60 Jahre “Psycho”: Hitchcocks Superschocker thrillt noch immer

Das Wasser ist wohltemperiert, nur das Messer ist verzichtbar: Janet Leigh als Marion Crane in der berühmten Duschszene von Alfred Hitchcocks Klassiker “Psycho”, der heute 60 Jahre alt wird.

Das Wasser ist wohltemperiert, nur das Messer ist verzichtbar: Janet Leigh als Marion Crane in der berühmten Duschszene von Alfred Hitchcocks Klassiker “Psycho”, der heute 60 Jahre alt wird.

Da sitzt er, der Buddha des Bösen. Füllt die Badewanne aus und schmollt. Da sind diese Blätter, die ihn, Alfred Hitchcock 1959 – nach dem Riesenerfolg von “Der unsichtbare Dritte” – in den Ruhestand winken wollen. Leute wie die Regiefranzosen Chabrol und Dassin werden von der Kritik als Jungmeister des Suspense gefeiert. Gibt es ein Verfallsdatum für Genialität? “Du bist ein echtes Relikt”, versichert Ehefrau Alma dem Dicken schmunzelnd, “ein korpulentes dazu.”

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Also muss es der britische Suspensemeister beweisen. Noch mal einen Film machen, der dem Zuschauer mit Klingenfingern ins Gesicht springt. “Ein Horrorfilm von einem, der wirklich gut ist, wie wäre das?”, fragt sich Hitch (Anthony Hopkins ist in der Rolle im Fettkleid kaum zu erkennen) – und geht die Sache an.

Sacha Gervasis Film “Hitchcock” von 2012 muss man gesehen haben. Er erzählt von der Entstehung von “Psycho”, der 1960 der nervenaufreibendste Thriller der Filmgeschichte war. Heute vor 60 Jahren wurde der Schocker aller Schocker auf das Kinopublikum losgelassen – und tat sein Werk: In den Zuschauerreihen wurden rund um die Welt spitze Schreie laut – etwa bei der berühmten Duschszene, wenn eine schemenhaft als Frau erkennbare dunkle Gestalt die schöne Betrügerin Marion Crane niedersticht und Bernard Hermanns Filmmusikgeigen dazu klingen, als könnten Messer schreien.

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Und natürlich am Ende, wenn das grausige Geheimnis um Motelchef Norman Bates’ angeblich verrückte Mutter gelüftet wird. Im Keller des gotisch anmutenden Hauses über dem Motel wartet das Grauen.

Hollywood hatte Angst vor dieser Geschichte eines Durchgeknallten, der seine Mutter umbringt und dann mit gespaltener Persönlichkeit in ihren Kleidern serienmordet. Eine Nacktszene sollte es laut Ankündigung des Regisseurs auch noch geben. Und freie Sicht auf eine Kloschüssel – undenkbar! Die Zensurbehörde warnte Hitchcock, Freunde der Familie Hitchcock verzogen angewidert das Gesicht bei seiner Ankündigung, er wolle Robert Blochs kalten Thriller verfilmen.

All das konnte Hitchcock nur beschleunigen. Eines aber bremste ihn kurz: Der Chef der Paramount-Studios verweigerte das Geld. Hitchcock musste privat mit seiner Firma Shamley Productions finanzieren, das eigene Haus stand auf dem Spiel

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“Genieße den Pool, solange du ihn noch hast”, sagt Hitch im Film “Hitchcock” zu seiner ebenfalls furchtlosen Frau (gespielt von Helen Mirren) – und lässt alle Exemplare des Romans aufkaufen. Niemand soll das Ende kennen. Es war die große Zeit billiger B-Movies, und auch “Psycho” kostete mit 806.000 Dollar nur ein Bruchteil der vorherigen Hochglanzproduktionen Hitchcocks. Von vornherein war – wegen des privaten Risikos – alles billig. Über Strohmänner hatte Hitchcock die Filmrechte für läppische 9000 Dollar gekauft (6750 davon blieben dem über den Tisch gezogenen Autor Bloch vor Steuern übrig). Und dann drehte er in – damals billigerem – Schwarz-Weiß.

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Noch als “Psycho” fertig war, wollte Hollywood den Bäh-Streifen lediglich als TV-Zweiteiler herausbringen. Dann startete er aber doch in den Kinos und wurde mit 50 Millionen Dollar weltweitem Einspielergebnis Hitchcocks größter kommerzieller Erfolg. Ungewöhnlich war alles an diesem Film: Zuspätkommer durften 1960 nicht mehr in den Kinosaal, um die Atmosphäre nicht zu stören. Viele Kinos ließen deshalb im Foyer einen Countdown laufen, was “Psycho” zu einem frühen Beispiel von Eventkultur machte. So was gab’s nicht, das musste man gesehen haben!

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Der Film beeinflusste das Horrorgenre wie kaum ein zweiter und wurde in anderen Slasher-Kultstreifen wie “Halloween” und “Scream” weidlich zitiert. Bob Dylan, der am Freitag (19. Juni) sein neues Album veröffentlichen wird, sang 1964 im Song “Motorpsycho Nightmare” von der Duschszene, die auch in der 136. Folge der jüngst abgeschlossenen Kultserie “The Big Bang Theory” (2007–2019) nachgestellt wurde (nur zehn Folgen später wurde dann der “Psycho”-Showdown im Keller zitiert). “Psycho”-Hommagen funktionieren bis heute.

Herbergen sind der wahre Horror – seit “Psycho” weiß man das, Stanley Kubrick hat es mit “Shining” (1980) bestätigt. “Psycho” hatte unter anderen Regisseuren noch drei Fortsetzungen, in denen aber nur der auf den Irren Bates festgelegte Hauptdarsteller Anthony Perkins überzeugte. Es kam auch noch ein Szene für Szene in Farbe übertragenes Remake von Gus van Sant – mit Vince Vaughn als Norman Bates – in die Lichtspielhäuser, das aber eher ein Kuriosum war.

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Und es gab schließlich “Bates Motel” (2013–2017), eine der besten Thrillerserien des Streamingzeitalters. Gefangen in dem unerfüllbaren Wunsch, ein Mann zu sein, strebte da das Muttersöhnchen Norman in Mamas Normas Morgenmantel fünf Staffeln lang seiner Monsterwerdung entgegen. Freddie Highmore und Vera Farmiga waren als durchaus sympathische Problemseelen in einer Stadt unterwegs, die sich als mindestens so “psycho” erwies wie David Lynchs Twin Peaks. Hätte Hitchcock gewiss gefallen.

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Wenn der Buddha des Bösen im Biopic “Hitchcock” schließlich bei der “Psycho”-Premiere hinterm Kinoportal steht und die Angstschreie des Publikums im dunklen Saal mit den Händen dirigiert wie Karajan ein Orchester, wird sein Geheimnis offenbar. Hier kommt ein Film über einen, der alles wusste über uns, das Publikum.

Messer geht’s nicht.

RND

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