Wir kurieren vier junge Störche, die im Herbst nicht in den Süden fliegen konnten, dazu kommen vier flugunfähige Weißstörche sowie ein Schwarzstorch als Dauergäste“, erzählt Storchenhof-Geschäftsführer Michael Kaatz. Zwei der vier Jungstörche seien bereits so weit, dass sie 2021 ausgewildert wegen könnten. Stattlicher Graureiher als Dauergast: Ungewöhnlichster Besucher seit Wochen ist ein stattlicher Graureiher, der vom Storchenhof-Team im Sommer gesund gepflegt worden war. „Er hat offenbar Sehnsucht nach uns und fliegt nie weit weg“, meint Michael Kaatz, der den Großvogel auch an seinem beringten Fuß gut erkennt. Andere geflügelte Dauergäste auf dem Hof – Hühner, Enten und Gänse – werden derzeit unter Verschluss gehalten. „Für sie gilt seit ein paar Tagen die vom Landkreis verordnete Stallpflicht“, macht der Ornithologe deutlich. Mit der Anordnung reagiert die zuständige Behörde auf das Ausbreiten der Geflügelpest. Der Erreger der Krankheit war in der Region bereits bei Wildvögeln festgestellt worden und auf Haustierbestände übergesprungen. Vogelschutzwarte fehlen durch Corona-Lockdown Einnahmen: Mehr noch als die Vogelgrippe beeinflusst die Corona-Pandemie das Geschehen auf dem Storchenhof. Nach dem der harte Lockdown verfügt wurde, dürfen die Tierschützer auch auf dem Freigelände keine Besucher mehr empfangen. „Ohne die Führungen ist es hier recht still geworden“, so Michael Kaatz. Das Fehlen der Besucher macht sich auch im Kassenbuch bemerkbar. Die vom Land Sachsen-Anhalt geförderte Vogelschutzwarte nördlich von Magdeburg ist auch auf Spenden der Gäste angewiesen und die finanzielle Unterstützung ist unentbehrlich für die Aufrechterhaltung des Betriebes. Flugrouten der Störche werden zu Forschungszwecken verfolgt: Obwohl der Winter erst begonnen hat, denken die Loburger Storchenfreunde bereits an die Rückkehr ihrer Schützlinge aus wärmeren Gefilden. Gemeinsam mit seinem Vater Christoph verfolgt der Chef der Vogelschutzwarte die Flugrouten aller mit Sendern gekennzeichneten Vögel am Computer. Die Daten werden zu Forschungszwecken ausgewertet und liefern wertvolle Erkenntnisse für die Ornithologie, vor allem über den Vogelzug. Bei den Vergleich der Informationen stellen die Loburger fest, dass jedes Jahr mehr Störche westwärts Richtung nach Spanien fliegen und immer weniger ihrer Artgenossen den mehr als doppelt so langen Flug ostwärts bis in den Tschad oder nach Sudan antreten. Dass sich das Flugverhalten innerhalb eines nur kleinen Zeitraums so schnell verändert hat, überrascht die Experten. Gründe für dieses Verhalten seien der Klimawandel und die wesentlich kürzeren Strecken in die Winterquartiere. Skulptur erinnert an Rekordfliegerin Prinzesschen: Noch in guter Erinnerung bei Familie Kaatz sind die ungewöhnlichen Flugleistungen von Storchendame Prinzesschen, die jährlich bis zu 10 000 Kilometer zurück legte. Prinzesschen trug seit 1994 einen Sender von der Größe einer Streichholzschachtel auf ihrem Rücken. Per Satellit konnte das Team vom Storchenhof den Vogel damit orten und die Flugstrecken verfolgen. An die Rekordfliegerin, die am 23. Dezember 2006 im fernen Südafrika starb, erinnert eine Skulptur auf dem Storchenhof. Von Bernd Lähne