Axel Köhler inszeniert Paul Burkhards „Feuerwerk“ in Leipzigs Musikalischer Komödie
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/5DPW5GAU3KV2JFDCOESVZSZPIM.jpg)
„Feuerwerk“-Regisseur Axel Köhler vor der Musikalischen Komödie in Leipzig.
© Quelle: Kempner
Leipzig. Seit dreieinhalb Jahrzehnten lebt Axel Köhler, Jahrgang 1960, auf der und für die Bühne. Als Sänger, als Regisseur, als Intendant. Und mit seiner Wahl zum Rektor der Dresdner Hochschule für Musik im Dezember hat der einstige Ober-Altus deutscher Zunge die Perspektive noch einmal geändert, aus der er die Bretter betrachtet, die die Welt bedeuten. Doch nach über 50 Inszenierungen aller Genres und Musiktheater-Partien, die nach Hunderten zählen, antwortet auch er auf die Frage aller Fragen: „Warum man 2019 in Leipzig Paul Burkhards ,Feuerwerk’ spielen soll? Ja, das habe ich mich auch gefragt, als man mir anbot, das Stück hier zu machen. Und nach dem ersten und zweiten Lesen des Textes war ich nicht viel weiter.“
Ökonomischer Dauerbrenner
Doch dann hat es ihn doch gepackt, denn Köhler muss niemandem mehr etwas beweisen, kann es sich längst erlauben, Projekte abzulehnen, die ihn nicht interessieren. Wenn also am Samstag sich der Vorhang zur Premiere der zweiten MuKo-Produktion dieses musikalisch wie dramaturgisch sehr ökonomischen Dauerbrenners hebt, zeigt das vor allem eines: Der Regisseur Axel Köhler hat in der 1950 uraufgeführten Operette, die Paul Burkhard (1911–1977) nach seinem Schweizer Mundart-Vorkriegs-Schwank „Der schwarze Hecht“ komponierte, etwas gefunden, das seinen Theater-Instinkt ansprach.
Bräsige Selbstzufriedenheit
Das ist auf den ersten Blick verwunderlich. Denn die bräsige Spießigkeit und Selbstzufriedenheit der ersten bundesdeutschen Nachkriegsjahre hat sich nie wieder so gemütlich im Musiktheater eingenistet wie im „Feuerwerk“. Der Handlungsfaden ist dünn: In Albert Oberholzers Villa laufen die Vorbereitungen für den runden Geburtstag des schwerreichen Hausherrn auf Hochtouren, die Gäste treffen ein, darunter der vom rechten Fabrikanten-Weg abgekommene Bruder des Jubilars, den es zum Zirkus verschlagen hat. Seine Frau Iduna erzählt singend, dass ihr Papa „eine wunderbare Clown“ gewesen sei, Alberts Tochter Anna schnuppert Zirkusluft – findet am Schluss aber wieder zurück in den warmen Schoß der großbürgerlichen Familien-Existenz. Zumal nach dem Zirkus-Schreck der Vater nun nichts mehr gegen die Verlobung mit Robert einzuwenden hat.
Zwei Konzepte von Freiheit
Genau hier, am Ende dieses dramaturgischen Nichts, das der Komponist als „abendfüllendes Chanson“ bezeichnete, setzt Köhler an: „Der Zirkusdirektor, der sich Obolski nennt, und Robert, sie stehen für zwei Konzepte von Freiheit. Und für eines der beiden Konzepte entscheidet sich Anna am Schluss. Welches das ist, wird natürlich vorab nicht verraten.“
Spielen lassen, wo es spielt
Wohl aber, dies: Nur allzu gern erfüllte Köhler dem Komponisten den größten Wunsch, den der im Zusammenhang mit seinem Operetten-Hit äußerte: Man sollte ihn in der Stadt spielen lassen, in dem man ihn gerade spielte. Im konkreten Fall also in Leipzig – und zwar im Oktober 1989. Köhler: „Wenn es um unterschiedliche Konzepte von Freiheit geht, liegt das ja nahe. Und dann kommen die Figuren des Stückes mit einem Male doch nahe an uns heran.“
Ohne Bosheit und Ostalgie
Damit sie das tun, haben Timo Dentler und Okarina Peter in Möbel- und Mode-Fragen sehr genau recherchiert, um den Leipziger Herbst 1989 in ihrer Ausstattung wiederaufleben zu lassen. Und angesichts dieses Ortes und dieser Zeit war für Köhler sofort klar: „Wir blicken 30 Jahre zurück – aber weder mit Bosheit noch mit Ostalgie. Es geht eher um das Gefühl des: Ja, so war das damals. Ganz schön eigentlich. Und es ist trotzdem gut, dass es vorbei ist.“
Theater mit Hingabe
Für Köhlers Entscheidung, sich ausgerechnet noch einmal mit dieser Operette auseinanderzusetzen, bevor das Dresdner Rektorat einstweilen seine ganze Aufmerksamkeit beansprucht, spielte die Leipziger Musikalische Komödie eine wichtige Rolle: „Es gibt ja nicht mehr viele Theater, die diesem Genre mit so viel Hingabe begegnen“. Einzig die Dresdner Staatsoperette wäre da noch zu nennen, wo Köhler auf und hinter der Bühne viel inszeniert, gespielt und gesungen hat.
Widerwillen der Notwendigkeit
An den meisten anderen Theatern dagegen entledigt man sich des Genres im Allgemeinen und dieses Werks im Speziellen mit dem Widerwillen der Notwendigkeit: Das Publikum will es immer wieder sehen und die Schlager „Oh mein Papa“, „Ich sag’ es gern durch die Blume“ oder „Ich hab’ ein kleines süßes Pony“ hören – also muss man es spielen und vertraut es dann dem lustlosen Nachwuchs an oder dem ebenso lustlosen letzten Aufgebot.
An der MuKo ist das völlig anders. Köhler: „Solisten, Chor, das Orchester, sie wissen genau, was sie dem Genre schuldig sind. Und Tobias Engeli denkt als Dirigent sehr dramaturgisch und für jedes Experiment zu haben ist. Sie werden staunen, wie gut das Stück funktioniert.“
Premiere, Samstag, 13. April, 19 Uhr, Vorstellungen: 14., 16., 19., 27., 28., 30. April, 21. Juni; Karten (15–39 Euro) und Infos erhalten Sie u.a. bei der Ticketgalerie im LVZ Foyer, Peterssteinweg 19, im Barthels Hof, Hainstr. 1, in unseren Geschäftsstellen, über die gebührenfreie Tickethotline 0800 2181050 auf www.ticketgalerie.de oder an der Opernkasse sowie unter Tel. 0341 1261261.
Von Peter Korfmacher
LVZ