Der neue Tolkienband erzählt von verbotener Liebe

Liebe zwischen Elbin und Mensch: Arwen und Aragorn aus der Verfilmung von „Der Herr der Ringe“.

Liebe zwischen Elbin und Mensch: Arwen und Aragorn aus der Verfilmung von „Der Herr der Ringe“.

Auenland. Für Tolkienfans ist der 10. Juni ein magischer Tag: Denn 44 Jahre nach dem Tod des Herrn aller Ringe erscheint nun erstmals als eigenständige Ausgabe die Sage „Beren und Lúthien“. Sie handelt von dem geächteten Sterblichen Beren, dem gelingt, was all den Kriegern vor ihm misslungen ist: Er dringt in die Burg des Feindes ein und raubt ein Silmarilli-Juwel aus der Eisenkrone. Damit gewinnt er die Hand von Lúthien, einer Elbin von königlicher Abstammung, die ihm beim Diebeszug geholfen hatte.

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Tolkien nannte die Lovestory in einem Brief aus dem Jahr 1951 die „wichtigste Geschichte aus dem Silmarillion“, einer Sammlung unvollendeter Geschichten des großen Fantasy-Autors. Im Vorwort des aktuellen Bandes erklärt Tolkiens Sohn Christopher, wie er aus dem Wust aus bruchstückhaften Erzählungen, die er im Nachlass des Vaters fand, diese Geschichte herausgefiltert hat. Er klingt dabei wie ein Historiker, der eine vergangene Zeit rekonstruiert. Und so hat auch Tolkien sein Reich Mittelerde wie eine eigene Welt zusammengebaut: samt umfangreicher Geschichtsschreibung, verschiedenen Kulturen und eigenen Sprachen.

Die Liebesgeschichte ist zentral für den Kosmos von Mittelerde: Denn die Verbindung zwischen einem Sterblichen und einer Unsterblichen, wie sie Beren und Lúthien quasi als Vorreiter einer neuen multikulturellen Paarungsweise in Mittelerde leben, ist in den Verfilmungen vom „Herr der Ringe“ und dem „Hobbit“ zu einem wichtigen Motiv geworden.

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Eingefleischte Anhänger mögen sich über schmachtende Blicke zwischen Zwerg und Elbin im „Hobbit“ geärgert haben, die im Original nicht vorkommen, das zarte Sehnen zwischen Aragorn und Arwen, das quasi aus den Apokryphen von Tolkiens Fantasy-Epos entlehnt wurde, ließ jedoch niemanden kalt. Das Paar lebte im dritten Zeitalter von Mittelerde, 6500 Jahre nach Beren und Lúthien, die im ersten Zeitalter den Grundstein für eine spezienübergreifende Romanze legten. Und doch billigt Arwens Vater Elrond die Verbindung nicht, obwohl er selbst ein Nachfahre von Lúthien ist, wie er Frodo und den Gefährten im „Herr der Ringe“ beim großen Rat in Bruchtal enthüllt.

Liebte seine Frau wie eine Elbin: J. R. R. Tolkien.

Liebte seine Frau wie eine Elbin: J. R. R. Tolkien.

In einem Brief aus dem Jahr 1961 schreibt Tolkien über seinen „Versuch, eigene Sagen zu schreiben, die zu meinen Privatsprachen passen sollten“. Nicht die Geschichten, sondern ihre Mundarten stehen bei dem britischen Sprachwissenschaftler im Vordergrund.

Die Idee zu Beren und Lúthien sei ihm während eines Krankheitsurlaubs vom Heeresdienst 1917 gekommen, heißt es weiter im Brief: Inspiriert wurde er von „einem Wäldchen mit dichtem Unterholz von Schierling bei Roos in Holderness, wo ich eine Zeit lang in der Humber-Garnison lag“. In der Geschichte wird dann mit folgenden Worten jener magischer Ort beschrieben, an dem Beren seine Lúthien, die er wegen ihres Gesangs Tinúviel (Nachtigall) nannte, zum ersten Mal sah: „Der Platz nun, den sie am meisten liebte, war ein schattiger Fleck, wo Ulmen und auch Buchen wuchsen, doch sie waren nicht sehr hoch, und auch einige weißblühende Kastanien standen dort, der Grund jedoch war feucht, und unter den Bäumen wucherte üppig und dicht ein Nest von Schierling. Dort tanzte Tinúviel, bis spät der Abend schwand und viele weiße Nachtfalter sie umflatterten.“

Die Schlüsselszene geht zudem auf eine autobiografische Begebenheit zurück: Während eines Spaziergangs in einem Wald in East Yorkshire hat Tolkiens Frau Edith auf einer mit weißen Blumen gesäumten Lichtung getanzt wie eine Elbin.

Die Sprache ist ganz im Duktus alter Sagen gehalten („Damals hatte Tinwelint zwei Kinder, Dairon und Tinúviel, und Tinúviel war ein Mädchen, das schönste aller Mädchen der verschollenen Elben, und, fürwahr, wenige sind so schön gewesen, denn Tinúviels Mutter war eine Fee, eine Tochter der Götter.“) Der vorliegende Band wechselt zwischen wissenschaftlich anmutender Geschichtenrekonstruktion und märchenhafter Erzählung: Eine Mischung, die so typisch für J. R. R. Tolkien ist.

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Das Liebespaar gehört jetzt schon zu Tolkiens beliebtesten Figuren, im Netz gibt es zahlreiche Fan-Zeichnungen. Und für den Autor hatte es eine große persönliche Bedeutung: Auf dem Grabstein, den er und seine Frau Edith in Oxford teilen, sind die Namen eingraviert, verbunden über die Sterblichkeit hinaus.

Cover.

Cover.

J. R. R. Tolkien: „Beren und Lúthien“, Klett-Cotta; 304 Seiten, 22 Euro.

Von Nina May/RND

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