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Was gilt als „triftiger Grund“? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um Ausgangssperren

Die spätabendliche Runde auf dem Fahrrad ist bei einer nächtlichen Ausgangssperre nicht mehr möglich.

Die spätabendliche Runde auf dem Fahrrad ist bei einer nächtlichen Ausgangssperre nicht mehr möglich.

Im Kampf gegen die dritte Welle der Corona-Pandemie in Deutschland greifen Landkreise mit hohen Inzidenzwerten in vielen Bundesländern auf nächtliche Ausgangssperren zurück. Doch was genau bedeutet „Ausgangssperre“ eigentlich? Welche Ausnahmeregelungen gelten? Was gilt für Reisen? Ein Überblick über wichtige Antworten rund um das Thema Ausgangssperren.

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Ausgangssperre und Ausgangsbeschränkung: Was ist der Unterschied?

Eindeutig definiert wird weder der eine noch der andere Begriff. Grob gesagt – wenn in den Verordnungen der Bundesländer überhaupt zwischen Sperre und Beschränkung unterschieden wird – sind die Regeln einer Ausgangssperre strenger. Eine Ausgangsbeschränkung kann beispielsweise den Besuch bei engen Verwandten noch ausdrücklich erlauben – gilt eine Ausgangssperre, ist das zu festgelegten Zeiten nicht mehr erlaubt. Stattdessen muss, wer zu diesen Zeiten – sie liegen in den meisten Fällen zwischen 21 oder 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens, können aber von Landkreis zu Landkreis variieren – seine Wohnung verlässt, einen „triftigen Grund“ dafür vorlegen können.

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Welche Corona-Verordnung gilt für mich?

Es gilt immer die Verordnung des Bundeslandes, in dem man sich aktuell aufhält. Das bedeutet: Auch für einen Bayern gelten die niedersächsischen Regeln, wenn er sich in Hannover aufhält. Bei einer Fahrt quer durch die Republik müssen also mit jedem Übergang vom einen Bundesland zum anderen unter Umständen neue Regeln eingehalten werden.

Wann treten in den Bundesländern Ausgangssperren in Kraft?

Die meisten Bundesländer knüpfen in ihren Corona-Verordnungen Ausgangssperren an das Überschreiten bestimmter Inzidenzwerte in den Landkreisen. Ausschlaggebend sind dabei jeweils die aktuellen Zahlen der Landesbehörden und nicht die des Robert-Koch-Instituts (RKI).

  • Ausgangssperren ab einer Corona-Inzidenz von 100 sehen die Verordnungen etwa in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg vor. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen muss ein Kreis diesen Wert an drei Tagen am Stück überschreiten, Ausgangssperren sollen dann von 21 bis 5 Uhr gelten. In Baden-Württemberg sind dafür sieben Tage mit einer Inzidenz von über 100 nötig. Bayern knüpft Ausgangssperren nicht an eine bestimmte Anzahl der Tage, Ausgangssperren gelten von 22 bis 5 Uhr.
  • Einen Sonderweg geht Brandenburg: Hier sind ebenfalls Ausgangssperren für Landkreise mit einer Inzidenz über 100 geplant – jedoch für eine von vornherein festgelegte Dauer, nämlich über die Ostertage von Gründonnerstag, 1. April, bis Dienstag, 6. April. Sie sollen jeweils von 22 bis 5 Uhr gelten.
  • An einen Corona-Inzidenzwert von 150 knüpft etwa Niedersachsen die Forderung nach Ausgangssperren an die Landkreise – möglich sind sie jedoch bereits bei einem Wert über 100. Dafür muss dieser Wert an drei Tagen in Folge überschritten werden.
  • Hessen und Schleswig-Holstein sehen Ausgangssperren in ihren Verordnungen ab Inzidenzen von 200 vor. In Hessen muss dieser Wert an fünf Tagen in Folge überschritten werden.
  • Gegen vorgesehene Ausgangssperren haben sich in ihren Verordnungen etwa Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt entschieden. Hier bedeutet die vereinbarte „Notbremse“ demnach aktuell lediglich die Rücknahme erfolgter Lockerungen und die Verschärfung von Kontaktbeschränkungen – Regeln also, die neben Ausgangssperren in anderen Bundesländern ebenfalls vorgesehen sind.

Sind immer ganze Landkreise betroffen?

Die Liste der Städte und Landkreise in Deutschland, in denen Ausgangssperren gelten, verändert sich aktuell jeden Tag. Wo genau Ausgangssperren gelten, wenn hohe Inzidenzen vorliegen, regeln die Länder. Das Land Hessen erklärt dazu beispielsweise: „Das infektiologische Geschehen kann sich innerhalb von Landkreisen unterschiedlich darstellen, sodass nicht überall die gleichen Maßnahmen geboten sein müssen.“

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Das bedeutet: Lässt sich das Infektionsgeschehen recht eindeutig einem einzelnen Ort zuordnen, haben betroffene Landkreise den Spielraum, Verschärfungen lokal zu begrenzen.

Was ist ein „triftiger Grund“ zum Verlassen der Wohnung?

„Triftige Gründe“ zum Verlassen der Wohnung definieren die Bundesländer in ihren jeweiligen Verordnungen mal mehr, mal weniger detailliert. So listet Niedersachsen folgende akzeptierte Anlässe auf:

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  • Wahrnehmung einer notwendigen medizinischen, psychosozialen oder veterinärmedizinischen Behandlung
  • Ausübung des Berufs
  • Besuch von Gottesdiensten und ähnlicher religiöser Veranstaltungen
  • Besuch von pflegebedürftigen Angehörigen und Angehörigen mit Behinderung
  • Begleitung von Sterbenden

Das Land Mecklenburg-Vorpommern definiert „triftige Gründe“ wesentlich detaillierter und benennt etwa bestimmte Berufsgruppen, die ausdrücklich nicht von Ausgangssperren betroffen sind. Ebenfalls gelten die Teilnahme an Sitzungen politischer Organe oder Gerichte sowie an rechtlich nicht aufschiebbaren Sitzungen von Vereinen, Betriebsversammlungen und Tarifverhandlungen als „triftiger Grund“ – und die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest.

Ist Gassi gehen ein „triftiger Grund“? Das klären Landkreise, wenn sie Ausgangssperren verhängen, in ihren Verordnungen.

Ist Gassi gehen ein „triftiger Grund“? Das klären Landkreise, wenn sie Ausgangssperren verhängen, in ihren Verordnungen.

In vielen Fällen haben betroffene Landkreise weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten. Ob joggen, Spaziergänge oder Gassi gehen mit dem Hund „triftige Gründe“ sind, überlässt beispielsweise Hessen ausdrücklich den Kreisen, während Niedersachsen von diesen Gründen nur das Gassigehen anerkennt. Der Aufenthalt im eigenen Garten ist auch bei Ausgangssperren gestattet.

Was ist kein „triftiger Grund“ zum Verlassen der Wohnung?

Ausdrücklich kein „triftiger Grund“ zum Verlassen der Wohnung trotz Ausgangssperre sind beispielsweise touristische Reisen (Niedersachsen) oder der Heimweg von einem Besuch bei Freunden oder Familie (Hessen). Wer sich außerhalb der eigenen Wohnung mit anderen Menschen trifft, muss bis zum Beginn der nächtlichen Ausgangssperre wieder zurück in der eigenen Wohnung sein.

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Wie weise ich nach, dass ich einen „triftigen Grund“ habe?

Die Erklärung des Landes Hessen lässt Interpretationsspielraum: „Der triftige Grund ist ausreichend glaubhaft zu machen“, heißt es auf der Website des Landes. Grundsätzlich gilt: Ein mitgeführter Nachweis, etwa über die berufliche Tätigkeit, hilft, Ärger zu vermeiden. Wie genau der Nachweis in anderen Fällen aussehen kann, bleibt dabei offen und ist im Einzelfall zu klären. Länder wie Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern machen hierzu keine genauen Angaben.

Welche Regelungen gelten für Supermärkte, Lieferdienste, ÖPNV und Tankstellen?

Detaillierte Angaben macht hier beispielsweise Hessen: Für Supermärkte, Lieferdienste, ÖPNV und Tankstellen sind hier keine expliziten Schließungsvorschriften ab Beginn der nächtlichen Ausgangssperre vorgesehen. Auch hier verfügen betroffene Landkreise über Gestaltungsspielraum.

In vielen Landkreisen mit Ausgangssperren zeigt die Erfahrung, dass Geschäfte aus eigenem Antrieb mit Beginn der nächtlichen Ausgangssperre oder sogar eine halbe Stunde vorher schließen – schließlich dürfen sie danach ohnehin keine Kunden mehr bedienen.

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Welche Regelungen gelten bei Ausgangssperren für Reisen?

Über die Auswirkungen nächtlicher Ausgangssperren informiert ausführlich der ADAC auf seiner Website. Kurz gefasst bedeuten Ausgangssperren für Reisende die Pflicht, ihre Reisepläne entsprechend anzupassen: Wer mit dem Zug, Bus oder Flugzeug reist, muss die Reise so planen, dass er vor Einsetzen der nächtlichen Ausgangssperre vor Ort ankommt und sein Ziel erreicht.

Auch für Autoreisen gilt, dass die Abfahrt so früh erfolgen sollte, dass man unter normalen Umständen sein Ziel rechtzeitig vor Einsetzen der nächtlichen Ausgangssperre erreicht. Für den Fall eines Staus auf der Autobahn sehen die meisten Länder Kulanzregelungen vor, jedoch liegt dies im Ermessen der Behörden vor Ort.

Die Regeln der Ausgangssperren gelten in einigen Bundesländern auch für den Transit: Wer eine Fahrt durch eine Region plant, in der eine nächtliche Ausgangssperre gilt, sollte die betreffende Region vor dem Beginn dieser Sperre durchquert haben. Andere Bundesländer sehen für den Transit Ausnahmen von der Ausgangssperre vor. Das Land Niedersachsen erlaubt den Transit etwa, weist aber auch darauf hin, dass in diesem Fall mit einer Kontrolle zu rechnen ist.

Wer kontrolliert die Einhaltung von Ausgangssperren?

Die Einhaltung von Ausgangssperren sollen in betroffenen Gebieten die Ordnungsämter übernehmen. Sie können durch Polizeikräfte unterstützt werden.

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Welche Strafe droht bei Verstößen?

Verstöße gegen Ausgangssperren stellen den meisten Länderverordnungen zufolge Ordnungswidrigkeiten dar und werden dementsprechend mit „empfindlichen Geldbußen“ (Niedersachsen) belegt. Die Höhe der Bußgelder legen die betroffenen Landkreise fest.

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