Krankenhäuser völlig überlastet: In Portugal wütet die dritte Corona-Welle
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Die Rettungswagen stehen Schlange vor dem Santa Maria Krankenhaus in Lissabon.
© Quelle: imago images/GlobalImagens
Madrid, Spanien. Zu den eindrücklichen Bildern von der Covid-Krise in Portugal gehören die Schlangen von Ambulanzen vor den Notaufnahmen der Krankenhäuser. Ein Agenturfoto von vergangener Woche zeigt Dutzende Rettungswagen, aufgereiht wie Taxis am Flughafen, vor der Lissaboner Universitätsklinik Santa Maria: Das Krankenhauspersonal kommt nicht mit der Aufnahme der Patienten hinterher.
Um die Lage vor seiner Tür zu entspannen, hat ein anderes Krankenhaus, das Hospital Garcia de Orta in der Lissaboner Vorstadt Almada, am Sonntag zwei Lazarettzelte aufgestellt: zur „Vortriage“, berichten portugiesische Medien – um Notfälle von leichteren Fällen zu unterschieden. „Niemand geht, ohne angemessen begutachtet zu werden“, versichert die Bürgermeisterin von Almada, Inês de Medeiros. Was eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist in diesen Tagen keine.
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Portugals Gesundheitssystem ist unter der Wucht der dritten Corona-Welle ins Wanken geraten. Die Krankenhäuser sind dramatisch überlastet. Das Hospital Garcia de Orta in Almada sei zu 323 Prozent belegt, berichtet der Fernsehsender SIC. Kaum vorstellbar: mehr als dreifach überbelegt. Die Arbeiter an der Gesundheitsfront geben ihr letztes. Am Wochenende ging die Meldung um, dass in ganz Portugal nur noch sieben von insgesamt 850 Intensivbetten für Covid-Patienten frei seien.
Am Sonntag gab das Gesundheitsministerium seine tägliche Statistik über den Stand der Dinge heraus: Danach lagen nun schon 858 Covid-Patienten auf Portugals Intensivstationen. Die Krankenhäuser schaffen Platz, wo kein Platz ist.
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Mitarbeiter des Gesundheitswesen tragen Schutzkleidung, während sie auf der Corona-Intensivstation in einem Militärhospital arbeiten. Das von der Corona-Pandemie hart getroffene Portugal soll Hilfe durch die Bundeswehr erhalten.
© Quelle: Armando Franca/AP/dpa
Portugal mit weltweit höchstem Inzidenzwert
Nirgendwo sieht es zurzeit so schlimm aus wie in Portugal. Nach Zahlen der John-Hopkins-Universität hat die 14-Tage-Inzidenz auf 100.000 Einwohner den Wert von 1627 erreicht, weit vor allen anderen, auch weit vor Deutschland (215) oder Luxemburg (278). Das heißt: Einer von 60 Portugiesen ist innerhalb der vergangenen zwei Wochen positiv auf das Virus getestet worden.
Die dritte Corona-Welle ist über Portugal hereingebrochen, noch bevor die zweite verebbt war. Während der ersten, im vergangenen Frühjahr, lief alles gut. Die Regierung verhängte rechtzeitig Ausgangssperren, die Menschen blieben zuhause, die Krankenhäuser hielten stand, auf den Intensivstationen lagen nie mehr als 271 Covid-Patienten zugleich. Im September rollte langsam die zweite Welle an, im Dezember begann sie ebenso langsam wieder abzuebben, was die Regierung zu voreiliger Entspannung veranlasste. Über Weihnachten waren Reisen durchs Land erlaubt, die nächtliche Ausgangssperre trat nach dem 24. und dem 25. Dezember erst um 2 Uhr in Kraft, selbst Restaurants durften noch bis 1 Uhr geöffnet haben. Zehn Tage später erhob sich die dritte Welle.
Die Einschränkungen müssen beim notwendigen Minimum bleiben, um Wirkung zu erzielen.
António Costa, Portugals Ministerpräsident
Impfungen laufen schleppend
Ministerpräsident António Costa entschuldigte sich vergangene Woche: „Die Einschränkungen müssen beim notwendigen Minimum bleiben, um Wirkung zu erzielen“, sagte er in einem Fernsehinterview. Er wollte die Portugiesen zu Weihnachten nicht mit harten Maßnahmen erschrecken, als seine Regierung die Lage für weniger gefährlich hielt, als sie war. Mittlerweile ist Costa umgeschwenkt. Ihm blieb auch gar nichts anderes übrig. Seit Mitte Januar gilt eine strenge Ausgangssperre, die gerade um zwei Wochen verlängert wurde. Auch die Schulen sind geschlossen, und seit Kurzem die Grenze zu Spanien. Portugal befindet sich im Notstand.
Mit den Impfungen kommt das Land so langsam voran wie der Rest Europas. Noch ist nicht das gesamte Gesundheitspersonal durchgeimpft, aber der Chef der Impfkampagne, Francisco Ramos, kündigt schon deren zweite Phase an, in der auch Leute geimpft werden sollen, „die unverzichtbare Positionen für unser gemeinsames Leben in der Gesellschaft“ einnehmen – gemeint sind Politiker. In der portugiesischen Ärzteschaft kam die Ankündigung nicht gut an. Mit Soldaten und Beatmungsgeräten will die Bundeswehr von Mittwoch an dem weitgehend abgeriegelten Portugal in der Corona-Pandemie beistehen.“