Wurzen: 500 Unterschriften gegen neuen Radweg in der Martin-Luther-Straße

„Wir wollen und werden eine Lösung für alle finden“, versprach Michael Zerbs nach gut anderthalb Stunden den Besuchern im Ratszimmer 151 des Stadthauses. Eben hierhin hatte der Fachdienstleiter Tiefbau eingeladen, um mit Anwohnern und Geschäftsinhabern der Martin-Luther-Straße über eine Idee der Verwaltung zu diskutieren, die bereits im Vorfeld einen vielstimmigen Protest auslöste. Initiatoren sammeln weit über 500 Unterschriften: Weit mehr als 500 Unterschriften sammelte die eilends ins Leben gerufene Initiative, nachdem bekannt wurde, dass auf der Nordseite (Höhe Fahrschule Mühlner) der Martin-Luther-Straße ein Radweg entstehen soll und deswegen Parkboxen entfallen. Laut Zerbs hänge der Vorschlag mit dem Ausbau des Wasserturm-Geländes zusammen. Um die Infrastruktur rund um das Karree mit einem neuen Aldi-Markt und circa 80 Pkw-Stellflächen anzupassen, will die Stadt die August-Bebel-Straße erneuern, den Kreuzungsbereich zur Lutherstraße verjüngen sowie Radfahrern einen direkten Zugang in Richtung Innenstadt ermöglichen. Da aber die Martin-Luther-Straße keinen Platz für einen kombinierten Fuß- und Radweg zulässt, könnte ein Radfahrstreifen die Pedaleure gefahrlos bis zur Kreuzung Straße des Friedens / Friedrich-Engels-Straße führen. Allerdings stößt Zerbs’ Gedankenspiel auf vehementen Widerstand bei Händlern, Anwohnern und Kunden. Sie schickten ihre Bedenken samt der Protestunterschriften Anfang Juni an die Stadtverwaltung – fünf Tage bevor der Fachdienstleiter mit den Anwohnern einen Infoabend plante. Seiner Gesprächsbitte folgten 14 Personen, darunter die Gewerbetreibenden Heidi und Jan Jentzsch, Anett und Mathias Hamel, Carola Petersitzke, Karin und Günter Zeuke sowie Bianka Lenk. Zerbs verweist auf Zunahme des Radfahreranteils: Zunächst führte Zerbst das Wort und erläuterte seine Beweggründe, einen Radweg in der Martin-Luther-Straße zu forcieren. Dabei nahm der Straßenbau-Ingenieur unter anderem Bezug auf eine Studie, die das Wurzener Stadthaus 2018/2019 von Verkehrsexperten aus Dresden erstellen ließ. Im Ergebnis von 269 Zählungen wurde seinerzeit festgestellt, dass der Auslastungsgrad der 34 Stellflächen in der Geschäftsstraße bei 50 bis 70 Prozent liegt. Darüber hinaus verwies Zerbs auf den wachsenden Radfahreranteil im Straßenverkehr, bei dem Wurzen mit 21 Prozent eine Spitzenposition einnimmt. Überzeugen konnte er die Kritiker jedoch nicht. Auch nicht mit dem Hinweis, dass das unweit gelegene Areal am Wasserturm künftig Abstellmöglichkeiten für die Kundschaft von zwei oder drei Stunden ermögliche. Und selbst mit einer Variante zur Güte, bei der zumindest sechs Parkplätze an der Nordseite für Warenanlieferung blieben, konnte die Wogen nicht glätten. Stadthaus will jetzt Anregung der Bürger prüfen: Das Publikum blieb eisern und felsenfest bei der Quintessenz des Protestbriefes – die geplante Umgestaltung der Straße wird mit dem Wegfall von Parkplätze nur negative Folgen haben. An die Adresse der Stadtverwaltung gerichtet, appellierte Heidi Jentzsch ferner, endlich einen geschlossenen Kreis für Radfahrer zu schaffen, anstatt immer nur Stückwerk zu fabrizieren. Letztlich gingen beide Parteien ohne Ergebnis nach Hause. Zerbs versprach zum Schluss, die Vorschläge und Anregungen zu prüfen, um eine Lösung für die Geschäftsleute und Anwohner der Martin-Luther-Straße sowie für einen Radverkehr in die Innenstadt zu finden. Von Kai-Uwe Brandt