Nintendo wagt Konsolen-Revolution – was kann die neue Switch?
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Flexibel: Flugs die Controller-Hälften an den Schirm geknipst – und schon wird die Nintendo Switch von der Heimkonsole zum Mobilgerät.
© Quelle: Nintendo
Wie nimmt man eine Spielkonsole mit nach draußen? Bisher gab es darauf nur zwei Antworten. Die eine ist unpraktisch: Playstation, Fernseher und Kabeltrommel in den Garten tragen. Die andere ist enttäuschend: Zum Spielen unterwegs gibt es kleine, schwache Geräte wie das 3DS.
Nun präsentiert Nintendo einen dritten Weg. Die Switch, erhältlich ab dem 3. März, sieht aus, wie ein Tablet. Zu Hause steckt sie in einer Dockingstation und funktioniert wie eine normale Heimkonsole. Das Spiel läuft auf dem Fernseher, gesteuert wird mit einem kabellosen Gamepad. Aber bei Bedarf wird das Gerät wie durch ein Fingerschnippen mobil. Das Tablet wird aus seinem Dock gezogen, die beiden Teile des Gamepads werden links und rechts wie kleine Ohren an den großen Touchscreen gesteckt. Und das Spiel läuft ohne Unterbrechung auf dem mobilen Gerät weiter.
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Der Wechsel vom großen auf den kleinen Bildschirm funktioniert verblüffend einfach. Das Umschalten gelingt in Sekunden, auch bei aufwändigen Spielen. Und das ist eine große Leistung. Die Technik normaler Konsolen passt nicht einfach in ein kleines Gehäuse; sie ist zu groß, läuft zu heiß und frisst zu viel Strom. Erst seit Kurzem sind mobile Chips schnell genug für moderne Spiele. Die Switch kommt zwar an die Leistung anderer moderner Konsolen nicht heran. Aber sie ist stark genug für flüssige HD-Grafik und für weit offene Spielwelten.
Nintendos Innovation ist keine Luftnummer. Immer mehr Menschen spielen. Allein in Deutschland sind es laut Branchenverband BIU 34,3 Millionen. Und die setzen sich nicht alle extra vor eine leistungsstarke Kiste daheim. Tablets und Smartphones geben den Ton an. Menschen tragen Bildschirme jederzeit und überall mit sich herum. Für viele Spiele reicht der kleine Touchscreen völlig aus. Aber Konsolen und Computer haben nicht ohne Grund treue Fans: Hier sieht die Grafik schöner aus, hier ist die Steuerung präziser. Wenn der Held einen Sprung genau landen, wenn das Rennauto die Ideallinie finden soll, dann sind Joysticks und echte Knöpfe unverzichtbar. Für Fans von Action, von großen Geschichten, von Simulationen sind Smartphones nur die zweite Wahl.
Hoher Preis und wenige Titel zum Start
Die Switch ist streng genommen nicht der erste Hybrid zwischen Handheld und Heimkonsole. Aber sie ist der erste, der einfach klickt. Das Design der Konsole überzeugt. Die Controller liegen gut in der Hand. Die Spiele sehen schön und scharf aus. Die Technik wirkt robust. Besonders stark wirkt die Konsole im Vergleich zu ihrem Vorgänger. Die Wii U war ein ausgewachsener Flop. Sie hatte einen originellen, aber klobigen Controller mit Touchscreen. Und auf dem zusätzlichen Bildschirm passierte wenig. Kaum ein Spiel hatte eine zündende Idee, wozu er gut sein sollte. Dazu wirkt das weiße Plastik der Wii U im Vergleich zur Switch erschreckend billig – wie ein Spielzeugtelefon neben einem iPhone. Mit einer Switch können sich auch Erwachsene in die Öffentlichkeit trauen. Und sie werden sich dabei nicht langweilen. Denn Nintendos Spiele gehören zu den besten der Welt. Der Konzern muss nicht mehr wie bisher separate Titel für Heim- und mobile Konsolen entwickeln. Wenn alle Aufmerksamkeit auf die Switch gerichtet wird, dann ist ein Strom bunter und familienfreundlicher Unterhaltung in Sicht.
Aber ein sicherer Hit ist die Konsole noch lange nicht. Der Spielestrom ist anfangs nur ein langsames Tröpfeln. Die Konsole startet mit wenigen Titeln, erst im Laufe des Jahres werden es nur mehr. Auch die Preise sind ein Hindernis. Die Konsole selbst ist mit rund 330 Euro teurer als die Konkurrenz. Eine Playstation 4 bleibt zwar zu Hause, aber sie bietet eine größere Spieleauswahl mit besserer Grafik für weniger Geld. Richtig teuer wird es bei Nintendo, sobald es an das Zubehör geht. Weitere Controller kosten je nach Modell bis zu 80 Euro. Das liegt auch an der ungewöhnlichen Technik: Die Gamepad-Hälften, im Nintendo-Sprech "Joy-Con" genannt, sind jeder für sich ein Bewegungscontroller mit vielen Knöpfen und einem neuartigen, präzisen Vibrationseffekt. Aber happig ist der Preis trotzdem. Und dann stehen noch Spiele und Speicherkarten auf dem Einkaufszettel.
Fazit: Besser noch abwarten
Vielleicht sollten auch die Fans noch abwarten. Der Kauf einer brandneuen Konsole ist immer ein Risiko. Auch die Switch muss noch große Fragen beantworten. Die Batterie des Handhelds etwa soll je nach Spiel zwischen zweieinhalb und sechs Stunden halten. Überprüfen konnte das noch niemand. Der Speicherplatz der Konsole wirkt mit 32 Gigabyte sehr klein. Der Platzbedarf der Spiele ist noch unbekannt. Und die Konsole soll einen kostenpflichtigen Onlinedienst bekommen. Was der taugen wird, weiß keiner. Bis Weihnachten liegen die Fakten auf dem Tisch. Dann liegen dort auch gute Spiele, nicht zuletzt ein neues Jump'n'Run mit Super Mario. Und dann ist die Switch vielleicht das Geschenk der Saison.
Von Jan Bojaryn
Die Nintendo Switch kostet 329 Euro und ist ab 3. März in Grau und Neon-Rot/Neon-Blau erhältlich, zum Beispiel bei Amazon.
Die wichtigsten Spiele zum Start
Das Pflichtspiel: "The Legend of Zelda – Breath of the Wild" wird episch, ausladend und aufregend. Die Action-Abenteuer des jugendlichen Helden Link sind immer ein Ereignis. Diesmal muss Link selber Kochen, sich warm halten und in einer riesigen Welt zurecht finden. Wer die Switch kauft, der wird wohl auch dieses Spiel kaufen. Das Partyspiel:"1-2-Switch" könnte ein fantastischer Spaß werden. Mit einem Haken: Für die Sammlung aus 28 originellen Minispielen verlangt Nintendo 50 Euro. Die Idee ist allerdings witzig. Zwei Spieler stehen sich gegenüber, schauen einander in die Augen und duellieren sich mit virtuellen Pistolen. Oder essen virtuelle Hotdogs um die Wette. Oder melken Kühe. Oder knacken Schlösser. Die Überraschung:"Snipperclips" ist ein Downloadspiel und erscheint noch im März. Es macht vor, wie sich der kleine Bildschirm der Switch auch für zwei Spieler eignet. Jeder steuert eine Papierfigur. Die Figuren schneiden einander in beliebige Formen, um damit abwechslungsreiche Puzzles zu lösen. Die simple Grafik macht auf dem scharfen Screen der Switch eine gute Figur. Und die Steuerung geht auch mit den kleinen Joy-Con gut von der Hand. Für solche pfiffigen, kleinen Ideen könnte die Switch die perfekte Plattform werden.
LVZ