Zweifel an Masken für Lehrer: Heute müsste sie der Zoll aus dem Verkehr ziehen

Sachsen war in der Vorwoche das erste Bundesland, das die Grundschulen wieder öffnete. Um die Pädagogen für den Neustart zu rüsten, landeten Tausende Atemschutzmasken in den Lehrerzimmern. Doch unter den Pädagogen regt sich Unwillen. Man werde, heißt es kopfschüttelnd, mit Altbeständen aus China abspeist. Kritik: Freistaat schützt seine Lehrer nicht ausreichend: „Wir stehen als Lehrer wieder vor vollen Klassen. Ist es da zu viel verlangt, wenn man von seinem Arbeitgeber einen ausreichenden Schutz verlangt“, schildert Monika Alexandrow ihre Erwartungen. Die Gerichshainerin steht seit einigen Tagen wieder im Klassenzimmer, hat nach wochenlangem Homeschooling leibhaftig Kontakt zu ihren Schülern. Doch als das Kollegium der Brandiser Grundschule die ersehnte Paketsendung erhielt, war die Ernüchterung groß. „Zumindest unsere Schule bekam keine hochwertigen FFP2-Masken zur Verfügung gestellt, sondern einfachste Masken aus China.“ Zudem prangte auf dem Pappkarton, der auf dem Lehrertisch landete, ein großer Aufkleber: „Non Medical“- was übersetzt „nicht medizinisch“ bedeutet und damit das ganze Gegenteil von dem, was als Maskenstandard von offizieller Seite gepredigt wird. Man habe das Gefühl, mit seinen Gesundheitssorgen nicht ernstgenommen zu werden, berichten auch Kollegen aus anderen Schulen im Landkreis Leipzig. KN95-Masken dürfen Stand heute nicht mehr importiert werden: Mit dem Neustart für die Erst- bis Viertklässler wurden insgesamt rund 2700 Großkartons an die öffentlichen Grundschulen in Sachsen verteilt. „Aktuell erhält jeder Beschäftigte mindestens 40 Atemschutzmasken“, heißt es einem Brief, der alle Schulleiter erreichte. Doch an einigen Häusern staunten die Lehrer nicht schlecht, als sie teilweise statt der erhofften FFP2-Masken sogenannte KN95-Masken in Händen hielten. Laut Verpackung wurden die Masken in China hergestellt. Der Brandiser Lehrerin fiel auf, dass die Kennung „GB 2626-2006“ dafür spricht, dass diese Art Masken gar nicht mehr nach Deutschland importiert werden dürfen. „Wir sind deshalb in höchstem Maße verunsichert“, meint die Pädagogin. Das Internet sei schließlich voll von Berichten, die Zweifel an den KN95-Masken schüren. In anderen Bundesländern seien ähnliche Masken schon zurückgerufen worden. So berichtete die Pharmazeutische Zeitung, ein Medium der deutschen Apothekerschaft, dass KN95-Masken seit dem 1. Oktober 2020 nicht mehr auf den Markt gebracht, sondern nur noch abverkauft werden dürfen. Apotheker seien angewiesen, chinesische Rest-Ware nur noch bis Ende März an Kunden abzugeben. Zu Beginn der Pandemie senkte Deutschland die Standards: In der Tat müsste der Zoll die Ware beschlagnahmen, würde sie aktuell eine deutsche Grenze passieren. Doch warum kann der Freistaat seine Lehrer noch immer mit derlei Restbeständen abspeisen? Die Antwort ist im vorigen Jahr zu suchen. Zu Beginn der Pandemie galten Schutzmasken als rares Gut. Deutschland war froh, überhaupt Material zu ergattern. Weil es akut an Schutzausrüstung fehlte, wurden unter anderem für Lieferungen aus Fernost Standards gesenkt. Deutschland erkannte in dieser Ausnahmesituation auch Masken als verkehrsfähig an, die nicht dem strengen EU-Standard entsprachen. Von März bis Oktober gelangten in der Folge Milliarden von Masken nach Deutschland, die teilweise noch immer in Beschaffungsstellen schlummern. Zumindest stammen die aktuellen Kartons an die sächsische Lehrerschaft teilweise aus diesen Überbleibseln. Chinesen konnten Tauglichkeit mit Schnelltest nachweisen: Hinter KN95 verbirgt sich der chinesische Maskenstandard. Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durfte diese Ware im Vorjahr in einer absoluten Mangelsituation nach Deutschland eingeführt werden. Bis 1. Oktober 2020 habe die Möglichkeit bestanden, mit einem Schnelltest die Tauglichkeit der Masken nachzuweisen und eine entsprechende Sondererlaubnis zu erhalten, so das BfArM. FFP2-Masken müssen im Gegensatz dazu den Anforderungen der EU-Verordnung über persönliche Schutzausrüstung entsprechen. Das heißt, sie durchlaufen ein streng genormtes Verfahren durch ein akkreditiertes Prüfinstitut. Als Lohn der Mühe dürfen sie dann auch das begehrte CE-Siegel tragen, was ihnen EU-Standard bescheint. Freistaat weist Kritik an Masken-Qualität zurück: Obwohl den Lehrer-Masken dieses Gütesiegel fehlt, weist der Freistaat Kritik an seiner Lieferung zurück. „Die KN95-Masken sind mit den Standards der FFP2-Masken vergleichbar und erfüllen dieselbe Schutzfunktion“, beteuert Dirk Reelfs, Sprecher des sächsischen Kultusministeriums, auf Anfrage. Die Masken würden sich lediglich in der Prüfnorm unterscheiden. Der Sprecher bestätigt, dass es sich bei der ausgelieferten Ware um KN95-Masken handelt. Diese, so Reelfs, seien einer Qualitätssicherung unterzogen worden. Lesen Sie auch: Zurück in Leipziger Grundschulen und Kitas – „Es ist dünnes Eis“ Sachsen öffnet Kitas und Grundschulen – ältere Kinder bleiben zu Hause Von Simone Prenzel