„Mir geht das Kind kaputt“: Warum Deutschland seinen Jüngsten nach der Pandemie etwas schuldet
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Ein Junge steht vor einer Pfütze. In der Corona-Pandemie leiden Kinder in vielen Fällen unter Isolation, Streit im Elternhaus oder Problemen mit der Schule.
© Quelle: yavdat/stock.adobe.com
Lina saß im Badezimmer an jenem Abend, sie war schon im Schlafanzug, müde und nölig, vier Jahre alt. Es gab irgendeinen kleinen Zwist mit Mama, es ging ums Zähneputzen oder darum, dass sie nicht mehr „Bibi Blocksberg“ gucken durfte. Da fing sie plötzlich an zu weinen. Alles brach aus ihr heraus, erzählt ihre Mutter Nadine Weimer – der ganze Frust der letzten Monate, die Angst, die Sehnsucht. „Mama!“, schluchzte Lina, tief verzweifelt. „Ich will tot sein! Lass mich endlich sterben, dann bin ich im Himmel. Und da gibt es kein Corona!“
Ihre Mutter war entsetzt. „Das ist so schockierend, wenn dein Kind so etwas sagt“, erzählt sie. „Lina ist vier. Mit vier sollte man Pupswitze machen und über Einhörner nachdenken, aber nicht über den Tod.“ Sie nahm Lina in den Arm, sie kuschelte sich neben sie ins Bett, sie erklärte und tröstete. Und dann, als Lina endlich schlief, ging sie ins Wohnzimmer und weinte.
Kinder verlieren in der Corona-Pandemie prägende Jahre
Lina ist eines von 10,6 Millionen Kindern unter 14 Jahren in Deutschland, sie lebt mit ihrer Mutter in einer norddeutschen Kleinstadt. Im Sommer 2019 kam sie in den Kindergarten, ein halbes Jahr später begann der erste Lockdown. „Es heißt immer: Die Kinder stehen an erster Stelle“, sagt Weimer. „Aber das stimmt einfach nicht.“
Es sind Fragen, die lauter werden in den hoffentlich finalen Monaten der Pandemie: Hat die Gesellschaft ihren Jüngsten zu viel zugemutet? Hat die Politik gar vorsätzlich auf die Improvisationskunst von 11,6 Millionen Familien gesetzt, um Büros und Fabriken offen halten zu können? Könnte es sein, dass Kinder in der alternden Republik kaum eine Lobby haben? Und könnte es sein, dass die massiven Folgen erst in Monaten und Jahren so richtig sichtbar sein werden?
Am Donnerstag nun wollen Bund und Länder bei einem weiteren Impfgipfel die Bedürfnisse der Jüngeren in den Blick nehmen. Sicher ist: Jeder Einzelne bringt massive Opfer in der Pandemie. Kinder aber sind ohne Impfung am längsten eingeschränkt. Sie verlieren prägende Jahre. Und sie spielten in der Debatte bisher vor allem als Schülerinnen und Schüler eine Rolle, kaum aber als Heranwachsende, die nicht nur Bildungsbedürfnisse haben. Ökonomen wie Bernd Raffelhüschen (63) werfen der Bundesregierung vor, sich bei ihrer Corona-Politik ganz an den Bedürfnissen der älteren Generation zu orientieren – weil sie die größte Wählergruppe stellen. Auch die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx sieht zwischen den Generationen „ein echtes Solidaritäts- und Gerechtigkeitsproblem mit sozialer Spannung“.
„Wie eine dunkle Wolke“: Kinder leiden unter Corona
Kinderrechte seien in der Corona-Krise „weitgehend ignoriert“ worden, kritisierte gar der Kindheitswissenschaftler Michael Klundt von der Hochschule Magdeburg-Stendal in einer Sitzung der Kinderkommission des Deutschen Bundestages. Bund und Länder seien ihrer Verpflichtung zur Fürsorge nicht nachgekommen, sondern hätten Kinder „wie Objekte behandelt“. Der Schutz des Kindeswohls sei zu Beginn sogar zu einem „Schutz vor Kindern“ gemacht worden. Sie seien als „die einzigen Super-Spreader des Virus‘“ hingestellt worden.
„Corona schwebt wie eine dunkle Wolke über den Kindern“, sagt Linas Mutter. „Sie haben keine Vorstellung davon. Corona hat kein Gesicht, man kann es nicht anfassen. Darum projizieren sie ihre Gefühle.“ Bei Lina war es der Grinch, der sie plötzlich tagelang ängstigte, der weihnachtshassende Tunichtgut aus dem Kinderbuch und -film. Lina hatte nur ein Bild von der grauslig-grünen Figur gesehen. Aber jetzt wollte sie nicht mehr in ihrem Zimmer schlafen. Sie wollte nicht mehr allein auf die Toilette. Sie hatte Angst vor dem Grinch. „Der Grinch“, sagt ihre Mutter – „das war Corona“.
Es scheint fast symbolhaft, dass ein hessischer Bürgermeister jüngst einen Lastwagen voller Splitt bestellte, um den örtlichen Skaterpark zuzuschütten – wegen Verstößen gegen die Hygieneregeln. Junge Menschen in Deutschland hören seit 14 Monaten, was alles nicht geht. Es sind engagierte Lehrer und Eltern, die dieses Defizit auszugleichen versuchen.
„Aufholprogramm“ der Bundesregierung: Das Wort ist verräterisch
Das freilich ist dasselbe Dilemma, vor dem die ganze Gesellschaft stand: Der Kampf gegen die Pandemie fordert Opfer ein, die anderswo neue Schäden verursachen. Nun aber, im Abklingen der Seuche, wäre Gelegenheit, auch den Anteil der Kinder und Jugendlichen zu würdigen und Angebote zu schaffen, die das emotionale Leid ebenso lindern wie das Bildungsdefizit.
Doch während die Regierung 9 Milliarden Euro allein in die Lufthansa pumpte, umfasst das „Aufholprogramm“ für Jüngere gerade mal 2 Milliarden Euro. Schon das Wort ist verräterisch. Aufholprogramm. Das klingt nach Leistungsrückstand und Defizitkorrektur. Als gehe es nur darum, den künftigen Arbeitnehmern in einem Crashkurs den Fehlstoff einzubimsen. Aber was ist mit dem Erlebnisrückstand? Wer ersetzt all die ausgefallenen Klassenreisen, Bolzplatzdramen und ersten Küsse auf Klammerbluespartys?
Fazit aus der Corona-Pandemie: „Junge Menschen zählen wenig in Deutschland“
Kein Zweifel: „Wenn jüngere Menschen mehr politische Macht hätten, sähe dieses Land ganz anders aus“, schreibt die „Spiegel“-Kolumnistin Margarethe Stokowski. Corona habe „mit pandemischer Gnadenlosigkeit offengelegt, wie wenig junge Menschen zählen in Deutschland“, urteilt der Gesellschaftskritiker Sascha Lobo. „Es ist natürlich nicht so, dass alle Alten und die gesamte Politik jugendfeindlich sind.“ Es gebe in jeder demokratischen Partei Leute aller Altersstufen, die sich für junge Menschen einsetzten. „Aber sie dringen viel zu selten durch die Alterslehmschicht ihrer eigenen Machtapparate.“
Kinder hielten viel aus, sagt Mutter Weimer. „Aber dann kommt irgendwann dieser eine kleine Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.“ Dieser Tropfen war ein Kindergeburtstag im Nachbargarten. Lina stand auf dem Rasen und sah über den Zaun. Sie sah zehn Kinder mit Oma und Opa. Sie sah Luftballons, Spiele, Toben, Kuchen, Kerzen. Sie sah all das, was sie seit Monaten nicht durfte. Erst stand sie minutenlang stumm da, dann fing sie an zu weinen. „Sie hat zwei Stunden ganz furchtbar geweint. Und sie hat gesagt: ‚Mama, du hast mich veräppelt! Du hast gesagt, man darf nicht feiern!‘“, erzählt ihre Mutter. „Ich habe versucht, ihr das zu erklären: ‚Weißt du, Lina, die nehmen Corona nicht ernst, wir schon. Und du bist ein kleiner Superheld.‘ Das hat sie ein bisschen getröstet.“
„Die Kinder wachen schreiend auf“
Aber Lina gehe es „dreckig. Sie tut sich weh. Sie kneift sich, sie kratzt sich, bis sie blutet. Sie boxt sich mit der Faust selbst ins Auge. Irgendwann dachte ich: Mir geht das Kind kaputt.“ Als Alleinerziehende mit Einzelkind durfte sie eigentlich die Notbetreuung im Kindergarten in Anspruch nehmen. Aber die Kita-Leitung sah das lange anders. „Da hieß es: Wir haben nur Plätze für Eltern, die arbeiten.“ Es lag auch viel im Ermessen der Einrichtungsleitungen.
Wie sehr ihre Kinder unter der Situation leiden, spürt auch Johanna Haase (44), Mutter von fünfjährigen Zwillingen. „Beide Kinder waren mit drei Jahren trocken“, sagt sie. „Das ist vorbei. Es passiert jetzt immer wieder, dass sie sich einnässen.“ Sie seien auch aggressiver geworden. „Kleinste Anlässe führen sofort zu Beißen, Kratzen, Hauen und Treten. Die sind schnell auf 180. Das war vorher ganz anders. Und sie haben Albträume. Sie wachen schreiend auf, weil sie fürchten, Mama und Papa könnten nicht mehr da sein.“
Der Eindruck der beiden Mütter: Die Frage, wie die psychischen Nachwehen der Pandemie bei den Jüngsten aufgefangen werden können, spielt in der politischen Debatte bisher eine untergeordnete Rolle.
Für die Politik sind Kinder „kleine Roboter, die zu funktionieren haben“
Sie lasse sich nicht anhängen, dass sie Kinder quäle, soll eine gereizte Angela Merkel in einer der endlosen Länderchefrunden gemurrt haben. Und scherzte in einem Gespräch mit 14 Elternteilen: „Eigentlich müsste ich zu jedem von Ihnen nach Hause kommen und mich drei Stunden um Ihre Kinder kümmern, damit Sie auch mal Sport machen können oder Zeit für etwas anderes haben.“ Die Politik, beklagt Linas Mutter Weimer, sehe Kinder vor allem „als kleine Roboter, die zu funktionieren haben“. Sechs von 15 Bundesministern sind kinderlos, ebenso die Kanzlerin. Es ist das kinderärmste Bundeskabinett aller Zeiten. Daraus freilich ein pauschales Desinteresse an Familienfragen abzuleiten, wie manche enttäuschte Eltern das tun, wäre falsch. Es war die kinderlose Familienministerin Antje Huber, die 1980 den „Mutterschaftsurlaub“ einführte. Und ihre damals noch kinderlose Kollegin Claudia Nolte sorgte 1996 für einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Drei- bis Sechsjährigen.
„Kinder können viele Belastungen gut verkraften und vergessen schnell“, sagt Janine Herzberger. „Aber sie sind keine kleinen Erwachsenen. Sie verarbeiten die Situation ganz anders.“ Herzberger ist Sprecherin der Bundeselternvertretung der Kita-Kinder. Sie beklagt seit Monaten, dass ausgerechnet die Kleinsten eine so große Last tragen sollen bei der Pandemiebekämpfung.
Es ist, so steht zu befürchten, eine Frage der Prioritäten. „Man hat sich darauf verlassen, dass sich die Eltern für die Kinder schon etwas einfallen lassen würden“, sagt Herzberger. „Die stille Erwartung lautete: Wer Kinder in die Welt setzt, muss sich auch kümmern.“
Das Dilemma war für die Politik kaum auflösbar
Es lässt sich nicht verhindern, dass in einer Pandemie auch Kinder und Jugendliche einen Teil der Bürde tragen müssen. Das Dilemma war auch für die Politik kaum auflösbar. Elterninitiativen bemängeln jedoch, dass der Wille gefehlt habe, zum Beispiel die Schulen pandemiesicherer zu machen, um sie nicht ganz so lange geschlossen halten zu müssen. Tatsächlich hätte eine vollständige Ausrüstung der deutschen Schulen mit Luftfiltern ein Sechstel der Summe gekostet, die der Bund allein in die Lufthansa steckte, hat die Universität der Bundeswehr in München ausgerechnet. Was außerdem fehlte: Sozialangebote in leerstehenden Turnhallen, kluge Ideen für improvisierten Freizeitsport. Das sind alles Themen, die auch jetzt noch wichtig sind – und angepackt werden müssen.
„Wir haben jetzt schon eine Ahnung davon, wie viele Kinder nach der Pandemie therapeutische Hilfe brauchen werden“, sagt Herzberger. Fast jedes dritte Kind zeigt psychische Auffälligkeiten, ergab die Copsy-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Vor der Krise war jedes fünfte Kind psychisch belastet. Besonders anfällig sind Menschen aus sozial schwachen Haushalten. Kinderärzte berichten von einer massiven Zunahme von Tickstörungen, depressiven Verstimmungen und Adipositas bei Kindern – von der Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt ganz abgesehen.
Pläne für frühere Schulöffnungen abgeschmettert: „Widerliche Durchseuchungsbefürworter“
Die Gesellschaft mute den Jüngeren in der Krise zu, „was wir für Erwachsene als nicht umsetzbar bezeichnen“, kritisiert auch Sina Denecke, Sprecherin der Initiative Familie, einem Verbund von Eltern aus elf Bundesländern, die seit März 2020 auf die Nöte der Kinder hinweisen. Eine Testpflicht für Erwachsene etwa habe lange als unzumutbarer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gegolten – bei Kindern aber war das kein Problem. „Und eine Pflicht zum Homeoffice? Da hieß es dann, es drohe Vereinsamung und es mangele an Technik. Für Schüler aber galt das nicht.“ Nur 0,6 Prozent der Summe, die der Bund bis Januar in die freie Wirtschaft investiert habe, floss in der Corona-Krise bis dahin in den Bildungsbereich, kritisiert der Verein.
Die Initiative setzte sich früh für eine Öffnungsperspektive der Schulen ein – durchaus laut, selbstbewusst und professionell. Dafür erntete sie Drohungen und Beschimpfungen. Anonyme Kritiker verschrieen sie in den sozialen Medien und in Mails als arbeitgebernahen Lobbyverband, als Pseudo-Graswurzelbewegung, die in Wahrheit eine neoliberale Öffnungsagenda betreibe. Von „widerlichen Durchseuchungsbefürwortern“ war die Rede, von „Covidioten und Lügnern, die russisches Roulette mit Kindern spielen“ und als „terroristische Vereinigung“ auch „Zigtausende Tote billigend in Kauf“ nähmen.
„Der Vorwurf lautet, wir wollten bloß unsere Kinder abschieben, um arbeiten zu können“, sagt Denecke. „Das ist alles Unsinn. Wir wollten ja gerade, dass statt der Schulen die Büros schließen. Aber die Diskussionskultur ist so dermaßen vergiftet.“ Aktivisten riefen gar bei Arbeitgebern an, um die Eltern zu diskreditieren.
Gerät man da auch mal an die Grenze? Sie macht eine Pause. Überlegt. „Ja“, sagt sie. „Des Öfteren. Aber Aufgeben war nie eine Option.“ Ihre Forderung: Kinder benötigten jetzt nicht nur ein schulisches Aufholprogramm, sondern psychische Stärkung. „Sie brauchen jetzt gute Erlebnisse.“
Kinder, die in der Pandemie Verantwortung für ihre Eltern tragen? „Eine massive Überforderung“
Gewiss: Viele Kinder stehen die Krise äußerlich unbeschadet durch. Nicht wenige Erwachsene sind der Auffassung, es gebe doch wenig Anlass zur Sorge über das Wohlergehen der Jugend. Man schalt stattdessen über „Corona-Partys“ und lästerte in sozialen Medien über die Feiersehnsüchte der Jüngeren, denen Maßhalten doch auch mal ganz guttue. Kinder brauchten aber „besonderen Schutz“, sagt Denecke. „Sie werden bei uns jedoch, anders als in anderen Ländern, nicht als gleichberechtigte Persönlichkeiten mit gleichen Rechten behandelt. Stattdessen müssen sie funktionieren. Das war schon früher so. Corona hat das Manko schmerzhaft aufgezeigt.“
Im Kern laute die Botschaft der Gesellschaft an die Kinder seit Monaten: „Du musst aufpassen, dass deine Eltern nicht sterben“, sagt Denecke. „Das ist eine massive Überforderung. Diese Verantwortung kann kein Kind tragen. Stattdessen sollten wir Erwachsenen uns viel mehr zurücknehmen, damit die Kinder sich entwickeln können.“ Kinder benötigten jetzt nicht nur ein schulisches Aufholprogramm, sondern psychische Stärkung. „Sie müssen Sport machen können, Urlaub machen, feiern. Sie brauchen jetzt gute Erlebnisse. Sie müssen frei sein können und Kinder sein dürfen. Kinder sind nicht nur Schüler. Das zu erkennen, sind wir ihnen schuldig.“
Perspektive nach Corona: Wie sollen Kinder lernen, was normal ist?
Stattdessen fordere die Gesellschaft von den Jüngeren „dieselben Leistungen wie zuvor, ohne zu berücksichtigen, wo sie emotional stehen“, beklagte die Kinderpsychotherapeutin Sigrid Müller-Hoogen im „Spiegel“. „Kinder sind von Anfang an in der Pandemie nicht als eigenständige Persönlichkeiten mit besonderen Bedürfnissen wahrgenommen worden, sondern als potenzielle Virenschleudern“, kritisierte dort auch der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger. Das hat Folgen: Die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung verzeichnet 60 Prozent mehr Anfragen für Kinder und Jugendliche als im Vorjahr.
Am Ende bleibt die Gewissheit: Nach dem Abklingen der Pandemie ist dieses Land seinen Kindern und Jugendlichen etwas schuldig. Denn eine Rückkehr in die Normalität, wie viele Erwachsene sie sich für sich selbst erhoffen, ist für sehr viele Kinder nicht ohne Weiteres möglich. Sie haben nicht schwimmen gelernt, sie konnten kaum Freunde finden, sie waren viel allein in einer Phase, in der Kinder Kinder dringend brauchen.
„Ich fürchte, viele der Kleineren haben verlernt, was normal ist. Wie teilt man? Wie spielt man in Gruppen? Wie spricht man fremde Menschen an?“, sagt Denecke. „Und die größeren Kinder unterdrücken ihre Bedürfnisse. Aber Kindergesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Covid-19.“
Schule kann warten: Ein Jahr als Geschenk
„Ich werde mich mit Händen und Füßen nach der Pandemie wehren, dass die Kinder ihre Freizeit, Wochenenden oder Urlaube Lernstoff opfern müssen“, sagt die Autorin Patricia Cammarata. „Es wird nur eins aufgeholt: Freundinnen treffen, unbeschwert sein, toben und spielen.“
Lina hat ihre Oma jetzt fast ihr halbes Leben lang nicht gesehen. Sie könnte nach dem Sommer die Grundschule besuchen. Ihre Mutter hat sich dagegen entschieden. Lina bleibt noch ein Jahr im Kindergarten. „Sie ist noch kein einziges Mal richtig Laternelaufen gegangen, sie hat keinen einzigen Kita-Ausflug erlebt, gar nichts. Sie musste funktionieren und Hände waschen“, sagt Nadine Weimer. „Dieses eine Jahr kriegt sie jetzt noch.“