Thomaskantor ist Überraschungsgast für den Oschatzer Jubilar Benno Kiebs

. Und plötzlich steht ein Gast vor Prof. Dr. Benno Kiebs, mit dem er nicht gerechnet hat. Kiebs feiert seinen 100. Geburtstag. Diesen Termin haben sich zahlreiche Gratulanten vorgemerkt. Allein das sieht der ehemalige Lehrer an der Oschatzer Erweiterten Oberschule als Ehre an. Wer ihn kennt, schätzt sein Wissen und seine Bescheidenheit. Der ehemalige Thomaskantor allerdings hat erst einen Tag vor dem Jubiläum von Benno Kiebs und dessen Beziehung zu seinem Vater Ernst erfahren. Biller und Kiebs haben 1930 gemeinsam die Schulbank auf dem Gymnasium in Schweidnitz (Schlesien) gedrückt. Ein Gespräch mit dem Jubilar wollte sich Georg Christoph Biller nicht entgehen lassen. Die Freude ist groß, und beide kommen sofort ins Gespräch kommen. Viele Gratulanten finden sich ein: Viele Gratulanten bringen Glückwünsche. Auch Oberbürgermeister Andreas Kretzschmar und ehemalige Schüler, zum Beispiel aus Kiebs’ erster Klasse an der Oberschule. Einer davon ist Dr. Arndt Beckert, der kurz zurück blickt – als Dankeschön an den ehemaligen Lehrer: „Du hast uns wie keine anderer Lehrer auf die Hochschulreife vorbereitet“, sagt Dr. Beckert. Fast alle Schüler hätten studiert. Hervorgegangen seien unter anderem sieben Ärzte, eine Apothekerin, zwei Diplom-Landwirte, eine Mathematik-Professorin, ein Post-Beamter und ein Handelsflottenkapitän. Einen Namen hat sich der Jubilar auch als Analyst gesellschaftlicher Prozesse, genialer Organisator und verständnisvoller Pädagoge gemacht. Wer kann schon auf ein Leben mit so vielen Erinnerungen, Anekdoten, Höhen und Tiefen verweisen. Das alles hat der Senior in Form von mehreren Büchern für die Nachwelt aufgehoben. Sie sind gespickt mit entwaffnender Ehrlichkeit, gnadenloser Selbstkritik bis hin zu humorvollen Akzenten. Immer wieder sind Gesprächspartner über seine Bilder erstaunt, die er verwendet, um ein Problem, einen Sachverhalt oder eine Entwicklung deutlich zu machen, und das mit einem wachen Geist und unglaublichen Gedächtnis. Dass er sich dabei manchmal verplaudert, gehört ganz einfach zu dem 100-Jährigen. Schnell sagt er: „Ich muss mich disziplinieren!“. Rote Schlipse in Oschatz gegründet: Die Zeit als Lehrer an der Erweiterten Oberschule Oschatz ist ihm wichtig. Hier gründete er das Kabarett „Die Roten Schlipse“ und spielte der Obrigkeit einen Streich. Er wollte die Schüler hier nicht im Blauhemd sehen. Also trugen sie weiße Hemden und rote Krawatten. „Wer konnte schon etwas gegen rot sagen?“, erinnert er sich. Wobei seine Augen spitzbübisch strahlen. Das Kabarett war erfolgreich und konnte zum Beispiel Auftritte in Berlin buchen. Ingeborg Krabbe (2017 verstorben), eine DDR-Schauspielerin, zeigte sich von dem Programm der Schüler begeistert. Erinnerungen spielen bei seinem runden Geburtstag die Hauptrolle. Damit er genug Kraft für die Gespräche hat, halten ihm die Pflegedienstler des Ihm-Teams – das das Jubiläum wunderschön ausgestattet hat – und seine Kinder mit ihren Familien den Rücken frei. Auf diese „Säulen“ kann Benno Kiebs immer bauen. Und vielleicht kommt noch ein Kapitel seines Lebens zu seinen Memoiren dazu, wenn er diesen besonderen Geburtstag und was an diesem Tag geschehen ist, in Worte fasst. Von Gabi Liebegall

100. Geburtstag - Thomaskantor ist Überraschungsgast für den Oschatzer Jubilar Benno Kiebs