Wirtschaft in Sorge vor einem Grünen als Landwirtschaftsminister

Sachsen steuert auf eine Kenia-Koalition zu – das mögliche Dreier-Bündnis aus CDU, SPD und Grünen stößt in der Wirtschaft aber auf viel Skepsis, zudem werden klare Forderungen gestellt. So sieht besonders die Landwirtschaft eine Kenia-Koalition äußerst kritisch. Auf keinen Fall dürfe die CDU den Grünen das Landwirtschafts-Ressort überlassen, forderte Wolfgang Vogel, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes. „Das wäre eine Katastrophe – nicht nur für unsere Betriebe, sondern für die Bevölkerung. Denn das gefährde eine ausreichende Versorgung mit heimischen Produkten.“ Insbesondere kritisiert Vogel die im Programm der sächsischen Grünen festgeschriebene Halbierung der eingesetzten Pestizide bis 2030 sowie der Ausbau des Ökolandbaus. „Wenn der Mensch krank ist, verschreibt der Arzt zur Heilung Medizin“, sagt Vogel. Ohne den Einsatz von Fungiziden und Insektiziden gebe es keine wettbewerbsfähige Produktion in der Landwirtschaft. Mehr Öko würde Arbeitsplätze „in Größenordnung“ kosten. Der Verband vertritt die Interessen von 5500 Landwirten, die rund 70 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen im Freistaat bewirtschaften. Weniger Bürokratie, mehr Lehrer, ein flächendeckender Breitband- und Mobilfunkausbau – dies seien die Top-Forderungen der Mitgliedsunternehmen an die neue Regierung, sagt Leipzigs IHK-Präsident Kristian Kirpal. Sachsen stehe zudem mit dem beschlossenen Ausstieg aus der Braunkohle vor einem Kraftakt. „Der gefundene Kompromiss mit dem Ausstiegsziel 2038 muss allseits akzeptiert werden und darf nicht zum politischen Spielball geraten“, fordert Kirpal. Der Strukturwandel könne nur gelingen, wenn er nachhaltig sowie verlässlich gestaltet werde. Dazu gehörten insbesondere auch verstärkte Investitionen in die Verkehrswege, in Straßen ebenso wie in die Schiene. „Vor allem wird es darauf ankommen, dass die hier etablierten energieintensiven Industrien – im mitteldeutschen Revier beispielsweise die chemische Industrie, das Ernährungsgewerbe oder die Gießereibranche – am Standort gehalten werden.“ An Spekulationen zu einzelnen möglichen Koalitionsmodellen wolle man sich nicht beteiligen, sagt Thoralf Schirmer, Sprecher des Lausitzer Bergbaubetreibers LEAG. Erwartungen an die neue Regierung habe man aber schon: Sie solle stabil und arbeitsfähig sein sowie sich an den Kompromissvorschlag der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ halten. Letzteres sei den Zehntausenden direkt und indirekt in der Braunkohle beschäftigten Menschen und für die Region Lausitz insgesamt besonders wichtig. Demnach soll spätestens bis 2038 Schluss sein mit der Kohleförderung. Den Grünen ist das allerdings zu spät – sie wollen einen Ausstieg schon bis 2030. „Die Grünen müssen nun beweisen, ob sie Antworten auf den Strukturwandel haben, ohne dem Standort Sachsen Knüppel zwischen die Beine zu werfen“, sagt Christian Haase, Chef vom Landesverband Die Familienunternehmer. „Der SPD hat es offensichtlich nicht geholfen, die standortfeindliche Idee der Vermögensteuer aus der ideologischen Mottenkiste herauszukramen“, so Haase weiter. An die CDU, die einen klaren Regierungsauftrag habe, richtet er die Forderung, die Infrastruktur in Sachsen weiter auszubauen insbesondere in den ländlichen Regionen, Bürokratie zu bekämpfen und stärker die Anliegen der vielen Familienunternehmen und Mittelständler in den Fokus zu nehmen. Die Konsensfindung unter wahrscheinlich drei Regierungsparteien dürfte nicht einfach werden, heißt es beim Ostdeutsche Bankenverband. Sachsen müsse „ein selbstbewusster Treiber“ bei der notwendigen Modernisierung Deutschlands bleiben. In Zeiten der konjunkturellen Eintrübung keine leichte Aufgabe, heißt es weiter. Der Verband fordert eine moderne Infrastruktur, insbesondere den raschen Weiterbau der Autobahn A 72 und den Ausbau von Verbindungen nach Tschechien und Polen. Notwendig sei ferner die Reform der Unternehmensbesteuerung, die konsequente Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle sowie das Vermeiden von Zusatzbelastungen etwa aus einer Finanztransaktionssteuer oder weitere Meldepflichten für die Betriebe. Deutliche Forderungen an die neue sächsische Koalition stellt auch der Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft (BVMW) in Sachsen. „Der staatliche Anteil an den Energiekosten muss sinken“, fordert Leipzigs BVMW-Chef Patrick Paul. „Sachsen sollte sich deshalb zusammen mit den anderen Bundesländern für eine Reform der Abgaben und Umlagen auf Strom einsetzen.“ Ziel müsse es sein, dass Sachsen trotz Kohleausstieg Energieland bleibe, so Paul. „Die Energiewende ist machbar und finanzierbar, wenn der Strom dezentral mit Hilfe kleinerer Anlagen in Verbrauchernähe erzeugt wird“, machte er klar. Die Nähe zum Verbraucher spare Kosten beim Netzausbau, so Leipzigs BVMW-Chef. Von André Böhmer und Andreas Dunte

Kenia-Koalition in Sachsen - Wirtschaft in Sorge vor einem Grünen als Landwirtschaftsminister