Kinderschützer: Zahl der Zwangsehen steigt in der Pandemie dramatisch an

Besonders in von Armut oder Krieg bedrohten Ländern werden Mädchen zwangsverheiratet.

Besonders in von Armut oder Krieg bedrohten Ländern werden Mädchen zwangsverheiratet.

Berlin, London. Die Zahl der Zwangsverheiratungen von Mädchen steigt aufgrund der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie laut „Save the Children“ drastisch an. „Wir gehen davon aus, dass allein in diesem Jahr weltweit eine halbe Million Mädchen zusätzlich in eine Ehe gezwungen wird“, sagte die Expertin für Geschlechtergerechtigkeit bei „Save the Children“ in London, Gabrielle Szabo.

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Bis 2025 könnten 2,5 Millionen Mädchen mehr Opfer dieser Praxis werden, jenseits der rund zwölf Millionen Minderjährigen, die bereits vor der Pandemie jährlich verheiratet wurden. „Das ist der größte Anstieg seit 25 Jahren“, betonte Szabo anlässlich der Veröffentlichung eines entsprechenden Berichts.

Armut und Perspektivlosigkeit führen zu mehr Gewalt

Die Pandemie dränge viele Familien weltweit in die Armut. „Die Eltern haben das Gefühl, keine Alternative zu haben, als ihre Mädchen dazu zu zwingen, Männer zu heiraten, die oftmals viel älter sind", sagte die Geschäftsführerin der internationalen Kinderhilfsorganisation, Inger Ashing. Fortschritte im jahrzehntelangen Kampf gegen die Zwangsverheiratung drohten zunichte gemacht zu werden.

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„Das Schockierende ist, dass es keine Langzeitfolgen sind, über die wir hier reden. Das passiert in diesem Augenblick“, sagte Szabo: „Ursachen sind allein die Folgen der Corona-Pandemie.“ Eltern verlören ihre Verdienstmöglichkeiten, Schulen seien geschlossen, Ausgangsbeschränkungen führten zu mehr Gewalt und Vergewaltigungen im familiären Umfeld. Schulschließungen bedeuteten für viele Kinder das Ende der Bildungskarriere: „Ein Großteil von ihnen sind Mädchen.“

Mädchen in unsicheren Ländern müssen besser geschützt werden

"Ein 17-jähriges Mädchen, das wir in Somalia befragt haben, erzählte uns, dass es mit Hilfe der Schulleiterin einer Heirat entkam", sagte Szabo: "Sie weiß aber nicht, ob sie es schafft, einen weiteren Mann abzulehnen, wenn die Schule weiter zu bleibt."

Es müsse viel mehr in die Sicherheit der Mädchen investiert werden, in ihre Bildung, ihre gesundheitliche Versorgung, besonders auch in Ländern, die sich in einer humanitären Krise oder einem bewaffneten Konflikt befinden, sagte Szabo. Denn in Ländern wie Afghanistan, Syrien, Jemen oder dem Kongo seien Mädchen besonders gefährdet – und noch mehr, wenn sie geflohen seien und in einem Camp lebten. Neun der zehn Länder mit den höchsten Raten von Kinderehen sind fragile Staaten.

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Zunahme von Teenager-Schwangerschaften

Auch die Zahl der Teenager-Schwangerschaften steigt dem Bericht „Global Girlhood – Wie Covid-19 den Fortschritt in Gefahr bringt“ deutlich. So läuft demnach allein in diesem Jahr eine Million Mädchen zusätzlich Gefahr, schwanger zu werden. Dabei seien Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt die häufigste Todesursache bei 15- bis 19-Jährigen.

Der Bericht fordert, dass Mädchen in alle Entscheidungen im Kampf gegen die Pandemie mitgedacht werden müssen. Das bedeute auch, die strukturelle Benachteiligung von Frauen und Mädchen auch jenseits von Corona zu bekämpfen. "Wir können und dürfen nicht zulassen, dass sich die Dinge weiter verschlimmern", erklärte Geschäftsführerin Ashing.

RND/epd

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