Mittelstand in Brandis wirtschaftet auf Sparflamme

Viele Bereiche der Wirtschaft sind durch die Corona-Pandemie lahmgelegt, Unternehmen fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. Über die Bundes-Soforthilfe laufen Maßnahmen an, die Wirtschaft über die Krise zu retten. Was kommt davon an? Die LVZ hörte sich im Gewerbegebiet Brandis/Beucha um. Gefühlt ist Winter im Erdenwerk: „März bis Mai sind bei uns im Erdenwerk die stärksten Monate, aber zur Zeit fühlt es sich an wie Winter“, sagt Betriebsleiter Mike Rothe. Das Erdenwerk hat seit 23. März nur noch für gewerbliche Kunden geöffnet. „Für private Kunden haben wir, wie Baumärkte auch, geschlossen. Aber wir liefern weiter aus“, so Rothe. Die LAV Technische Dienste GmbH & Co. KG bietet im Erdenwerk Brandis und im Erdenwerk Kulkwitz „Am Schornstein“ Erde, Rindenmulch, Torf, Dachgartenerde, Zuschlagstoffe und Bodenverbesserer an sowie Produkte im Bereich Garten- und Landschaftsbau. Außerdem besteht die Möglichkeit, pflanzliche Stoffe wie Grün- und Holzabfälle zu entsorgen. Kurzarbeit, so Rothe, sei für die hier beschäftigten vier von 140 Mitarbeitern kein Thema, solange die gewerblichen Kunden kommen. Denn die machen zwar nur etwa ein Drittel der sonst täglich 200 bis 300 Kunden des Erdenwerkes aus, bringen aber den meisten Umsatz. „Unter den privaten sind viele, die nur für 2,50 Euro ihren Grünschnitt abliefern wollen“, erklärt der Betriebsleiter. Lesen Sie auch: Kurzarbeit, Steuerstundung: Das sind die wichtigsten Hilfsmaßnahmen „Eigentlich lautet unser Motto volle Fahrt voraus“, sagt Ingo Graupner, Geschäftsführer des VW-Autohauses an der Gewerbeallee. 2014 feierte das sein 50-jähriges Firmenjubiläum, erst vor zwei Jahren wurde die 1,9 Millionen Euro teure Werkstatthalle eingeweiht und jetzt im Januar der neue Showroom. Doch nun wird das Unternehmen ausgebremst. Verkauf ist geschlossen, Werkstatt arbeitet noch: „Den Verkaufsraum mussten wir entsprechend der Allgemeinverfügung schließen, wir sind aber für Kaufinteressenten weiter telefonisch oder per E-Mail erreichbar, der Online-Handel geht weiter. Wir können die Fahrzeuge auch ausliefern“, sagt der Geschäftsführer. „Allerdings ist die Nachfrage im Moment gerade nicht so toll.“ Deshalb hat Graupner bereits einen Teil seiner 65-köpfigen Belegschaft in Kurzarbeit schicken müssen. Denn auch im Werkstatt-Service ist die Auftragslage rückläufig. „Der ist unter Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen noch offen“, sagt der Autohaus-Chef. „Das heißt beispielsweise, dass wir die Autos nach der Wartung desinfizieren.“ Und da im Handel Desinfektionsmittel im Moment Mangelware sind, stelle man sie selbst her. Kritik an Sofort-Programmen: Mittelstand wird übersehen: „Wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen“, zeigt Graupner Verständnis für die Einschränkungen. „Denn Gesundheit ist das A und O, da muss alles andere hintenan stehen.“ Noch stehe das Haus „relativ gut da, weil wir gut gewirtschaftet haben“, sagt Graupner. Und er habe auch große Hoffnung, dass es die Krise gut übersteht. „Das hängt aber auch von den staatlichen Hilfen ab“, sagt der Geschäftsführer. „Beim Thema Zuschüsse werden Betriebe unserer Größenordnung leider noch übersehen. Und Darlehen zu unseren laufenden Krediten vertagen das Problem nur in die Zukunft.“ Febo setzt auf regionale Unternehmen: „Wir arbeiten noch alle und sind weiter für unsere Kunden da, aber erwägen zur Zeit alle Optionen, das heißt auch Kurzarbeit“, beschreibt Paul Köllner, Vertriebsleiter bei Febo, die Situation. Febo ist ein internationaler Montagedienstleister, sei es für die Automobilindustrie, Maschinen- und Anlagenbau oder Erneuerbare Energien. Am Standort in Brandis zählt das Unternehmen rund 100 Mitarbeiter. Sorge bereitet, dass das mehr als die Hälfte der Projekte ausmachende Auslandsgeschäft eingebrochen ist, weil Grenzen geschlossen sind, Material und Mitarbeiter nicht mehr an den Einsatzort gelangen. „Es wird sich zeigen, ob wir das regional kompensieren können“, sagt Köllner. Er setzt auf eine verstärkte Nachfrage deutscher Firmen, die bisher aus wirtschaftlichen Erwägungen mit osteuropäischen Dienstleistern zusammengearbeitet haben und nun ebenfalls die geschlossenen Grenzen spüren. Lage bei RFF ist noch sehr gut: Gut zu tun hat man dagegen bei RFF, wo am Standort Beucha rund 80 Mitarbeiter in Vertrieb und Logistik beschäftigt sind. „Wir arbeiten voll, natürlich unter Sicherheitsvorkehrungen“, berichtet Verkaufsleiter Heiko Gottschalk. Die Rohr Flansch Fitting Handels Gesellschaft zählt zu den größten Komplettanbietern für Rohre und Rohrverbindungen in Europa und beliefert vom Muldental aus Kunden in Europa, aber auch im Nahen Osten, in den USA oder im südostasiatischen Malaysia. Zu den Vertragspartnern zählen Gasnetzbetreiber, Stadtwerke sowie chemische, petrochemische und pharmazeutische Produzenten. „Wenn deren Anlagen Störungen aufweisen, müssen wir ein verlässlicher Partner sein“, betont Gottschalk. Die Lage sei auch deshalb noch „sehr gut“, weil aktuell manche Anlagen nicht voll ausgelastet seien und Unternehmen die Gelegenheit zu Reparaturen nutzten. „Das kann sich alles aber auch schnell ändern“, bleibt Gottschalk realistisch. Das außereuropäische Geschäft sei bereits stark zurückgegangen. Eine Situation, der der Vertriebs-Chef indes auch etwas Gutes abgewinnen kann. „Wir müssen mit unserem Material haushalten. Denn viele Lieferanten sitzen in Italien; China hat über drei Monate nichts geliefert.“ Zum Glück, so Gottschalk, habe man die Signale rechtzeitig erkannt und das gemacht, was im Supermarkt verpönt ist: Hamsterkäufe. Von ines Alekowa

Corona-Krise - Mittelstand in Brandis wirtschaftet auf Sparflamme