Corona-Impfstoffe: Wie gut schützen sie vor Virusvarianten?

Altenpflegerin Jasmin Lasse impft in einem Impfzentrum in Sachsen-Anhalt. Derweil wird intensiv erforscht, wie geschützt Geimpfte auch gegen die neuen Varianten des Coronavirus sind.

Altenpflegerin Jasmin Lasse impft in einem Impfzentrum in Sachsen-Anhalt. Derweil wird intensiv erforscht, wie geschützt Geimpfte auch gegen die neuen Varianten des Coronavirus sind.

Berlin. Grundsätzlich gilt für alle Vakzine und die bisher in Deutschland bekannten Varianten des Coronavirus: Sich zu impfen bringt mehr Sicherheit vor einer schweren Erkrankung als dies nicht zu tun. Entwickelt wurden die in Deutschland verfügbaren Corona-Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna, Astrazeneca und Johnson & Johnson gegen den ursprünglichen Erreger-Typ, den sogenannten Wildtyp. Dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge sinkt die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, bei vollständig Geimpften im Vergleich zu Ungeimpften bei allen vier Impfstoffen um mindestens 80 Prozent. Doch wie sieht es mit der Wirksamkeit gegenüber den zirkulierenden Virusvarianten aus?

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Diese Virusvarianten sind derzeit in Deutschland verbreitet

Mit einem Anteil von rund 55 Prozent an den untersuchten Proben dominiert derzeit die zuerst in Großbritannien entdeckte Alpha-Variante (B.1.1.7) das Infektionsgeschehen in Deutschland. Der erstmals in Südafrika nachgewiesene Beta-Typ (B.1.351) und die Gamma-Variante (P.1) – bekannt aus Brasilien – liegen nach Angaben des RKI jeweils bei rund 1 Prozent.

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Jüngst hinzugekommen ist die Delta-Variante (B.1.617.2), die in Indien – und mittlerweile auch unter anderem in Großbritannien und Portugal – für ein diffuses Infektionsgeschehen sorgt. In Deutschland macht die Mutante aktuell 37 Prozent aller Neuinfektionen aus. Innerhalb einer Woche hat sich der Anteil von Delta mehr als verdoppelt.

Die Alpha-Variante

Das RKI geht davon aus, dass die Wirksamkeit des Biontech-Impfstoffes bei dieser Mutante im Vergleich zum Wildtyp nicht sonderlich abgeschwächt ist. Darauf weisen unter anderem Ergebnisse von Analysen in Israel und Großbritannien hin. Impfstoffhersteller Moderna teilte Ende Januar ebenfalls mit, dass sein Vakzin eine hohe, neutralisierende Wirkung gegen Alpha habe. Anders sieht es bei den Vektorimpstoffen aus: Das Präparat von Astrazeneca könne nach Einschätzung des RKI eventuell etwas weniger effektiv wirken. Die bisherigen Studien dazu seien allerdings nur „eingeschränkt aussagefähig“, da vergleichsweise wenige Fälle betrachtet worden seien. Auch die Wirksamkeit des Johnson-&-Johnson-Impfstoffes könnte etwas geringer ausfallen.

Die Beta-Variante

Laut RKI liegen zwar derzeit nur wenige Daten zu dieser in Deutschland selten vorkommenden Mutante vor, doch lassen diese auf eine „zumindest reduzierte Effektivität“ der Impfungen schließen. Nach einer Analyse in Katar kann der Biontech-Impfstoff bei Beta schwere und tödliche Krankheitsverläufe aber sehr gut verhindern. Beim Vakzin von Moderna ist es hingegen möglich, dass die Schutzwirkung schnell nachlassen könnte – das legt zumindest eine Analyse im Fachmagazin The Lancet nahe. Forschende beobachteten eine sechsfache Reduzierung der neutralisierenden Antikörpertiter im Zusammenhang mit Beta.

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Die Virusvariante beeinträchtigt ebenso die Wirksamkeit des Astrazeneca-Präparats. Eine Studie aus Südafrika, wo das Corona-Geschehen von Beta dominiert wurde, verdeutlicht, dass das Vakzin eine symptomatische Erkrankung weniger wirksam verhindern kann als beim Ursprungsvirus. Auch beim Mittel von Johnson & Johnson gibt es in den vorläufigen Daten nach Angaben der Europäischen Arzneimittel-Agentur Hinweise, dass die Wirksamkeit vermindert sein könnte.

Die Gamma-Variante

Diese Sars-CoV-2-Variante ähnelt Beta. Dem RKI zufolge deuten experimentelle Daten auch hier auf eine reduzierte Wirksamkeit der Impfungen hin. Doch eindeutige Studiendaten gibt es noch nicht. Eine britische Untersuchung von Mitte März kommt zu dem Ergebnis, dass die Astrazeneca- und Biontech-Präparate gegen Gamma wohl in etwa genauso wirken wie gegen Alpha – und damit besser als gegen die Beta-Variante. Eine US-Studie von Mitte Februar wiederum ergab, dass die Vakzine von Biontech und Moderna bei Gamma und Beta eine „signifikant verminderte“ Wirksamkeit haben könnten.

Die Gamma-Variante hat in Brasilien für einen rasanten Anstieg der Fallzahlen gesorgt.

Die Gamma-Variante hat in Brasilien für einen rasanten Anstieg der Fallzahlen gesorgt.

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Zur Wirksamkeit des Johnson-&-Johnson-Impfstoffes gegen Gamma lassen sich ebenfalls noch keine klaren Aussagen treffen. In einem Briefing-Dokument der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA ist von einer 66-prozentigen Schutzwirkung vor moderaten bis schweren Krankheitsverläufen die Rede, die während der klinischen Studien in Brasilien beobachtet wurde. Das lässt vermuten, dass das Vakzin auch vor Gamma schützt. Allerdings gab es in der Studie des Impfstoffherstellers keine Fälle mit dieser Virusvariante.

Die Delta-Variante

Weil die Delta-Variante erst seit einigen Wochen in Deutschland zirkuliert, gibt es hierzulande noch keine eindeutigen Daten zur Wirksamkeit der Impfstoffe. Allerdings sind kürzlich erste erfreuliche Ergebnisse aus Großbritannien bekannt geworden, wo die Mutante das Infektionsgeschehen inzwischen dominiert. Eine Studie der Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) kam zu dem Ergebnis, dass der Biontech-Impfstoff nach zwei Dosen zu 96 Prozent vor Krankenhausaufenthalten im Zusammenhang mit Delta schützt, beim Astrazeneca-Vakzin sind es 92 Prozent.

Expertinnen und Experten appellieren deshalb, unbedingt die zweite Impfung wahrzunehmen. „Wenn Sie angerufen werden, um Ihren Termin für die zweite Dosis vorzuziehen, zögern Sie nicht. Holen Sie sich die zweite Impfung, damit Sie den bestmöglichen Schutz genießen können“, sagte der für die britische Impfkampagne zuständige Staatssekretär Nadhim Zahawi.

Beim Impfstoff von Moderna zeigte sich in einer eigenen Untersuchung des Impfstoffherstellers eine geringfügige Reduktion der neutralisierenden Titer (2,1-fach) gegen die Delta-Variante. Das Vakzin bilde aber weiterhin ausreichend neutralisierende Antikörper gegen die Mutante, teilte Moderna mit.

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Johnson & Johnson lieferte vor wenigen Tagen ebenfalls zuversichtlich stimmende Ergebnisse zur Wirksamkeit seines Impfstoffes gegen Delta. Demnach schützt das Vektorvakzin nach einer einzigen Dosis zu 85 Prozent vor einem schweren Covid-19-Verlauf. Die Studie des Impfstoffherstellers, die auf dem Preprint-Server bioRxiv veröffentlicht wurde, muss noch von unabhängigen Expertinnen und Experten überprüft werden.

Impfstoffe lassen sich rasch anpassen

Doch ist eine möglicherweise verminderte Wirksamkeit mancher oder aller Impfstoffe bei Virusvarianten überhaupt ein Grund zur Sorge? Nicht wirklich, sagen Experten. Zum einen sehen sie vor allem den Schutz vor sehr schweren bis tödlichen Verläufen bei den derzeit im Fokus liegenden Varianten als weitgehend gegeben. Zudem ließen sich gegen bedrohliche Mutanten rasch angepasste Impfstoffe für eine Auffrischungsimpfung entwickeln. Das entspräche dann in etwa dem Vorgehen wie bei der jährlichen Grippeimpfung.

Wir haben diesen Artikel zuletzt am 06. Juli 2021 aktualisiert.

RND/dpa/lb

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