Das Alte Rathaus in Leipzig wird weiter saniert

Die meisten Vitrinen im Alten Rathaus sind leergeräumt. Anders als im Grünen Gewölbe in Dresden haben da aber keineswegs böse Buben die Finger im Spiel. Coronabedingt ist die für viele Festveranstaltungen genutzte „gute Stube“ am Markt ohnehin seit längerem zu. Deshalb kann die Sanierung des Festsaales früher beginnen als ursprünglich vorgesehen. Im Alten Rathaus sind viele elektrische Leitungen sowie der Brandschutz veraltet, durchaus reale Gefahren für Besucher und die Sammlungen sollen nun behoben werden. Dafür müssen einige hundert Meter neue Kabel verlegt werden, was in dem historischen Gebäude so behutsam und sensibel wie möglich erfolgen muss. Auch die Fenster werden erneuert. Seit Monaten arbeiten Architekten und Fachplaner an Details für den Bauablauf. „Das wird für alle eine besonders Herausforderung. Kuratoren und Museologen denken sich in die Welt des Baus hinein, wie umgekehrt die Baufachleute in die eines Museumsbetriebes“, erläutert Ansgar Scholz vom städtischen Kulturamt, das den Bau koordiniert. Das Alte Rathaus wird – bis auf die Ausstellung „Moderne Zeiten“ im zweiten Obergeschoss – über ein Jahr lang bis Anfang 2022 geschlossen bleiben. Die Ausstellung zur neueren Leipzig-Geschichte wird allerdings spätestens nach dem Lockdown wieder zugänglich sein. „Eine schöne Chance, Leipzigs Moderne zu entdecken“, blickt Anselm Hartinger voraus, der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums. Sammelobjekte werden verpackt und gesichert: Derzeit sind vor allem die Museumsleute gefordert, die 1200 Sammelobjekte aus dem ersten Obergeschoss verpacken, sichern und einlagern müssen. „Das wird ein gewaltiger Akt. Das gesamte Team ist beteiligt“, betont Hartinger. Immerhin: 13 voll ausgestattete Räume, der Festsaal und die Ratsstube müssen durchforstet werden. Urkunden, Bücher, Kunstwerke, Installationen und Ausstellungsarchitektur aus den verschiedensten Materialien kommen eine Zeitlang weg. Dazu gehören auch großformatige Gemälde wie die Fürstenbilder, die gleich gereinigt und restauriert werden sollen. Das passiert direkt im Gebäude, um sie nicht transportieren zu müssen. „Die Vitrinen, Kamine und Einrichtungsmöbel müssen gesichert und gut verpackt werden, damit nichts beschädigt oder verschmutzt wird“, ergänzt Kuratorin Maike Günther. „Weiteres Kunstgut gelangt in die Depots unseres Museums.“ Dazu gibt es einen ausgeklügelten Plan für jeden Raum. Die 200 historischen, nicht stapelbaren Stühle im Festsaal sind übrigens bereits eingelagert. Das Stadtmodell ist mit Plane und Holzüberbau geschützt. Ein Teil der Objekte – etwa das berühmte Bach-Porträt von Elias Haußmann oder die Sänfte als erstes „Leipzig-Taxi“ – werden zunächst in einer Sonderschau im Haus Böttchergäßchen zu sehen sein. Die heißt „Kennzeichen L“ und soll sich voraussichtlich ab Mai 2021 mit der Identität Leipzigs beschäftigen. Neues Lichtkonzept, mehr Aufenthaltsqualität: Geplant ist, die „Willkommenssituation“ und Aufenthaltsqualität zu verbessern. Die derzeitige Garderobe wird platzsparend und mit Schließfächern erneuert, der Kassenbereich umgebaut. „Bei Veranstaltungen kann der Tresen ausgefahren werden, der in dieser Größe im Museumsalltag nicht benötigt wird“, so Hartinger. Sitzmöbel und eine digitale Station laden zum Verweilen ein und geben erste Einblicke in den Renaissancebau und seine Geschichte. Ermöglicht wird, im Eingangsbereich einfach mal auf den Markt zu schauen. „Wir planen ein völlig neues Lichtkonzept, das den Festsaal auch optisch aufwertet und Kostbarkeiten der Architektur glanzvoll in Szene rückt“, kündigt Hartinger an. Innenarbeiten schon früher geplant: Die Gesamtkosten der Umbauarbeiten belaufen sich auf etwa 2,5 Millionen Euro – inklusive der bereits erfolgten Sanierung der Fassade. „Es ist eine großartige Nachricht, dass Stadtrat und Verwaltung die dringend notwendige Sanierung auch in Corona-Zeiten unterstützen“, freut sich Hartinger. Der Turm sowie das defekte Uhrwerk der Turmuhr sind ebenfalls schon erneuert. Die Innenarbeiten waren eigentlich schon für 2019 geplant, mussten dann aber aus Geldmangel verschoben werden. Die Wiedereröffnung des kompletten Alten Rathauses ist fürs erste Quartal 2022 geplant. Von Mathias Orbeck