Mahliser Bürgerinitiative vernetzt sich mit Nachbarn aus Nordsachsen

An der Straße zwischen Mahlis und Wiederoda sollte er aufgestellt werden. Über 30 Meter hoch, stählern. Doch der Besitzer des Grund und Bodens erteilte dem Funk-Riesen vor einiger Zeit eine Absage. Nach einer neuen Fläche wird bereits gesucht – unter allgemeiner Skepsis vieler Mahliser. Die Wermsdorfer Gemeinde soll einen 5G-Sendemast bekommen. Die bundesweite Antwort auf die Frage nach der digitalen Zukunft des Landes. Doch die Bedenken gegenüber der modernen Mobilfunktechnologie sind groß. Daraus erwachsen ist die hiesige Bürgerinitiative „Funkmast? Nein Danke!“. Inzwischen zählt die Initiative etliche Mitglieder. Knapp 300 Unterschriften kamen in diesem Jahr bei einer Online-Petition gegen den Mast am Ortsrand zusammen. Und sie ist nicht allein. Langsam, aber sicher wächst die Gruppe zu einem regionalen Netzwerk. Den Grundstein dafür legten die Mahliser kürzlich und trafen Gleichgesinnte aus Nordsachsen. Unter ihnen unter anderem Engagierte aus Liptitz, Bad Düben und Oschatz. Gesundheitliche Risiken, Lobbyismus und fehlende Transparenz: Angefangen hat alles im Frühjahr, erinnert sich Ulf Müller. Der Mahliser ist Teil der Bürgerinitiative seines Heimatortes und besetzt mit einer Hand voll anderer Bewohner das Gremium. Ein Behelfsbegriff, wie er betont, denn eigentlich gibt es in der Gruppe keine Hierarchien. Sie verstehen sich als Gemeinschaft mit gemeinsamer Mission: Aufklären über das, was ihrer Ansicht nach unter der Oberfläche der 5G-Agenda schwelt. Dabei geht es ihnen um gesundheitliche Risiken, Lobbyismus und fehlende Transparenz. Müller und seine Mitstreiter von „Funkmast? Nein danke!“ haben sich informiert, zwischen den Zeilen gelesen. „Hätte man mich vor zehn Jahren gefragt, ob wir so einen Sendemast brauchen, hätte ich sofort ,klar’ gesagt“, bekräftigt der Mahliser. „Man war einfach unbedarft und arglos. Unter dem Motto: Wenn der Staat das so machen will, wird das schon stimmen.“ Als es dann jedoch ans Eingemachte ging, begannen die Zweifel. Viele relevante Informationen seien im Verlauf nicht publiziert worden, so der Vorwurf der Initiative. „Keine Branche ist so groß ist wie die Informationstechnologie“: „Wenn man in Deutschland ein Produkt auf den Markt bringt,“ schließt Müller an, „ muss nachgewiesen werden, dass es unschädlich ist.“ In Bezug auf den Funkmast verfolge der Drahtzieher aber offenkundig das Credo: Erstmal bauen und dann weitersehen. Den Hut für das 5G-Großprojekt hat die Deutsche Funkturm GmbH auf, die im Auftrag der Telekom quer durch die Republik Masten errichtet. „Da steckt eine riesige Lobby dahinter. Es gibt keine Branche, die so groß ist wie die der Informationstechnologie.“ David gegen Goliath. „Aber wir können uns zumindest nicht vorwerfen, es nicht versucht zu haben.“ So sehen es auch die Bürgerinitiativen anderer Gemeinden, wie zum Beispiel die Bürgerinitiative Sendemast Hammermühle aus Bad Düben. Warum also nicht die Kräfte bündeln? Zumindest wurde mit einem ersten Treffen in Wermsdorf dafür eine Basis geschaffen. „Kontakt hatten wir auch vorher schon“, sagt Müller. Ein Treffen sende aber noch mal ein entscheidenderes Signal. Das letzte soll es nicht gewesen sein. Schließlich sei ihre Arbeit noch nicht beendet. Die Alternative für die Gegner: Unschädliches Glasfasernetz: Den Mahlisern gehe es nicht darum, den Ausbau des Mobilnetzes generell zu boykottieren. Das macht Müller deutlich. Sie fordern Rücksicht auf die Menschen, die in der Nähe des Mastes leben sollen und beziehen sich dabei auf Studien, die die Unschädlichkeit der Strahlungen anzweifeln. „Warum nicht Glasfaser legen? Das schadet niemandem.“ Außerdem seien die Mahliser nicht unterversorgt, wie es oft in Bezug auf das Mobilnetz formuliert wird. „Wer hier keinen Anschluss hat, hat ihn nicht beantragt.“ Das Kürzel „5G“ steht für die fünfte Generation drahtloser Breitbandtechnologie –den avisierten neuen Mobilfunkstandard der Zukunft. Im Gegensatz zur Vorgängergenerationen „4G“, auch als LTE bekannt, können Daten bis zu 100 Mal schneller übertragen werden. Heute surft ein Nutzer bei einer maximalen Geschwindigkeit von 500 Megabit pro Sekunde im Netz. 5G soll eine Übertragungsrate von bis zu zehn Gigabit pro Sekunde leisten. Zudem lassen sich wesentlich mehr Geräte zeitgleich nutzen. Das ist vor allem für die Industrie interessant, zum Beispiel im Bereich kabellos vernetzter Maschinen oder Sensoren. Auch die Telemedizin soll künftig davon profitieren. Damit 5G auch funktioniert müssen die Mobilfunkmasten an das Glasfasernetz ihrer Umgebung angeschlossen sein. Anfang des Jahres versteigerte die Bundesnetzagentur die Lizenzen. Die drei großen Mobilfunk-Riesen Telefónica, Vodafone und Telekom bekamen den Zuschlag für die Versorgung. Der Ausbau steckt aber noch in den Kinderschuhen. Eine flächendeckende Nutzung für Privathaushalte kommt erst ab 2025. Sollte der Mast kommen, was auch Müller für wahrscheinlich hält, fordert die Initiative zumindest einen Ansprechpartner. „Jemanden, der für eventuelle gesundheitliche Schäden einsteht.“ Bis es soweit kommt, macht die Gruppe zusammen mit ihren Mitstreitern weiter. Sie wollen gehört werden. Und dass der Bund besser aufklärt über die Technologie der Zukunft. „Eigentlich müsste es bundesweit einen Aufschrei geben“, findet Müller. Zumindest in Nordsachsen hat dieser längst begonnen. Von Lisa Schliep

„Funkturm? Nein Danke!“ - Mahliser Bürgerinitiative vernetzt sich mit Nachbarn aus Nordsachsen