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Die wichtigsten Virusmutationen – und welche Impfstoffe gegen sie schützen

Ein Mann desinfiziert eine Unterführung. (Symbolbild)

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Immer wieder mutiert das Coronavirus und verändert dadurch seine Eigenschaften. Die neuen Varianten des Erregers sind zwar nicht unbedingt gefährlicher, werden aber meist schneller übertragen. Auch wirken Impfungen zum Teil schlechter gegen die Mutanten. Ein Überblick.

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Britische Variante B.1.1.7

Die Viruslinie B.1.1.7 wurde im Dezember erstmals in Großbritannien nachgewiesen und wird deshalb häufig auch als britische Variante bezeichnet. Allerdings ist sie auch in Deutschland inzwischen der vorherrschende Virustyp. Laut einem Bericht des Robert Koch-Instituts wurde B.1.1.7 in 88 Prozent von über 40.000 untersuchten Laborproben nachgewiesen.

B.1.1.7 weist mehrere Mutationen auf, darunter eine Veränderung des Spikeproteins, die als N501Y bezeichnet wird. Diese Veränderung scheint es dem Virus leichter zu machen, sich an menschliche Zellen zu binden und sie zu infizieren. Deshalb kann B.1.1.7 etwas schneller übertragen werden als die Ursprungsvariante des Virus.

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Einer Studie zufolge könnte die Viruslinie um etwa 35 bis 45 Prozent ansteckender sein. Nicht bestätigt hat sich hingegen die Vermutung, dass B.1.1.7 zu mehr schweren Verläufen mit Todesfolge führen könnte. In einer aktuellen Studie des University College London konnten Forscher keine höhere Sterblichkeit bei mit B.1.1.7 Infizierten feststellen.

Impfstoffe scheinen vor B.1.1.7 zu schützen

Die bisher in Deutschland zugelassenen mRNA-Impfstoffe scheinen ersten Studien zufolge auch vor Infektionen mit B.1.1.7 zu schützen. In einer Untersuchung israelischer Wissenschaftler hatte sich allerdings für den Impfstoff von Biontech/Pfizer gezeigt, dass nach Erhalt der ersten Impfdosis noch Infektionen mit B.1.1.7 auftraten, und zwar öfter als Infektionen mit der ursprünglichen Variante des Virus. Nach der zweiten Dosis sei aber auch gegen die britische Variante eine gute Schutzwirkung erzielt worden.

Für die Vakzine von Astrazeneca hat sich in einer Studie gezeigt, dass die Wirksamkeit gegen B.1.1.7 herabgesetzt zu sein scheint. Es wurde aber ein Schutz von etwa 70 Prozent vor symptomatischen Erkrankungen (nicht Infektionen) aufgebaut. Allerdings waren die Studienteilnehmer alle unter 55 Jahre alt. Die Impfung wird wegen des Verdachts auf schwere bis tödliche Nebenwirkungen bei Jüngeren nur noch für Personen ab 60 Jahren empfohlen. Bei ihnen ist generell von einem geringeren Impfschutz auszugehen.

Sonderform B.1.1.7 E484K

B.1.1.7 E484K ist eine Sonderform der britischen Variante, die aber bisher als sehr selten gilt. Sie weist im Spikeprotein die zusätzliche Mutation E484K auf, die auch bei der südafrikanischen Variante B.1.351 und der brasilianischen Variante P.1 vorkommt. E484K ist als Mutation von besonderer Bedeutung: Sie sorgt für eine Strukturveränderung der Spikeproteine auf der Oberfläche des Virus. Diese führt dazu, dass Antikörper schlechter an den Erreger binden können. Impfstoffe scheinen deshalb schlechter vor Varianten mit dieser Mutation zu schützen.

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In Deutschland kommt die Sonderform B.1.1.7 E484K bisher noch kaum vor. In mehr als 40 000 Proben in denen zuletzt B.1.1.7 nachgewiesen werden konnte, wurde die zusätzliche Mutation laut RKI nur in 43 Fällen festgestellt.

Südafrikanische Variante

In Südafrika wurde Ende vergangenen Jahres erstmals die Variante B.1.351 nachgewiesen. Auch sie weist mehrere Mutationen auf. Wie bei der britischen Variante findet sich bei der südafrikanischen Variante unter anderem die Genomveränderung N501Y, die für eine etwas höhere Infektiosität zu sorgen scheint. Außerdem wurde die Mutation E484K am Spikeprotein festgestellt, die bei der britischen Variante nur sehr selten vorkommt und dafür sorgt, dass sich das Virus Angriffen des Immunsystems besser entziehen kann. Dies ist vermutlich der Grund dafür, dass die bisher entwickelten Impfstoffe weniger gut vor Infektionen mit der südafrikanischen Variante schützen.

Astrazeneca-Impfungen in Südafrika ausgesetzt

Gezeigt werden konnte das vor kurzem für den Impfstoff von Biontech/Pfizer. So hatten israelische Forscher festgestellt, das Infektionen mit B.1.351 zu achtmal mehr Impfdurchbrüchen führten, als Infektionen mit anderen Formen des Virus. Auch beim Impfstoff von Moderna hatte sich in Antikörperstudien eine schlechtere Wirksamkeit gegen die Variante B.1.351 gezeigt. Impfungen mit der Vakzine von Astrazeneca waren in Südafrika sogar ausgesetzt worden: nicht wegen des Verdachts auf gefährliche Nebenwirkungen, wie in Europa, sondern wegen der offenbar nur sehr geringen Wirksamkeit gegen B.1.351.

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Laut einem aktuellen Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist in Deutschland bislang keine starke Ausbreitung der Variante B.1.351 zu beobachten. Ihr Anteil an den Neuinfektionen sei zudem seit einigen Wochen konstant, heißt es in der Veröffentlichung. Ende März wurde nur bei 0,8 Prozent der sequenzierten Proben eine Infektion mit B.1.351 festgestellt.

Brasilianische Variante P.1

Eine Virusvariante mit der Bezeichnung P.1 wurde zuerst im brasilianischen Staat Amazonas entdeckt. Ungefähr 90 Prozent der Neuinfektionen in Brasilien werden inzwischen der Variante P.1 zugerechnet. Die Mutationen der Linie ähneln zum Teil denen der südafrikanischen Variante, dazu kommen noch weitere Genomveränderungen. So weist auch P.1 zusätzlich zur Veränderung des Spikeproteins N501Y, die für eine höhere Infektiosiät sorgt, die „immune escape“-Mutation E484K auf.

Impfschutz bei P1 weniger stark herabgesetzt

Trotzdem scheint sich P.1 Angriffen des Immunsystems weniger stark zu entziehen als die südafrikanische Variante B.1.351, wie eine Preprint-Studie von Forschern der Universität Oxford gezeigt hat. Demnach könnte die Wirksamkeit von Impfungen bei P.1 nicht so stark herabgesetzt sein wie bei B.1.351. In Deutschland ist die brasilianische Variante P.1 laut Robert Koch-Institut nicht verbreitet und wurde erst vereinzelt nachgewiesen.

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Indische Doppelmutante

Die Variante wurde vor wenigen Wochen erstmals bei Stichproben aus dem indischen Bundesstaat Maharashtra nachgewiesen. Sie weist zwei Mutationen auf, die die Spikeproteine betreffen, und wird deshalb auch als Doppelmutante bezeichnet. Die Mutationen der Spikeproteine tragen die Bezeichnung E484Q und L452R. Die E484Q-Mutation ähnelt hierbei der „immune escape“ Mutation E484K, die sich auch bei der südafrikanischen und brasilianischen Variante findet. Es ist daher theoretisch möglich, dass auch bei ihr Impfungen schlechter wirken. Da die Variante erst neu entdeckt wurde, gibt es dazu aber noch keine gesicherten Erkenntnisse. Auch die indische Variante ist vermutlich infektiöser als der Urtyp des Virus.

Bretonische Variante

In der Bretagne war erstmals im März eine Virusvariante mit mehreren Mutationen entdeckt worden. Wissenschaftler hatten zunächst befürchtet, dass sich diese mit PCR-Tests nicht nachweisen lässt, da der Test bei einigen Patienten mit Symptomen negativ ausgefallen war. Vermutlich war dies aber auf den Zeitpunkt der Probenentnahme und nicht auf das Versagen der PCR zurückzuführen. So war das Virus zwar nicht in Abstrichen aus dem Nasen-Rachen-Raum, wohl aber bei einer Probenentnahme aus den tieferen Atemwegen nachzuweisen. Womöglich könnte die bretonische Variante bei Infizierten schneller von den oberen in die unteren Atemwege wandern, was dann bei der Testung zu beachten wäre. Anders als viele der anderen Varianten weist das Virus nicht die Mutation N501Y auf, die für eine höhere Infektiosität sorgen würde.

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