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Wundteam und das Stoma-Team: Zwei besondere Pflegeeinheiten am UKL

Das Wundteam versorgt auf Station eine größere offene OP-Wunde am Bauch eines Patienten.

Das Wundteam versorgt auf Station eine größere offene OP-Wunde am Bauch eines Patienten.

Leipzig. Zur Spitzenmedizin eines Universitätsklinikums gehört die Hochleistungspflege. Die Anforderungen sind hoch, die Arbeit ist spezialisiert, viele Teams arbeiten interdisziplinär und bestehen aus verschiedenen Berufsgruppen. Ihr Auftrag: die ihnen anvertrauten Menschen fürsorglich, kompetent und professionell während des Klinikaufenthaltes zu begleiten und zu unterstützen. Im Mittelpunkt aller pflegerischen Handlungen an den Patient:innen steht, die Gesundheit zu erhalten und wiederherzustellen sowie Schmerzen und Leid zu lindern.

Zwei Teams innerhalb der vielfältigen Gruppe der Pflegenden am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) mit speziellen Aufgaben sind das Wundteam und das Stoma-Team. Sie betreuen ihre Patient:innen UKL-weit, immer dort, wo ihre besondere Fähigkeiten benötigt werden. Zum Tag der Pflege am 12. Mai gewähren sie einen Einblick in ihre Arbeit.

„Große Wunden brauchen viel Zeit“: das Wundteam des UKL

Das Wundteam des UKL besteht seit 2005 und seit 2012 aus drei Krankenschwestern mit der Zusatzqualifikation „Wundexperte nach I.C.W. e.V. und Fachtherapeut Wunde“. ICW steht für „Initiative chronische Wunde“. Schwester Karen Hoffmann leitet das Team von Anfang an. „Die Behandlung von Problemwunden stellt eine komplexe und sehr umfangreiche Herausforderung für alle an dem Behandlungsprozess Beteiligten dar“, sagt sie.

Problemwunden sind solche, bei denen Komplikationen während der Heilung auftreten. Das Aufgabengebiet erstreckt sich über alle Fachgebiete und Altersgruppen sowie stationäre als auch ambulante Patient:innen am UKL. Anders, als zum Beispiel Wundschwestern im ambulanten häuslichen Bereich, die dort eher das behandeln, was man chronische Wunden nennt, haben es Schwester Karen und ihre Kolleginnen Aline Piek und Susan Wetzig eher mit akuten Wunden zu tun, mit Infektionen oder Heilungsstörungen, die durch die schiere Größe der Wunde entstehen.

Sie sind im gesamten Klinikum unterwegs, um Patient:innen mit komplizierten oder schlecht heilenden Wunden zu versorgen: Teamleiterin Karen Hoffmann, Susan Wetzig und Aline Piek (v.r.n.l.) vom UKL-Wundteam.

Sie sind im gesamten Klinikum unterwegs, um Patient:innen mit komplizierten oder schlecht heilenden Wunden zu versorgen: Teamleiterin Karen Hoffmann, Susan Wetzig und Aline Piek (v.r.n.l.) vom UKL-Wundteam.


Den Aufwand und den Bedarf an Pflege von Menschen mit komplizierten und/oder schlecht heilenden Wunden sieht Karen Hoffmann als große Herausforderung: „Das verlangt von uns ein hohes Maß an Fachlichkeit, Wissen in verschiedenen Fachgebieten, zum Beispiel über Diabetes oder Immunstörungen, und Einfühlungsvermögen. Warum heilt die Wunde nicht? Für eine Antwort müssen wir in alle Richtungen denken und uns dann an die entsprechenden Fachleute aus dem ärztlichen Bereich wenden“, erläutert sie die Herangehensweise.

Zu ihren Aufgaben gehören neben denen der Pflege und Maßnahmen zur Wundheilung auch die Symptom- und Beschwerdenkontrolle. „Das bedeutet, wenn die Wunde nicht heilt, müssen wir einen neuen Ansatz finden“, erklärt Schwester Karen.

Wege zur Selbstversorgung zu Hause

Das Arbeitsspektrum des Teams umfasst alle Wundheilungsstörungen, ganz gleich, welchen Ursprungs, wie zum Beispiel große postoperative Wundheilungsstörungen, Ulzera Cruri („Offene Beine“), Diabetisches Fußsyndrom („Offene diabetische Beine“), Verbrennungen, Dekubitus und viele mehr.

„Es ist uns sehr wichtig, die krankheitsbedingten Einschränkungen so niedrig wie möglich zu halten und den Betroffenen Möglichkeiten und Wege der Selbstversorgung zu zeigen“, sagt Teamleiterin Hoffmann. Dazu gehört auch, die Wundversorgung für die Zeit nach dem Klinikaufenthalt sicherzustellen: „Wir organisieren bei Bedarf Pflegedienste oder externe Wundschwestern in ganz Deutschland.“ Hierzu bedienen sie sich eines aktiven Netzwerks von Wundschwestern oder so genannten externen Wundnachversorgern.

Wie alle Bereiche entwickelt sich auch die Wundversorgung immer weiter. Schwester Karen nennt ein Beispiel: „Bei Heilungsstörungen offener Wunden galt früher, Wunden müssten trocken sein.“ Heute jedoch gelte ein völlig anderer Ansatz: „Die Zellen des Körpers bestehen zu einem Großteil aus Wasser, die benötigen Feuchtigkeit, auch bei der Wundheilung. Daher gilt heute: feucht zu feucht und trocken zu trocken“, berichtet sie.

„Wir haben uns neben der zeitgemäßen hydroaktiven Wundversorgung, dem Standard, auch auf die speziellen Unterdruckwundtherapieformen spezialisiert.“ Diese sind eine gute ­Variante für große, tiefe Wunden, die viel Flüssigkeit absondern. Mittels eines Polyurethanschwamms, einer Art grobporigem Schaumstoff, wird durch Komprimierung ein Unterdruck erzeugt, der alles wegsaugt, was einer Heilung im Wege steht.

 

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„Neues Gewebe wird so stärker animiert, sich zu bilden. Und der große Vorteil für die Patient:innen: Dieser Vorgang ist nur alle drei bis vier Tage nötig“, hebt Karen Hoffmann einen nicht unwichtigen Aspekt für die Betroffenen hervor.

Organisatorisch ist das Wundteam dem ­Bereich Plastische Chirurgie von Prof. Stefan Langer innerhalb der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie zugeordnet – gelten die Tätigkeiten des Teams doch als ausschließlich „ärztlich delegierbar“, das heißt, dass eigentlich ärzt­liche Tätigkeiten in der Durchführung der Maßnahmen an das Wundteam übertragen werden. Naturgemäß besitzt der Bereich Plastische Chirurgie viele Schnittpunkte zur Wundversorgung.

Karen Hoffmann hatte lange Zeit auf der neurologischen Intensivstation als Stations­leiterin gearbeitet, bevor sie sich beruflich verändern wollte. „Das Tolle am Anfang war auch, dass ich das Konzept für mein eigenes 1-Frau-Team selbst definieren konnte“, erzählt sie. Seither seien die Aufgaben stetig gewachsen: „Beispielsweise werden wir nun selbst in die Auswahl und den Einkauf von Wundheilungsmaterialien mit einbezogen.“

Zu dritt behandelt das UKL-Wundteam zirka 30 Patient:innen am Tag. „Für die jeweiligen Stationen bedeutet unsere Arbeit eine spürbare Entlastung, denn große Wunden brauchen viel Zeit.“

„Stoma- und Kontinenzversorgung, ein sensibles Thema“: das Stomateam am UKL

Ein Stoma (Öffnung) ist eine künstlich angelegte Körperöffnung, die den Darm mit der Körperoberfläche verbindet und den Darminhalt ausleitet. Durch die Anlage eines ­Stomas lassen sich bestimmte Krankheiten, wie beispielsweise Morbus Crohn oder onkologische Erkrankungen wie Darmkrebs behandeln.

Häufig werden Stomaanlagen temporär angelegt, um den operierten Teil des Darms vor Darminhalt zu schützen. Denn, wenn der Darminhalt vor der betroffenen Stelle über das Stoma ausgeleitet wird, kann der operierte Bereich in Ruhe ausheilen. Jedoch kann es vorkommen, dass der Darm an einer Stelle dauerhaft so geschädigt ist, dass der Speisebrei nicht mehr ungehindert hindurchfließt, zum Beispiel bei einem Ileus.

Unter einem Ileus versteht man einen vorübergehenden Stillstand der Darmperistaltik, also der Bewegungen des Darms. Dann wird das Stoma so angelegt, dass der Darminhalt vor der Schädigung abfließen kann. Bei der Stomaanlage wird ein Teilstück des Dünn- oder Dickdarms durch die Bauchdecke ausgeleitet.

Für die Pflege und Versorgung von Menschen mit einem Enterostoma (künstlicher Darmausgang), einem Urostoma (künstliche Harnableitung) oder mit speziellen Wunden im ­Bereich der Stomaanlage benötigt man Fachkräfte mit umfangreicher Qualifikation. Dafür steht am UKL das „Expert:innenteam für Stomamanagement“ zur Verfügung, welches im gesamten Klinikum zur Unterstützung angefordert werden kann.

Das „Expert:innenteam für Stomamanagement“ des UKL (v.r.n.l.) mit Leiterin Damaris Herrmann (Wundexpertin I.C.W. und Pflegeexpertin FgSKW= Fachgesellschaft für Stoma, Kontinenz, Wunde), Astrid Grabitzki (Pflegeexpertin FgSKW), Kirsten Lincke (Pflegeexpertin FgSKW), Ute Fischer (Stomafachkraft) und Marion Ackermann (Stomafachkraft). Das Team ist im Klinikum direkt der Pflegedienstleitung unterstellt.

Das „Expert:innenteam für Stomamanagement“ des UKL (v.r.n.l.) mit Leiterin Damaris Herrmann (Wundexpertin I.C.W. und Pflegeexpertin FgSKW= Fachgesellschaft für Stoma, Kontinenz, Wunde), Astrid Grabitzki (Pflegeexpertin FgSKW), Kirsten Lincke (Pflegeexpertin FgSKW), Ute Fischer (Stomafachkraft) und Marion Ackermann (Stomafachkraft). Das Team ist im Klinikum direkt der Pflegedienstleitung unterstellt.


„Haben die Viszeralchirurg:innen die Entscheidung getroffen, dass ein Patient eine ­Stomaanlage erhalten soll, bekommen wir einen klinischen Auftrag. Dann markieren wir vor der Operation die ideale Position des Stomas, damit der Patient dieses so eigenständig wie möglich versorgen kann“, erläutert Schwester Damaris. Sollte der Operateur während seiner Arbeit feststellen, dass die vom Stoma-Expert:innenteam vormarkierte Stelle im zu operierenden Gebiet so nicht möglich ist, obliegt es ihm, die Stomaausleitung anzupassen.

„Um ihre neue Lebenssituation zu akzeptieren, braucht es bei den Betroffenen viel Zeit für Gespräche mit teilweise psychosozialer Betreuung. Da ist ein hohes Maß an Empathie und Fachkompetenz gefragt“, so die Teamleiterin.

„Die Patient:innen werden von einem persönlichen Ansprechpartner aus unserem Team nach der OP zur Selbstversorgung angeleitet, damit sie nach Entlassung ihr Stoma eigenständig versorgen können. Auf Wunsch können auch Angehörige und Homecare­Unternehmen bei schwierigen Stoma- und Fistelversorgungen eine Anleitung noch in der Klinik erhalten“, sagt Damaris Herrmann.

Damaris Herrmann (re.), Leiterin des Stomateams, und ihre Kollegin Ute Fischer am Bett eines Patienten. Sie zeigen und erläutern ihm Aufbau und Funktion des Stomas, das er erhalten wird, so dass er es später auch eigenständig versorgen kann.

Damaris Herrmann (re.), Leiterin des Stomateams, und ihre Kollegin Ute Fischer am Bett eines Patienten. Sie zeigen und erläutern ihm Aufbau und Funktion des Stomas, das er erhalten wird, so dass er es später auch eigenständig versorgen kann.


Das Stomateam betreut nicht nur Erwachsene, sondern auch Frühgeborene, Säuglinge und Kinder. Im Kontinenzbereich leiten sie sowohl Frauen als auch Männer wegen ­Blasenentleerungsstörungen unterschied­lichen Ursprungs zur Selbstkatheterisierung (ISK) an. Schwester Damaris: „Es bedarf bei diesem doch sehr intimen Thema viel Einfühlungsvermögen, Zeit und Geduld.“

Durch die kurze Liegedauer der Patient:innen ist eine intensive, tägliche Betreuung durch das Team notwendig. Manche Erkrankungen führen zu Fistelbildungen, welche häufig eine viel komplexere Versorgung nach sich ziehen. Auch neben oder um das Stoma herum können Wunden auftreten, zum Beispiel Naht­dehiszenzen, das Auseinanderweichen von Gewebeschichten beziehungsweise Wundrändern, oder auch Läsionen und Wundheilungsstörungen, die eine zeit­intensivere Pflege erfordern.

„Darüber hinaus ist uns eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen wie Ärzt:innen, Psychoonkolog:innen, Sozialarbeiter:innen oder dem Ernährungsteam wichtig. Auch eine enge Zusammenarbeit und Anleitung von Kolleg:innen der verschiedenen Stationen liegt uns am Herzen“, betont Schwester Damaris.

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