Für den Oscar als bester Film nominiert

Solidarität unter Frauen: das archaische Kammerspiel „Die Aussprache“

Aussprache im Heuschober: Michelle McLeod (v.  l. n. r.) als Mejal, Sheila McCarthy als Greta, Liv McNeil als Neitje, Jessie Buckley als Mariche, Claire Foy als Salome, Kate Hallett als Autje, Rooney Mara als Ona und Judith Ivey als Agata in einer Szene des Films „Die Aussprache“.

Aussprache im Heuschober: Michelle McLeod (v. l. n. r.) als Mejal, Sheila McCarthy als Greta, Liv McNeil als Neitje, Jessie Buckley als Mariche, Claire Foy als Salome, Kate Hallett als Autje, Rooney Mara als Ona und Judith Ivey als Agata in einer Szene des Films „Die Aussprache“.

Kaum vorstellbar, aber wahr: In einer abgeschiedenen Mennoniten-Gemeinde in Bolivien wurden weibliche Mitglieder von Männern kontinuierlich unter Drogen gesetzt und vergewaltigt. Blutend und verwundet wachten sie nach der Tortur auf. Und das geschah noch in diesem Jahrtausend.

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Auf diesem Verbrechen basiert der 2018 erschienene Roman „Woman Talking“ (zutreffender als der deutsche Titel „Die Aussprache“) der kanadischen, selbst in einer mennonitischen Gemeinde geborenen Autorin Miriam Toews. Den brisanten Stoff hat die ebenfalls kanadische Regisseurin Sarah Polley in epischem Format verfilmt und dafür zwei Oscarnominierungen eingeheimst – für den besten Film und für das beste adaptierte Drehbuch.

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Der Film spielt zumeist auf dem Heuboden einer Scheune. Eine Gruppe von Frauen aus zwei Familien und drei Generationen will eine kollektive Entscheidung fällen. Sollen sie schweigen und bleiben oder kämpfen oder weggehen? Die Frauen wissen, dass sich ihr Schicksal in der Gemeinde nicht ändern wird.

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Doch nun wollen sie nicht mehr nur Opfer sein. Nur was passiert, wenn sie die Glaubensgemeinde verlassen? Sie verfügen über wenig Bildung und haben sich bislang stets untergeordnet. In ausufernden Diskussionen wägen sie das Für und Wider ab: Was ist ihnen Freiheit in einer besseren, aber fremden Welt für sich und ihre Kinder wert?

Jede hat eine anderes Martyrium hinter sich. Ona (Rooney Mara) ist schwanger von einem Vergewaltiger, Mariche (Jessie Buckley) ließ sich lange von ihrem unberechenbaren Ehemann schlagen und unterdrücken, Salome (Claire Foy) attackierte einen Täter mit der Sense und erwartet eine harte Strafe.

Die dreifache Oscargewinnerin Frances McDormand („Nomadland“) übernimmt einen kleinen Part als ältere Frau, die für Vergebung plädiert und eindringlich davor warnt, sich von der Kolonie abzuwenden. Ihr Gesicht ist eine Landkarte des Leidens. Den einzigen Mann im Film, den von den anderen Machos als „unmännlich“ verachteten Grundschullehrer und Protokollanten für die des Schreibens und Lesens nicht mächtigen Frauen, spielt Ben Whishaw.

Trotz fantastischer Kamera und überzeugendem Ensemble ermüden die sich oft im Kreis drehenden Dialoge und Monologe im Korsett eines starren Kammerspiels. Das in gesättigten Farben streng inszenierte Drama und die in schwarze Gewänder gehüllten Frauen wirken archaisch und wie herausgelöst aus einer längst vergangenen Zeit, auch wenn aktuelle Fragen um Macht und Glaube, Liebe, Rache und Hoffnung im Mittelpunkt stehen.

Für McDormand, auch Produzentin, geht es nicht darum, „das Patriarchat zu stürzen. Es geht darum, ein Matriarchat zu beleuchten, das seit Menschengedenken existiert“, hat sie gesagt. Ein Matriarchat, das nur funktioniert, wenn sich Frauen verbünden, und das seine Kraft aus Solidarität schöpft.

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„Die Aussprache“, Regie: Sarah Polley, mit Rooney Mara, Jessie Buckley, Claire Foy, 100 Minuten, FSK 12

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