Die Caravaning-Szene fährt bei der E-Mobilität hinterher
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/34CQUYTZPFCLLIKOZ2XFNFQRJA.jpg)
Genaue Daten zu der Plug-in-Version des künftigen T7-California nennt VW noch nicht.
© Quelle: VW
Der VW California wird elektrisch. Nein, die Nutzfahrzeugsparte von Volkswagen (VWN), zuständig für den kultigen Camper, hat noch nicht den von vielen heiß ersehnten ID.Buzz im Campingformat auf dem Caravan-Salon vorgestellt. VW hat in Düsseldorf lediglich ein Konzeptfahrzeug auf Basis des Multivans mit langem Radstand enthüllt, das im kommenden Jahr in Serie gehen wird und als Plug-in-Hybrid teilelektrifiziert sein wird. Mit dem Generationswechsel wird endgültig der California T6.1 abgelöst, von dem nur noch ein Restkontingent im Handel ist.
Mit der Messepremiere verbunden ist allerdings auch eine weniger erfreuliche Nachricht: Das Projekt eines ID.Californias auf Grundlage des ID.Buzz ist zunächst einmal verschoben worden. Der einst von Ex-VW-Chef Herbert Diess für 2025 angekündigte Termin für das Debüt des Elektrocampers sei nicht zu halten.
80 Kilometer Reichweite angepeilt
Genaue Daten zu der Plug-in-Version des künftigen T7-California nennt VW noch nicht. Das liegt auch daran, dass bis zum Verkaufsstart des Campers in 2024 noch ein Facelift anliegt und sich an der aktuellen PHEV-Variante mit 160 kW/218 PS Gesamtleistung, die bestenfalls 35 bis 48 Kilometer rein elektrisch fahren kann, noch etwas ändern soll. Da werden förderfähige 80 Kilometer Reichweite angepeilt. Zudem sollen Diesel- und Benzineralternativen weiterhin im Programm bleiben.
Am fast schon in Stein gemeißelten Innenraumkonzept des California hat sich einiges verändert. Zwangsläufig, hat doch der Multivan im Gegensatz zum T6.1 stets zwei Schiebetüren an Bord. Das ergibt neue Freiheiten. So lassen sich auf beiden Seiten jetzt eine Markise und ein Sonnensegel anbringen und mit Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten hüben wie drüben quasi drei Räume schaffen – zumindest bei schönem Wetter.
Der Küchenblock musste wegen des Durchstiegs zwar verkürzt werden, ist dank beidseitig ausziehbarer Schubladen, eines verschiebbaren Induktionskochfeldes und eines zusätzlichen Gaskochers aber drinnen wie draußen nutzbar.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/F6RB7Q2I5JFJZCBYE3NAI6P6UQ.jpg)
Am Innenraumkonzept des California hat sich einiges verändert.
© Quelle: VW
Außendusche und tiefgaragentauglich
Neu sind auch statt der Sitzbank in der Wagenmitte zwei Einzelsitze, die sich natürlich zum Bett (mit faltbarer Auflage) umbauen lassen. Da sie auch leicht komplett ausgebaut werden können, bieten sie mehr Flexibilität und bessere Durchlademöglichkeiten. Campingstühle werden in der Heckklappe verstaut. Der im Innenraum ebenso wie outdoor verwendbare Tisch wird unter dem Ablagebrett im Heck verstaut.
Auch eine Außendusche ist an Bord. Unterm Aufstelldach stehen wieder zwei Schlafplätze zur Verfügung. Mit eingefahrenem Dach soll aber auch der 5,17 Meter lange T7-Multivan-Camper unter zwei Metern Höhe und damit tiefgaragentauglich bleiben.
Hybrid als Zwischenlösung
Volkswagen wählt mit der Neuauflage des Campingklassikers den gleichen Weg wie die Ford-Werke, die unmittelbar vor dem Caravan-Salon bereits ihren neuen Nugget präsentiert hatten. Der steht auf einer neuen Plattform und wird beim bewährten Kooperationspartner Westfalia künftig auch in einer Ausführung als Plug-in-Hybrid an den Start gehen.
Beide Marken halten das Doppelherz aus Benzin- und Stromantrieb für eine gute Zwischenlösung auf dem Weg ins Elektrozeitalter, um den auch die Caravaning-Branche nicht herumkommen wird. Mercedes als Dritter im Bunde, der mit dem Marco Polo einen Camper im Eigenvertrieb anbietet, wählt dagegen einen anderen Weg, belässt es trotz anstehenden Facelifts von V-Klasse und EQV bei den Dieselvarianten und wird erst nach dem großen Generationswechsel 2026 dann gleich vollelektrische Wohnmobile, klein wie groß, auf den Markt bringen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/RY2WUQEXDVHCZPPWIBSXANNW34.jpg)
Mit dem E-Auto nach Dänemark: Muss laden – schon wieder
Mit dem Elektroauto auf einer Langstreckentour nach Dänemark: Es hätte richtig schön werden können – wäre da nicht diese Angst, plötzlich ohne Strom dazustehen. Doch zumindest an den Autobahnen ist für alles gesorgt. Ein Erlebnisbericht mit vier Rädern und einem Ladekabel.
Wäre ein vollelektrischer ID.California die bessere Lösung?
Zurück zu VW. Viele halten einen vollelektrischen ID.California ja für die bessere Lösung. Zumindest für 2025 kam aber nun aus Hannover der Rückzieher. Es werde weiterhin an einer solchen Variante des ID.Buzz gearbeitet, aber ein genaues Datum bis zur Fertigstellung könne man nicht nennen. Irgendwann in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wird es so weit sein, heißt es aus Hannover.
Da man dem ID.Buzz ähnliches Kultpotenzial zuspricht wie den herkömmlichen Generationen des VW Bullis, keimte in der Caravaningbranche die Hoffnung, dass auf den schwierigen Weg in die Elektromobilität durch die Einführung eines ID.California mehr Schwung und mehr Tempo hineinkommen werde. Dieser Optimismus hat einen kräftigen Dämpfer erhalten. Zumal das Bürstner-Projekt des ersten vollwertigen Elektroreisemobils in Serie, ein Lineo 590 Electric auf Ford-Transit-Basis, ebenso verschoben werden musste, und auch die vor zwei Jahren gezeigte Studie eines E-Teilintegrierten des Herstellers Knaus nicht richtig vorankommt.
Ausgebaute ID.Buzz-Camper
Aber gibt es nicht schon ausgebaute ID.Buzz-Camper? Gewiss, der externe Ausbauer Alpincamper hatte bereits zu Jahresbeginn den ersten VW-Vollzeitstromer präsentiert. Auf dem Caravan-Salon stehen nun neue Varianten des holländischen Herstellers Ventje und von Nord-Van aus dem schleswig-holsteinischen Neumünster auf den jeweiligen Ständen in der Campervanhalle. Warum können die das – und VW nicht?
Einen ID.California, oder wie immer die E-Version heißen wird, baut VW aus Platzgründen in jedem Fall erst auf dem langen Radstand des ID.Buzz auf. Der ist zwar bereits vorgestellt, kommt aber erst Anfang 2024. Aktuell können die Ausbauer deshalb nur den knapp unter fünf Meter langen Stromer mit kurzem Radstand ordern und müssen sich deshalb mit eher spartanischen, zum Teil modularen Ausstattungen ohne Aufstelldach begnügen, die dem hohen California-Standard nicht genügen würden.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CBDU3HZ6RJDCRGP3PWHMCUOBLQ.jpg)
Ein geräumiger Innenausbau der niederländischen Firma Ventje.
© Quelle: Ventje
Lediglich Ventje will auch ein eigenes, nach hinten öffnendes Dach anbieten, was den Preis dann aber über die 100.000-Euro-Marke treibt. Der ID-Bee von Nord-Van bietet ein großes Bett, eine Küche mit Cerankochfeld, Faltwaschbecken und Wassersystem, das auch eine Außendusche einschließt, eine Kühlbox sowie auf Wunsch eine Trockentoilette und ein Solarpaneel. Hier startet die Preisskala knapp über 80.000 Euro.
Caravaningszene fährt bei der Elektromobilität hinterher
Elektrocamper bleiben wohl noch eine ganze Weile eine Sache für (gut betuchte) Fans und Pioniere. Das liegt natürlich am Preis, an Reichweiten und vor allem am Gewicht, da gerade in der gewichtssensiblen Branche die schweren Batterien die oft knapp bemessenen Zulademöglichkeiten massiv einschränken.
Eine gerade in Arbeit befindliche Änderung der EU-Führerscheinrichtlinie sieht für den B-Führerschein zwar ein Anheben des Gewichtslimits für Wohnmobile von 3,5 auf 4,25 Tonnen für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben vor, greifen dürfte diese Änderung allerdings wohl erst 2025, wie Daniel Onggowinarso, der Geschäftsführer des Caravaningindustrie Verbandes Deutschland (CIVD) vermutet.
Erschwerend kommt für die Caravaningbranche die Chassisproblematik hinzu. Die bereits verfügbaren Elektrotransporter haben ihre großen Batterien im Fahrzeugboden verbaut. Dort, wo die Reisemobilhersteller normalerweise ihre Wohnraumtechnik sowie Frisch- und Abwassertanks verbauen. Und salopp gesagt, lässt sich für Entsorgungsrohre und -stutzen nicht einfach ein Loch durch ein Hochvolt-System bohren.
Auch die Cybersicherheit, für die es angeblich noch gar keine konkreten Vorgaben gibt, bereitet mit fortschreitender Digitalisierung Schwierigkeiten. Der Entwicklung im automotiven Sektor wird die Caravaningszene in puncto E-Mobilität also gewiss noch lange hinterherfahren.