Kein Science-Fiction, sondern großes Potenzial

Metaverse: ein Schritt in Richtung neue Welt

Der Übergang vom Realen ins Virtuelle scheint einfach zu sein.

Der Übergang vom Realen ins Virtuelle scheint einfach zu sein.

Die meisten haben es wohl längst vergessen: Das Metaverse wurde bereits eingeführt. Es passierte im Juni 2003. Die Firma Linden Lab richtete damals ihre Onlineplattform Second Life ein. Chief Marketing Officer Steven Feuling stellt heute auf Anfrage klar: „Second Life ist das Original-Metaverse.“

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Auf der Plattform können Menschen einander begegnen, sie können sich und ihre Umwelt gestalten und sogar miteinander handeln. In seinen besten Zeiten hatte Second Life mehr als eine Million regelmäßige User. 19 Jahre nach dem Start erfreut sich die Plattform bester Gesundheit.

Eigentlich gibt es mehrere Metaversen

Wer über Metaverse sprechen will, der muss erst einmal verstehen, was sich hinter der Wortwolke verbirgt. Viele Konzerne mischen an der Definition mit, und einige sehen es gern maximalistisch.

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Der Konzern Meta, ehemals Facebook, beschreibt das Metaverse als eine Reihe „virtueller Räume“, in denen man gemeinsam mit anderen Menschen Dinge erkunden und erschaffen könne – auch wenn die Menschen nicht physisch anwesend seien.

Nach dieser Definition gibt es viele Metaversen: nicht nur Metas Plattform Horizon Worlds, nicht nur Second Life, sondern auch Konkurrenten wie das 2003 eingerichtete ­There. Auch Markenwelten wie Playstation Home und eine Reihe von Onlineplattformen zwischen Chatroom und Fortnite lassen sich so beschreiben.

Grundidee stammt aus Science-Fiction-Geschichten

Onlinewelten, in denen Menschen einander virtuell begegnen und in denen sie Freizeit miteinander verbringen, gehören zu den Grundideen des Internets. Zuerst erdacht wurden sie in Science-Fiction-Geschichten – häufig mit einem negativen Beigeschmack. Auch das Metaverse ist eigentlich eine abschreckend gezeichnete Schöpfung des Autors Neal Stephenson.

Welche Welten warum Erfolg haben, ist kein Geheimwissen. Feuling sieht „zwei wesentliche Elemente“, die den Erfolg von Second Life ausmachen. Erstens begegnen Menschen einander und finden andere, die ihre Interessen teilen. Zweitens können sie frei mit Services und virtuellen Gegenständen handeln – alles von Hauttexturen über Hochzeitskleider bis hin zu Hundeschnauzen kaufen Menschen dort für ihre Avatare.

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Ein besonders erfolgreiches Metaverse ist Fortnite. Nach jüngsten Zahlen hat Fortnite 350 Millionen aktive Nutzer und Nutzerinnen, die der Firma Epic Games mehr als 5 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr bescheren. Auf der Plattform wird nicht nur ein Onlineballerspiel ausgetragen, Menschen können hier auch Ausstellungen, Filmvorführungen und Musik­performances großer Stars besuchen. Kreativ austoben können sie sich auch. CEO Tim Sweeney hat kürzlich erklärt, dass etwa die Hälfte der Spielzeit auf Fortnite Inhalte betreffe, die nicht von Epic, sondern von anderen Creators geschaffen wurden.

Fortnites Erfolg zieht andere Firmen an. Im April hat die Lego Group eine Partnerschaft mit Epic Games angekündigt. Sweeney gibt ein gemeinsames Ziel aus: „Einen Raum im Metaverse bauen, der Kindern und Familien Spaß bietet.“

Manche Branchenkenner erleben bei solchen Ankündigungen ein Déjà-vu. Jeff Gerstmann, Urgestein des Spiele­journalismus, erinnert sich an zahlreiche virtuelle Welten. In seinem Podcast hat er als Folge des Deals prophezeit, Epic entwickle jetzt Markenwelten. Hier sollen sich Fans bestimmter Franchises treffen, miteinander spielen und Spaß haben.

Eine vergleichbare Digitalwelt zwischen Mall und Vergnügungspark war Playstation Home, das 2007 groß angekündigt und 2015 schon wieder eingestampft wurde. Damals zeigte sich: Solche Onlinewelten technisch ausgereift, unterhaltsam und einladend zu gestalten ist schwierig. Epic ist für Partnerschaften attraktiv, weil die Macher mit Fortnite bewiesen haben, dass sie es können.

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Lego plus Fortnite – das klingt nach Hunderten Millionen möglicher Menschen im besten Werbealter. Nach einer Revolution klingt es nicht – und erst recht nicht nach den Science-Fiction-Bildern eines Metaversums. Die Parallelwelt bleibt in diesem Szenario brav auf dem Bildschirm. Doch mit dem aktuellen Stand der Technik geht es wohl nicht viel weiter. Second-Life-Gründer Philip Rosedale hat noch vor wenigen Jahren darüber geschrieben, dass Virtual-Reality-Brillen sich im „Winter“ befänden – es brauche viel leichtere Brillen mit Durchsicht, die wir bequem den ganzen Tag über tragen wollten.

Timoni West, Vice President für Augmented und Virtual Reality bei der Entwicklerfirma Unity, betont, dass weder Ziel noch Messlatte klar definiert sind, wenn wir nach der „Ankunft des Metaversums“ fragen. Doch alle Technologie folge „ähnlichen Trends“: Zuerst werde Kapital in die Forschung gesteckt, dann stiegen die sogenannten Early Adopter für viel Geld ein, dann erreiche ein Produkt den Massenmarkt, und erst dann irgendwann werde es so allgegenwärtig und erschwinglich, dass es eine „echte Marktsättigung“ gebe – „so wie heute beim Handy“. Wann das Metaverse diesen Punkt erreicht? West schätzt: „2050 bis 2060.“

Jetzt schon stecke viel Technologie in fortschrittlichen Handys, die wir für ein räumliches, allgegenwärtiges Metaverse brauchen: Sprache, Gesichter und Objekte erkennen, dazu Ort und Lage genau bestimmen. „Diese Technologien ermöglichen alles von selbst fahrenden Autos über Roboter bis hin zu AR-Brillen.“ In den nächsten 20 Jahren würden diese Technologien billiger, und bis zur Marktsättigung dauere es dann noch einmal.

Was wäre, wenn Facebook seine Dienste in Europa abschaltet?

Der Facebook-Konzern Meta droht mit einem Rückzug aus der EU. Was wäre, wenn der Konzern dies tatsächlich wahr machen würde?

Es ist alles eine Frage der Perspektive

Das populäre Science-Fiction-Bild von der Alternativwelt hinter smarten Brillengläsern lässt also auf sich warten. Doch ob wir schon in einem Metaverse leben, ist eine Frage der Perspektive. Microsoft hat im März die Ergebnisse einer Arbeitsstudie veröffentlicht, nach der über die Hälfte der Menschen zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten will. Hunderte Millionen Menschen verbringen einen erheblichen Teil ihrer Freizeit in virtuellen Welten. Unsere Fantasie lebt bereits im Metaverse. Doch in aller Regel lässt sich das Wort ohne Bedeutungsverlust durch „Onlineplattform“ ersetzen.

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