Das „Elfter September“-Album – Als Bruce Springsteen von den gefallenen Türmen sang

Singen für das Aufstehen Amerikas aus den Trümmern: Bruce Springsteen (links) mit den E-Street-Band-Mitgliedern Patti Scialfa and Gitarrist Steven Van Zandt in Berlin beim einzigen Deutschland-Konzert der „The Rising“-Tour 2002.

Singen für das Aufstehen Amerikas aus den Trümmern: Bruce Springsteen (links) mit den E-Street-Band-Mitgliedern Patti Scialfa and Gitarrist Steven Van Zandt in Berlin beim einzigen Deutschland-Konzert der „The Rising“-Tour 2002.

Im Laufe des Jahres 2002 griff eine lukrative Rock-`n`-Roll-Schutzbehauptung um sich. Jede namhafte Band, jeder große und halb große Künstler brachte traurige Lieder auf den Markt. Und sagte dann: „Klingt ja vielleicht wirklich so, als sei es nach dem 11. September entstanden, ja, aber ich hab das zwei Monate (drei Tage) vorher geschrieben“. Man wollte nicht so perfide sein, ein musikalisches Echo der gefallenen Türme geschrieben zu haben, brachte sich aber per Dementi doch in den Zusammenhang ein. Und verkaufte oft auch besser – gewissermaßen als Prophet des amerikanischen 9/11-Albtraums.

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Bruce Springsteen veröffentlichte in jenem Jahr sein erstes reguläres Studioalbum seit dem Solowerk „The Ghost of Tom Joad“ von 1995. Schrieb die Songs aber ganz offen über 9/11. Ein Blick auf die Skyline ohne Doppeltürme, ein kurzes Gespräch mit einem erschütterten Fan auf einem Parkplatz – das waren die Auslöser. Durch die Texte von „The Rising“ geisterten Gestalten und Metaphern des Weltendes: Satan tanzt am Horizont, schwarze Sonnen stehen am Himmel.

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Die unfassliche Leere, die nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon aufkam, vermochte Springsteen klar zu formulieren. Spiritualität fand sich sonst wenig im Werk des 52-Jährigen aus New Jersey, der schon damals längst – neben Bob Dylan und Tom Waits – als wichtigster Songwriter Amerikas galt. Hier aber waren Gebete enthalten, hier fand sich Liturgie.

Springsteen-Fans diskutierten das Album kontrovers

Im Internet stritten Springsteenianer damals heftig, ob das gut sei oder nicht. Dem Thema war es jedenfalls angemessen, und dass uns Bruce darüber zum Prediger werden würde, war damals wenig zu erwarten. Die Gegenwart zeigt – der Boss blieb bei seinen Leisten.

Musikalisch gefiel das neue Werk damals auch. Springsteens E-Street-Band rockte meist munter, lautstark und, gemessen am 1984er Knaller „Born in The USA“, dem letzten „echten“ E-Street-Band-Album davor, etwas gedrosselter im Tempo. Im Grunde aber waren die Rocker und die Balladen so straight, so melodisch, so ohrwurmend, wie sie Springsteen seit seinem dritten Album „Born to run“ (1975) immer wieder abgeliefert hatte.

Sein britischer Kollege Sting, dessen neues Album im November erscheint, hatte ihm seine E-Streeter Ende der 80er einst madig gemacht, hatte Springsteen die unendlichen Möglichkeiten der Musik eingeflüstert. Und dennoch ist der Boss auch in den langen Jahren ohne seine Truppe immer beim alten Rock-‘n‘-Roll-Anzählen geblieben: „Three, four und ab dafür.“

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Nur „Worlds apart“ ist auf dem Album „The Rising“ tatsächlich etwas „stingig“, hat ein orientalisches Intro. Der Song, den Springsteen in seinen Konzerten noch immer spielt, beschreibt – während Amerika in Afghanistan auf die Jagd nach Osama bin Laden ging – die ideologischen Wahrheiten von Orient und Okzident und beschwört die überlegene Wahrheit eines kulturübergreifenden Kusses.

Musik kann das – einen Silberstreif noch am schwefligsten Horizont aufschimmern lassen. Vielleicht erzählt Springsteen auf seinem nächsten Album ja von den letzten Tagen Amerikas in Kabul und Kandahar.

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