Wohnung Mieten oder Kaufen in Leipzig: Was lohnt sich für wen?

Ob Mieten oder Kaufen die bessere Lösung ist – das hängt nicht nur von Mathematik ab, sagt Martina Schröder. Sie ist Referentin für Finanzdienstleistungen im Leipziger Standort der Verbraucherzentrale Sachsen. „Eine 100 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Leipzig kostete 2011 rund 1600 Euro pro Quadratmeter. 2020 waren es durchschnittlich 4000 Euro.“ Auf den ersten Blick wirke das so, als ob man bei Wohneigentum in der Messestadt nicht viel falsch machen könne. Doch der Blick in die Vergangenheit sei eben keine Garantie für die Zukunft. Immobilien in Leipzig: Der teuerste Kauf des Lebens: „Der Kauf einer Immobilie ist wahrscheinlich der teuerste Kauf des Lebens und muss sehr gut überlegt werden“, erklärt die Finanzexpertin. Zusätzlich zum Kaufpreis könnten Anschaffungskosten von 5 bis 15 Prozent anfallen – zum Beispiel für Grunderwerbsteuer, Notar und Makler. Noch dazu komme der Umzug. Alle diese Kosten müssten in der Regel aus dem Eigenkapital bezahlt werden. Außerdem sollte das Eigenkapital etwa 20 Prozent des Kaufpreises abdecken, um gute Kreditkonditionen bei den Banken zu erhalten. Wer sich zu aktuellen Preisen eine 100 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Leipzig zulegen und dabei nicht gefährlich knapp kalkulieren will, müsste demnach also schon rund 100.000 Euro Kapital frei verfügbar haben. Zu beachten sei weiterhin, dass neben der Baufinanzierungsrate auch regelmäßig Geld für eine Instandhaltung zurückgelegt werden sollte. Im Durchschnitt würden da monatlich 1,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche empfohlen – abhängig vom Zustand der Immobilie, so Schröder. Erst wer sich diese Voraussetzungen klar gemacht habe, könne sinnvoll über die beiden Hauptfaktoren nachdenken, die letztlich für Kauf oder Miete sprechen. „Was die bessere Lösung ist, hängt vor allem davon ab, wie sich die Immobilienpreise und Mieten in Zukunft entwickeln und insbesondere, wie die individuelle Situation ist.“ Wohnung in Leipzig kaufen: In den ersten Jahren drohen Verluste: Bei der individuellen Situation spiele nicht nur das Eigenkapital eine wichtige Rolle, sondern mindestens ebenso die Lebensplanung und Typ-Frage. Die Baukredite seien oft auf mehrere Jahrzehnte ausgelegt. Wer beim Arbeits- und Wohnort flexibel bleiben will, muss bedenken, dass sich „Betongold“ nicht jederzeit ohne weiteres in liquide Mittel umwandeln lässt, erläutert die Verbraucherschützerin. Gerade in den ersten Jahren können bei einem Weiterverkauf Verluste drohen, weil die hohen Anschaffungskosten noch sehr stark ins Gewicht fallen. „Eigentümer und auch Kapitalanleger sollten darauf achten, dass mit einem Verkauf des Objektes jederzeit mindestens die Darlehenssumme getilgt werden kann“, empfiehlt denn auch Katrin Berger, Vertriebsdirektorin Private Immobilienfinanzierung bei der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig. Ratsam sei daher, in Gebieten zu kaufen, wo man auf Grund der Nachfrage und wirtschaftlichen Rahmendaten vor Ort eher von einem Wertzuwachs als von einem Werteverfall der Immobilie ausgehen kann. „In Leipzig gehen wir aufgrund der guten wirtschaftlichen Rahmendaten, Bevölkerungswachstum und einer sehr geringen Leerstandsquote von moderat, aber weiterhin steigenden Immobilienpreisen aus“, erklärt Berger. „Anders in ländlichen Regionen, hier findet man teilweise völlig andere Rahmenbedingungen: wie steigenden Leerstand und sinkende Einwohnerzahlen.“ Preise für Eigentumswohnungen: Hoher Anstieg bis 2030: Diese Grundaussagen bestätigt Christian Hesse, Regionalbereichsleiter der Postbank Immobilien GmbH. Bis 2030 dürften die Preise für Leipziger Bestandswohnungen (ohne Neubauten) jährlich um 1,26 Prozent zulegen, ermittelte das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) für den Postbank-Wohnatlas. Dabei spielten etliche Regionaldaten – wie Altersstruktur, Haushaltsgröße, Einkommensentwicklung – eine Rolle. „Im Vergleich deutscher Großstädte ab 100.000 Einwohnern weist Leipzig die vierthöchsten Wachstumsraten bis 2030 auf“, so Hesse. Nur in Heilbronn, Potsdam und München erwarte das HWWI in Zukunft noch stärkere Preissteigerungen. Im Jahr 2020 legten die Preise für Bestandswohnungen in Leipzig inflationsbereinigt um 15,4 Prozent auf 2714 Euro pro Quadratmeter zu, erläutert Hesse. Beim Anstieg war das Platz 9 aller Großstädte in Deutschland. „Sowohl die sächsische Metropole als auch ihr Umland sind begehrt und überzeugen mit attraktiven Angeboten.“ Schließlich habe die Spanne in den sieben Metropolen, die von der Einwohnerzahl her noch größer als Leipzig sind, zwischen 4261 Euro (Köln) und 8613 Euro (München) gelegen. In Berlin lag der Preis bei 4973 Euro pro Quadratmeter – also annähernd doppelt so hoch wie in Leipzig. Allerdings räumt die Postbank ein, dass die Kaufangebote in Leipzig den örtlichen Mieten „enteilt“ sind. Laut HWWI-Diagnose lag der sogenannte Vervielfältiger hier schon 2019 bei 27,1 Jahreskaltmieten. So viel Geld braucht es demnach, um den durchschnittlichen Kaufpreis einer Eigentumswohnung in Leipzig wieder einzuspielen. Bundesweit beläuft sich der Mittelwert beim Vervielfältiger auf 24. Von „moderaten Kaufpreisen“ sprechen Profis aber nur bis 22,5. Eigentum in Leipzig: Vervielfältiger hat „kritisches Niveau“ erreicht: Im vergangenen Herbst warnte bereits das Forschungsinstitut Empirica, dass in Leipzig der Vervielfältiger „erstmals das kritisches Niveau“ erreicht habe. Damit drohe eine gewisse „Blasengefahr“. Mehr dazu – und warum der Vervielfältiger weitaus wichtiger ist als ein Vergleich von Kaltmiete und monatlicher Kreditrate bei einem Kauf – lesen Sie unter folgendem Link: Mieten oder Kaufen in Leipzig: Was sich in welchem Stadtteil lohnt. Falls die Zinsen irgendwann wieder deutlich steigen oder durch das Platzen einer Immobilienblase die Preise sinken, hätte das enorme Auswirkungen auf die Rentabilität eines Wohnungskaufs im Jahr 2021. Sparkassen-Expertin Berger rät folglich: „Die heutigen niedrigen Zinsen machen viele Wohnträume möglich und sollten genutzt werden, um schneller zu entschulden.“ Richtig ausgewählt, sei die Immobilie eine ausgezeichnete Altersvorsorge und werfe bei überschaubarem Risiko eine gute Rendite ab. Aber das Mehr an Freiheit, sich seinen Wohntraum unabhängig von einem Vermieter zu gestalten, bedeute auch geringere Flexibilität bei sich verändernden Lebensumständen – zum Beispiel einem Wechsel des Arbeitsortes, Jobverlust, Trennung, neue Liebe, Auszug der Kinder, ein Unfall oder langer Auslandsaufenthalt. Mieten in Leipzig hat Vorteile: keine sechsstelligen Schulden bei der Bank: „Findet man eine günstige Wohnung und die Immobilien- und Mietpreise steigen weiter, ist ein Kauf überlegenswert“, fasst es Verbraucherschützerin Schröder zusammen. Wer diszipliniert und gut überlegt anderweitig fürs Alter vorsorgt, könne dabei langfristig auf eine ebenso gute Verzinsung des Eigenkapitals kommen. Mieter seien viel flexibler, wenn sich ihre Lebensumstände ändern. Sie könnten bei Geldsorgen in eine kleinere Wohnung umziehen. Sie müssten sich nicht ständig um ihre Immobilie kümmern, Angst vor Schäden am Haus haben, Reparaturen oder Abrechnungen selbst managen. Es könne auch nicht jeder Mensch gut schlafen, in dem Wissen, noch sechsstellige Schulden bei einer Bank zu haben. Letztlich sei das eine Frage des bevorzugten Lebensstils – und des individuellen Typs. Andererseits gebe es klare Vorteile bei einem Immobilienerwerb: etwa der regelmäßige Vermögensaufbau sowie mehr finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit im Alter. Dann ist der Käufer zumeist wieder schuldenfrei. Bei Mietern stünden die monatlichen Zahlungen eben nicht für Vermögensaufbau und Altersvorsorge zur Verfügung, was vor allem im Rentenalter zum finanziellen Problem werden könne. Die Verbraucherzentrale Sachsen berate gern individuell rund um das Thema „Baufinanzierung“, so Schröder. Termine können online oder telefonisch unter 0341 6962929 vereinbart werden. Lesen Sie dazu auch: Das Immobilien-Dossier: Bauen und Wohnen in Leipzig Von Juliane Groh und Jens Rometsch