Corona: Leipziger Museen wollen für Schulen öffnen

Die nächste Sonderschau wird sich mit Sperrgebieten beschäftigen. Und das passt irgendwie, weil nicht nur das Leipziger Naturkundemuseum Menschen derzeit aussperren muss – wie so viele Einrichtungen, die sich den Corona-Verordnungen zu beugen haben. Dabei haben die Museen mit ihren Hygienekonzepten vieles getan, um ihren Gästen einen sicheren, regulierten Besuch zu ermöglichen. Nun rücken zunehmend die Schulen ins Visier, weil dort inzwischen die Infektionszahlen steigen und sich auch Jugendliche anstecken. Erwartet wird, dass in der kommenden Woche schärfere Regeln kommen – bis hin zum Unterricht in getrennten Klassen. „Wir befürchten, dass der Präsenzunterricht wieder aufgelöst wird, viele Kinder wieder zu Hause lernen müssen. Homeschooling funktioniert aber nicht, das weiß ich aus eigener Erfahrung“, sagt Ronny Maik Leder, der Direktor des Naturkundemuseums, der selbst zwei Grundschulkinder hat. „Die psychische Belastung ist für alle enorm hoch.“ Direktoren wollen Arbeitspapier vorlegen: Deshalb würden die städtischen Museen gerne ein Hilfsangebot machen – und Räume für den Unterricht bereitstellen. Auch das Stadtgeschichtliche Museum, das Grassi-Museum für angewandte Kunst und das Bildermuseum sind dabei. Am Donnerstag wollen sie ein Arbeitspapier vorlegen. „Wir sind außerschulische Bildungseinrichtungen. Bei aller Vorsicht, die Corona-Pandemie einzudämmen, ist unsere Rolle jetzt wichtiger denn je“, findet Anselm Hartinger, der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums. „Viele Schüler brauchen neue Reize. Da können wir mit Räumen, die derzeit ohnehin geschlossen sind, aushelfen. Aber auch mit thematischen Kurzführungen.“ Etwa im Haus Böttchergäßchen, aber auch in der Alten Börse. „Auch in unseren Räumen kann problemlos eine halbe Klasse unterrichtet werden“, ergänzt Leder. Als Unterstützung stehen auch die Museumspädagogen bereit, die zwar keine Bio-Leistungsklasse unterrichten, aber in ihren existierenden Bildungsprogrammen vieles vermitteln könnten. Das sei sechs, sieben Mal am Tag für halbe Klassen möglich. Derzeit lasse die Gesetzeslage dies in Sachsen allerdings nicht zu – in Thüringen wiederum habe die Landesregierung die Türen für kostenlose Bildungsangebote geöffnet. Hartinger; „Ich mache mir Sorgen um die Schüler, wie um die Zivilgesellschaft. Wir alle brauchen schöne Erlebnisse, sonst werden wir wirklich krank.“ Positives Signal für Freude am Lernen: „Ich stelle zunehmend fest, dass Kinder die Probleme auf sich projizieren und die Fehler bei sich suchen“, konstatiert Leder. Etwa wenn sie sagen, sie wollten nicht dafür verantwortlich sein, dass ihre Großeltern durch das Virus sterben. Oder Größere konstatieren, dass ein Abitur in der Krise ohnehin keinen Sinn mache. Derzeit werde viel Angst geschürt – auch in den Schulen. „Deshalb müssen wir den psychischen Effekt abmildern und ein positives Signal setzen, Spaß und Abenteuer am Lernen vermitteln“, erklärt er. Gerade in der trüben Jahreszeit sei es wichtig, dass die Gesellschaft nicht in die Depression rutsche. Derzeit werden nur wirtschaftliche Folgen der Pandemie diskutiert. Weniger die menschlichen. Deshalb sei es wichtig, das enorme Potenzial der Kultureinrichtungen zu nutzen. „Wir wollen die Politik nicht kritisieren. Sie vielmehr dabei unterstützen, den Bildungssektor nicht ins Abseits laufen zu lassen.“ Die Gesellschaft müsse durch Erlebnisse und verantwortbare Formate wieder mehr Resilienz – also psychische Abwehrkraft – bekommen. Dabei könnten sich die Museen auch vorstellen, andere kommunale Einrichtungen wie Theater zu begeistern. Von Mathias Orbeck