Viele Tote, steigende Neuinfektionen: So ist die Corona-Lage weltweit
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Covid-19-Patienten werden im Feldkrankenhaus Santo Andre im brasilianischen São Paulo behandelt.
© Quelle: Andre Lucas/dpa
Deutschland steht am Anfang einer dritten Corona-Welle: Nachdem die Fallzahlen zu Beginn des Jahres rückläufig waren, steigen sie seit Ende Februar wieder an. „Es gibt deutliche Signale, dass diese Welle schlimmer wird als die ersten beiden Wellen“, warnte Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts. Doch wie sieht die Corona-Lage derzeit eigentlich in anderen Ländern aus?
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Die Pandemie und wir
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Frankreich
Die Corona-Situation in Frankreich hat sich kürzlich noch einmal deutlich verschärft. Vor allem Krankenhäuser im Großraum Paris schlugen massiv Alarm, weil die Intensivstationen überfüllt sind. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche lag landesweit zuletzt bei gut 375.
Nachdem die französische Regierung lange Zeit einen weiteren Lockdown abgelehnt hatte, musste sie jetzt allerdings von ihrem sogenannten dritten Weg absehen. Stattdessen will Präsident Emmanuel Macron mit einem Lockdown light verhindern, dass sich das Coronavirus weiter ausbreitet. So müssen beispielsweise nicht essentielle Geschäfte schließen, Reisen zwischen den Regionen sind verboten und Schulen bleiben nach Ostern für drei Wochen dicht.
Deutschland hatte Frankreich vergangene Woche als Hochinzidenzgebiet eingestuft und die Einreisebestimmungen verschärft. In dem Land mit rund 67 Millionen Einwohnern starben bisher rund 95.700 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Geimpft wurden bisher rund acht Millionen Menschen.
Brasilien
Brasilien nähert sich der Marke von 4000 Corona-Toten innerhalb von 24 Stunden. Am Mittwochabend (Ortszeit) meldete das Gesundheitsministerium in Brasília 3869 Todesfälle im Zusammenhang mit Sars-CoV-2. „Wenn die Situation nicht kontrolliert wird – sich die Leute am Riemen reißen und die Regierung mehr impft –, dann können wir 5000 erreichen“, sagte die Biochemikerin Fabiana Carneiro von der Bundesuniversität Rio de Janeiro in Duque de Caxias der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Nachlässigkeit vieler Brasilianer.
Insgesamt sind in Brasilien 321.515 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben, mehr als 12,7 Millionen Menschen haben sich nachweislich mit dem Erreger infiziert. Das Gesundheitssystem ist vielerorts bereits zusammengebrochen oder am Zusammenbruch.
In 19 Hauptstädten von Bundesstaaten sind nach einer Erhebung der Zeitung „Folha de S. Paulo“ mehr als 90 Prozent der Intensivbetten für Covid-19-Patienten belegt. Medikamente, vor allem zur Intubation, drohten zur Neige zu gehen. Wissenschaftler der Forschungseinrichtung „Instituto Butantan“ identifizierten in der Stadt Sorocaba in der Nähe von São Paulo zudem eine neue Variante des Coronavirus, die der südafrikanischen ähnlich sein soll.
Tschechien
Der März war in Tschechien der Monat mit den meisten Corona-Todesfällen seit Beginn der Pandemie. Es starben 5779 Menschen, die zuvor positiv auf das Virus Sars-CoV-2 getestet worden waren – rund 800 mehr als auf dem Höhepunkt der zweiten Welle im November, dem bisher schlimmsten Monat mit Blick auf die Todeszahlen. Die Infektionszahlen gehen landesweit zwar stetig zurück, dennoch steckten sich nach aktuellen Zahlen innerhalb von sieben Tagen immer noch mehr als 400 Menschen je 100.000 Einwohner neu an. Vor den Feiertagen rief Gesundheitsminister Jan Blatny die Bürgerinnen und Bürger auf, die Corona-Schutzmaßnahmen trotz des warmen Wetters einzuhalten.
USA
In den USA ist die Zahl der an einem Tag erfassten Corona-Neuinfektionen wieder gestiegen. Zuletzt meldeten die Behörden 79.029 neue Fälle innerhalb eines Tages. Im März hatten die täglich erfassten Neuinfektionen laut JHU mehrheitlich um die Marke von 60.000 oder darunter gelegen, am 24. März gab es dann aber einen Ausreißer mit 86.950. Seitdem setzt sich das Auf und Ab fort. Die bisherigen Höchstwerte wurden am 2. Januar mit 300.308 Neuinfektionen sowie am 12. Januar mit 4476 Toten verzeichnet. In dem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern haben sich bislang 30,5 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert, mehr als 553.000 Menschen starben.
Polen
In Polen hat die Zahl der Corona-Neuinfektionen einen neuen Rekordwert erreicht. Innerhalb von 24 Stunden kamen mehr als 35.000 neue Fälle hinzu. Viele Krankenhäuser arbeiten am Rande ihrer Kapazität. Gesundheitsminister Adam Niedzielski hatte bereits am Mittwoch angekündigt, dass noch vor Ostern bis zu 170 Corona-Patienten aus dem besonders betroffenen Schlesien in Kliniken in anderen Region gebracht werden sollen – viele von ihnen auf dem Luftweg.
Indien
Die Zahl der Corona-Fälle war in Indien in den vergangenen Wochen immer schneller angestiegen. Zuletzt wurden mehr als 81.000 Corona-Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden erfasst. Trotzdem leben viele Menschen wieder so, als gebe es keine Pandemie mehr. Zuletzt wurde teils das Frühlingsfest Holi mit großen Menschenansammlungen und ohne Masken gefeiert. Auch bei Veranstaltungen für die Parlamentswahlen in den Bundesstaaten wurden Corona-Regeln missachtet. Noch im Januar gab es teils weniger als 10.000 erfasste Fälle an einem Tag, beim Höchststand im vergangenen Sommer waren es teils knapp 100.000 pro Tag.
Türkei
Binnen 24 Stunden hat die Türkei zuletzt mehr als 40.800 Corona-Neuinfektionen gezählt – der höchste Wert seit Beginn der Pandemie. In dieser Woche verhängte die Regierung angesichts stark steigender Fallzahlen erneut Wochendlockdowns. Verkündet wurden zudem Beschränkungen für die Zeit des muslimischen Fastenmonats Ramadan. Experten warnen aber, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden. Die türkische Ärztevereinigung TTB schlug angesichts der stark steigenden Zahlen Alarm: „Die Intensivbetten sind voll“, sagte deren Vorsitzende Sebnem Korur Fincanci der Deutschen Presse-Agentur. Einen Platz im Krankenhaus zu finden, erweise sich als „sehr schwierig“.
Portugal
Portugal mit seinen rund 10,3 Millionen Einwohnern hatte im Januar bezogen auf die Bevölkerungszahl zeitweilig die höchsten Infektionszahlen weltweit. Der seither herrschende strenge Lockdown hat sich aber ausgezahlt. Nach den aktuellsten Zahlen der EU-Gesundheitsbehörde ECDC liegt die 14-Tage-Inzidenz inzwischen nur noch bei 60, dem niedrigsten Wert in der gesamten Europäischen Union. Im Januar hatte dieser Wert noch bei über 1600 gelegen.
Russland
In Russland kommt es trotz vergleichsweise weniger offiziell bekannt gewordener Corona-Infektionen zu vielen Todesfällen. Wie die Tageszeitung „Kommersant“ am Freitag schrieb, gab es im Januar 33,9 Prozent mehr Sterbefälle als im Vorjahresmonat – also vor der Pandemie. Demnach starben laut Zahlen der Statistikbehörde Rosstat im ersten Monat dieses Jahres landesweit 217.800 Menschen und damit 55.700 mehr als im Januar 2020.
Die Statistiker führten dem Bericht zufolge etwa die Hälfte aller zusätzlichen Sterbefälle auf das Coronavirus zurück. Viele Menschen seien aber auch deshalb gestorben, weil das „Gesundheitssystem zusammengebrochen“ sei und Patienten mit chronischen Erkrankung praktisch nicht behandelt worden seien, schrieb das Blatt.
Am Freitag meldeten die Behörden etwa 8800 Corona-Neuinfektionen. Ende vergangenen Jahres waren es noch täglich weit mehr als 20.000. 400 Menschen seien mit dem Virus binnen eines Tages gestorben. Inzwischen warnen einige Experten vor der Gefahr einer dritten Infektionswelle.
Chile
Obwohl Chile seine Impfkampagne so schnell wie kaum ein anderes Land vorantreibt, stiegen dort zuletzt die Infektionszahlen deutlich. 44,7 Prozent der Bürger haben mindestens eine Impfdosis erhalten, 24,1 Prozent wurden bereits zweimal geimpft. Trotzdem steckten sich alleine im März in dem südamerikanischen Land mehr als 170.000 Menschen mit dem Coronavirus an – mehr als jemals zuvor seit Beginn der Pandemie vor gut einem Jahr.
Die hohe Zahl an Neuinfektionen könnte mit dem verwendeten Impfstoff zusammenhängen. Zum Einsatz kommt vor allem das Produkt des chinesischen Herstellers Sinovac. Der Impfstoff verhindert zwar schwere Verläufe, allerdings liegt der Schutz gegen eine Ansteckung nach einer brasilianischen Studie nur bei etwas über 50 Prozent. Angesichts des Anstiegs der Infektionszahlen schließt Chile nun seine Grenzen und verschärft die Ausgangsbeschränkungen. Ab kommenden Montag dürfen Ausländer nicht mehr in das südamerikanische Land ein- und Chilenen nur in Ausnahmefällen ausreisen, wie die Regierung am Donnerstag mitteilte.
Spanien
Mit Einschränkungen der Versammlungs- und Bewegungsfreiheit hatte Spanien in der zweiten Winterhälfte die Pandemie erfolgreich bekämpft. Seit einigen Tagen gehen die Zahlen aber wieder nach oben. Innerhalb einer Woche kletterte die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen von 62 auf 80. Damit steht Spanien im europäischen Vergleich immer noch gut da. In Deutschland beträgt diese sogenannte 7-Tage-Inzidenz etwa 135.
Unter dem Eindruck der seit einigen Tagen steigenden Corona-Zahlen hat das Land die Maßnahmen verschärft. Seit Mittwoch müssen die Menschen im ganzen Land sowohl im Freien wie auch in geschlossenen öffentlichen Räumen wie Gastronomiebetrieben, Ämtern oder Geschäften Mund- und Nasenschutz tragen.
Estland
Estland mit seinen 1,3 Millionen Einwohnern kämpft seit Herbst mit einer steigenden Zahl an Neuinfektionen und weist aktuell nach Angaben der EU-Behörde ECDC eine der höchsten Infektionsraten in Europa auf. In dem Ostseestaat wurden insgesamt bislang mehr als 105.000 Fälle erfasst. 896 Menschen starben im Zusammenhang mit Sars-CoV-2. Im Kampf gegen das Coronavirus bleibt das öffentliche Leben in Estland weiterhin eingeschränkt – mindestens bis zum 25. April.
Syrien
Auch in Syrien hat die Zahl der Neuinfektionen zuletzt deutlich zugenommen. Die staatlichen Medien hatten am 18. März berichtet, dass die Intensivstationen in der Hauptstadt Damaskus komplett ausgelastet seien. In Syrien wurden seit Beginn der Pandemie vor gut einem Jahr knapp 19.000 Corona-Infektionen und mehr als 1200 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Virus gemeldet. Wegen begrenzter Testmöglichkeiten wird aber vermutet, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher liegen könnte.
Schweden
Schweden hat auf die Bevölkerung gerechnet derzeit etwa dreimal so hohe Neuinfektionszahlen wie Deutschland – geplante Corona-Lockerungen dürften deshalb in dem skandinavischen Land erst einmal aufgeschoben werden. Die schwedische Gesundheitsbehörde Folkhälsomyndigheten hat der Regierung empfohlen, die für den 11. April anvisierte Lockerung bestimmter Beschränkungen wegen der Infektionslage bis zum 3. Mai zu verschieben. Das teilte die Behörde am Dienstag mit. Die Regierung in Stockholm muss nun entscheiden. Sie folgt dem Expertenrat der Behörde aber in der Regel.
In den aktuellsten Vergleichszahlen der EU-Gesundheitsbehörde ECDC kommt Schweden für die beiden Wochen vom 8. bis 21. März auf einen 14-Tages-Inzidenzwert von 597 pro 100.000 Einwohner. Deutschland lag in dem Zeitraum bei 195. Die Tendenz der schwedischen Neuinfektionen ist weiter steigend.
RND mit Material der dpa