Wellness und Ernährung

Eine Woche Heilfasten im Selbstversuch – nichts als Saft und Suppe

Beim Heilfasten nach Buchinger wird täglich eine dünne Gemüsesuppe eingenommen.

Beim Heilfasten nach Buchinger wird täglich eine dünne Gemüsesuppe eingenommen.

Krankheiten vorbeugen, das Leben verlängern und sich dabei auch noch richtig gut fühlen – wer möchte das nicht? All diese positiven Effekte verspricht eine simple Methode: ein paar Tage lang nichts zu essen. Heilfasten nennt sich die Praxis, die fast überall auf der Welt eine jahrhundertelange Tradition hat. Auch wissenschaftlich wurden gesundheitsfördernde Wirkungen des Fastens festgestellt.

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Dass sich allein durch Verzicht so viel erreichen lässt, fasziniert mich. Ich beschließe also, es selbst einmal auszuprobieren. Und wann wäre eine bessere Gelegenheit dafür als in der Fastenzeit? Allein möchte ich die Prozedur dann aber doch nicht durchstehen müssen. Also buche ich ein einwöchiges Fastenseminar auf dem Fastenhof Behm im Norden Brandenburgs. Gemeinsam mit zwölf weiteren Fastenwilligen werde ich mich dort der Aufgabe widmen, fünf Tage lang nichts zu essen. In einigen Bundesländern sind solche Kurse sogar als Bildungsurlaub anerkannt.

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Mit meiner Entscheidung liege ich absolut im Trend: Die „Wellness Economy“, zu der auch das Heilfasten zählt, boomt. Bis zum Jahr 2025 rechnet das Global Wellness Institute (GWI) mit einem weltweiten Umsatz von 7 Billionen US-Dollar jährlich für den gesamten Wirtschaftszweig. In Deutschland, dem weltweit viertgrößten Markt der Branche, ist der Wellnesstourismus besonders stark vertreten. Kuren, Seminare und Retreats rund um Themen wie Ernährung, Bewegung und Stressreduktion erfreuen sich hierzulande großer Beliebtheit.

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Auch Fastenkurse gehören dazu und werden als Wellnessreisen an den verschiedensten Orten und mit unterschiedlichsten Konzepten und Programmen angeboten. Ich entscheide mich für eine Methode mit langer Tradition: Heilfasten nach den Regeln des deutschen Fastenpioniers Otto Buchinger.

Kalter Entzug: Kaffeeverzicht tut weh

Bereits eine Woche vor Beginn des Seminars bekomme ich nützliche Hinweise zur Vorbereitung auf das Fasten. Um die Umstellung zu erleichtern, wird empfohlen, insgesamt zu weniger, leicht bekömmlichen und möglichst veganen Lebensmitteln zu greifen. Außerdem soll ich am besten schon jetzt auf Kaffee verzichten – was für mich direkt zur ersten großen Herausforderung wird: Ich trinke jeden Morgen eine Tasse und halte mich damit nicht für einen exzessiven Koffeinjunkie.

Trotzdem führt der Verzicht schon nach einem Tag zu so stechenden Kopfschmerzen, dass ich mir gegen 10 Uhr einen Kaffee kochen muss, um den Rest des Tages durchzuhalten. Danach kaufe ich entkoffeinierten Kaffee und schleiche mein Koffeinlevel die restliche Woche über langsam aus. Nach fünf Tagen bin ich „clean“, aber noch immer entsetzt von der Erfahrung dieser körperlichen Entzugserscheinung.

Deutschland ist der weltweit viertgrößte Markt für die Wellnessbranche, besonders stark vertreten ist die Sparte des Wellnesstourismus.

Deutschland ist der weltweit viertgrößte Markt für die Wellnessbranche, besonders stark vertreten ist die Sparte des Wellnesstourismus.

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Nach erfolgreicher Entwöhnung und Vorbereitung kann das Fastenseminar beginnen. Von nun an werden wir Teilnehmenden täglich nicht mehr als 200 bis 400 Kilokalorien in flüssiger Form zu uns nehmen. Morgens gibt es ein Gläschen frisch gepressten Saft, mittags eine dünne Gemüsesuppe. Dazwischen wird so viel Flüssigkeit getrunken wie möglich, drei bis vier Liter pro Tag sind empfohlen. Außerdem stehen täglich Meditation, Frühsport, Yoga und eine rund vierstündige Wanderung auf dem Stundenplan. Allein auf sich gestellt würde wohl kaum ein innerer Schweinehund dieses Programm hinnehmen, doch die Gruppendynamik macht es möglich.

Auch beim Fasten ist aller Anfang schwer

Am ersten Fastentag steht aber erst mal ein anderer, wenig glamouröser Punkt auf dem Programm: die Darmentleerung. Sie dient dazu, den Verdauungstrakt zu entlasten, damit dieser während des Fastens seine Aktivität komplett einstellen und sich erholen kann. Die Abführmittel Glaubersalz und Mannitol stehen neben mehreren nacheinander durchgeführten Einläufen mit warmem Wasser als Methoden zur Auswahl. Ich entscheide mich für den Klassiker Glaubersalz – und bin ein paar Stunden später vor allem froh, nach dem Kaffeeentzug die nächste Herausforderung geschafft zu haben. Jetzt kann es ja eigentlich nur noch besser werden, oder?

Zu Beginn des Heilfastens steht die Darmentleerung auf dem Programm. Sie hat den Sinn, dass sich der Verdauungstrakt während des Fastens erholen kann.

Zu Beginn des Heilfastens steht die Darmentleerung auf dem Programm. Sie hat den Sinn, dass sich der Verdauungstrakt während des Fastens erholen kann.

Nicht ganz: Am zweiten Tag wache ich morgens um 6 Uhr auf und fühle mich schrecklich: Mein Herz pocht schnell in der Brust, mir ist übel und meine Beine und Arme zittern. Das muss ein sehr niedriger Blutdruck sein. Schnell zu den anderen, denke ich. Falls ich umkippe, bekommt es dann wenigstens jemand mit. Meinen Fasten-Kameradinnen und -Kameraden scheint es auch nicht besser zu gehen: Der Blick in die Runde fällt auf angestrengte bis leidende Gesichter. Alles ganz normal, versichert die Fastenleiterin, denn beim Fasten muss sich der Stoffwechsel umstellen: Anstatt Energie zu verbrennen, die über die Nahrung aufgenommen wird, wird nun auf die Reserven zurückgegriffen.

Die Umstellung sei eine kleine Stresssituation. Diese Einschätzung beruhigt mich, ich bin wohl doch nicht in Lebensgefahr. Zudem sieht die Welt nach zehn Minuten Gymnastikübungen an der frischen Luft schon viel besser aus. Und der Frühstückssaft, den wir zu Achtsamkeitszwecken möglichst langsam mit kleinen Löffeln schlürfen, schmeckt köstlich.

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Frisch gepresster Saft aus Obst und Gemüse ist der kulinarische Höhepunkt einer Fastenwoche. Er wird nicht in einem Rutsch getrunken, sondern andächtig gelöffelt.

Frisch gepresster Saft aus Obst und Gemüse ist der kulinarische Höhepunkt einer Fastenwoche. Er wird nicht in einem Rutsch getrunken, sondern andächtig gelöffelt.

Geteilter Hunger ist halber Hunger

Ab Fastentag drei ist die Situation stabil. Körperlich fühle ich mich fit, das tägliche Bewegungsprogramm und frühe Aufstehen sind kein Problem. Deutlich bemerke ich, dass es für den Körper eine Erholung ist, sich einmal längere Zeit nicht mit Verdauung beschäftigen zu müssen. Auf das komplette Wegfallen meines Hungergefühls warte ich allerdings vergeblich. Der Magen knurrt laut während Meditations- und Yogastunden, und auch meine Gedanken kreisen viel ums Essen. Wenn ich nach dem Fasten alles esse, worauf ich jetzt gerade Lust hätte, wäre ein Jo-Jo-Effekt unvermeidbar, befürchte ich. Besonders unangenehm ist der Hunger nicht, aber ich kann den Tag kaum erwarten, an dem es endlich wieder etwas zu essen gibt. In der Gruppe werden jetzt immer öfter Kochrezepte ausgetauscht.

Auch die viel beschworene Fasteneuphorie – ein Zustand außergewöhnlichen Wohlbefindens, der nach einigen Fastentagen einsetzen soll – bleibt für mich aus. Ich führe es darauf zurück, dass es mir auch sonst eigentlich meistens gut geht. Ich fühle mich während des Fastens also einfach so wie immer.

Ehe ich abschließend darüber nachgedacht habe, was ich nach dieser Woche als Erstes kochen möchte, sind die fünf Fastentage auch schon vorbei. Am sechsten Tag wartet ein Apfel auf dem Frühstückstisch. Zeit, sich langsam wieder an feste Nahrung heranzuwagen. Nun startet die sogenannte Aufbauphase: Ähnlich wie vor der Fastenkur sollte man in den Tagen danach wenig, bekömmlich und möglichst pflanzlich essen.

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Fazit: Die Anstrengung zahlt sich aus

Zwei Wochen nach dem Fastenseminar esse ich weitgehend wieder das Gleiche wie zuvor. Trotzdem bleibt etwas von der Erfahrung: Der befürchtete Heißhunger ist ausgeblieben. Dafür habe ich ein deutlich besseres Bewusstsein dafür entwickelt, was ich esse und wann ich satt bin. Anstatt im Stress schnell irgendwas in mich hineinzustopfen, denke ich länger darüber nach, worauf ich wirklich Lust habe und nehme mir mehr Zeit fürs Essen. Ich hoffe, dass ich diesen bewussteren Zugang zum Essen noch möglichst lange beibehalten kann.

Wer sich für die Erfahrung interessiert, dem würde ich empfehlen, das Heilfasten selbst einmal auszuprobieren. Auch ich möchte in Zukunft wieder fasten – allerdings nur im Rahmen eines Fastenseminars. Alleine zu Hause zu fasten, womöglich während einer normalen Arbeitswoche, diese Vorstellung scheint mir unmöglich. Denn an geistige Höchstleistungen war für mich während der Fastenwoche nicht zu denken. Es gibt Herausforderungen, denen man sich nicht allein stellen muss.

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