Inszenierung und Re-Inszenierung: Ricarda Roggan – Einzelausstellung im MdbK
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Ricarda Roggan 1971 (03), Ausschnitt, 2021, Chromaluxe, 120 x 95 cm
© Quelle: © VG Bild-Kunst Bonn, 2022; courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin
Leipzig. Ricarda Roggans Interesse gilt stets den Dingen und ihren Orten. Menschen sind in ihren Werken nicht anzutreffen, vielmehr ihre Spuren und Überreste. Die Dinge und Lebensräume verweisen auf sie, zeigen, dass sie hinterlassen wurden, vergessen und liegen geblieben sind.
Nach kurzer Zeit schleichen sich Fragen und Zweifel an der vorgefundenen Ding- und Raumordnung in Roggans Fotografien ein. Menschenleere Fabrikgebäude, Ateliers, Hinterhöfe, Keller, Wälder wie zurückgelassene Videospielautomaten, Möbel und Gebrauchsgegenstände wurden von der Künstlerin gesichtet, umgestellt, neu inszeniert und mit einer Plattenkamera fotografiert.
Die Künstlerin hat sich bewusst für die analoge Fotografie entschieden und arbeitet nicht digital.
Neuer Werkzyklus „1971“
In ihrem neuen Werkzyklus „1971“ setzt sich Roggan mit Fotografien des Künstlers Timm Rautert (*1941) auseinander, bei dem sie von 1996 bis 2004 in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst studierte und ihren Meisterschülerabschluss absolvierte. Rautert schuf im Jahr 1971 eine Serie von zwölf Fotografien im New Yorker Atelier des amerikanischen Konzept- und Minimal-Art-Künstlers Walter De Maria (1931–2013). Es sind einzelne Gegenstände aus dem Atelier, die Rautert mit der Kamera festhielt, keine Gesamtansicht des Raumes oder gar ein klassisches Porträt des amerikanischen Künstlers.
Diese Schwarz-Weiß-Fotografien re-inszenierte Roggan 50 Jahre später in Leipzig in einem für kurze Zeit leerstehenden Gebäude der Leipziger Baumwollspinnerei: Ein für die Künstlerin besonderer Ort, denn dort entstanden ihre ersten Werke, dort lebte und arbeitete sie viele Jahre.
Erstmals nutzt die Fotografin für den Zyklus „1971“ ein Druckverfahren auf Chromaluxe, eine für ihre lange Haltbarkeit bekannte fotografische Technik.
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In der Werkserie „Reset“ sind ausrangierte Videospiel-Automaten zu sehen, die die Künstlerin während eines Arbeitsaufenthaltes in Zypern in einem ausgebrannten Café in Nikosia entdeckte.
© Quelle: © VG Bild-Kunst Bonn, 2022; courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin
Die Werke Roggans überlassen den Betrachtenden, ob sie die Rolle der Künstlerin als Spuren-suchende, Archäologin und Beobachterin einnehmen wollen. Ricarda Roggan sucht, gräbt, schichtet Dinge um und findet neue Bildszenen, die die Themen der Inszenierung und Re-Inszenierung, der Arbeit im Atelier und des künstlerischen Prozesses untersuchen.
„Die Kunst ist der dunkle Wunsch aller Dinge“, schrieb Rainer Maria Rilke (1875–1926) in seinen Aufzeichnungen über die Kunst am Anfang des 20. Jahrhunderts. Auf dieses Zitat Rilkes bezieht sich Roggans künstlerische Praxis des fotografischen Bewahrens der Dinge und Orte, die sie wahrgenommen hat und in ihren Werken inszeniert.
Die Künstlerin Ricarda Roggan
Ricarda Roggan wurde 1972 in Dresden geboren; sie lebt und arbeitet in Leipzig. Nach dem Studium der Fotografie in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Timm Rautert studierte sie in London am Royal College of Art. Seit 2013 ist sie Professorin für Fotografie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart.
Die Fotografien von Ricarda Roggan erweitern den Leipziger Kosmos der Bilder und unterstreichen die wichtige Position der Fotografie in Leipzig; ihre Präsenz in der Sammlung des MdbK, die Bedeutung der Ausbildungsstätte Hochschule für Grafik und Buchkunst sowie den inspirierenden, einzigartigen künstlerischen Arbeitsort Leipzig.
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Von PM/LMG