Autor ist auf einem Auge blind

Salman Rushdie berichtet von Albträumen nach Attentat

Der Autor Salman Rushdie. (Archivfoto)

Der Autor Salman Rushdie. (Archivfoto)

New York. Ein knappes halbes Jahr nach dem Attentat auf Salman Rushdie leidet der britisch-indische Autor noch immer körperlich und mental. „Ich fand es sehr, sehr schwierig zu schreiben. Ich setze mich hin, um zu schreiben, und nichts passiert. Ich schreibe, aber es ist eine Kombination aus Leere und Schrott, Sachen, die ich schreibe und die ich am nächsten Tag wieder lösche. Ich bin noch nicht aus diesem Wald heraus, wirklich“, sagte der 75-Jährige dem Journalisten David Remnick vom Magazin „New Yorker“ in einem am Montag veröffentlichten Interview.

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Dennoch empfinde er ein Gefühl von Dankbarkeit. Es sei ihm schon besser gegangen, sagte Rushdie. „Aber, wenn man bedenkt, was passiert ist, geht es mir nicht so schlecht.“

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Auch das Schlafen falle ihm nicht immer leicht, sagte Rushdie weiter. „Es gab Albträume – nicht genau der Vorfall, aber einfach beängstigend.“ Ihm gehe es ansonsten aber gut, so Rushdie. Er könne aufstehen und herumlaufen. Das Tippen falle ihm schwer, weil er das Gefühl in einigen Fingern verloren habe. „Die großen Verletzungen sind im Wesentlichen verheilt“, beschrieb der Autor. Er habe Gefühl im Daumen, im Zeigefinger und der unteren Hälfte seiner Handfläche. Er erhalte viel Therapie für seine Hand, „und mir wird gesagt, dass es sehr gut läuft.“ Es sei ein „kolossaler Angriff“ gewesen.

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Am Montag veröffentlichte Rushdie auch selbst ein Bild von sich bei Twitter: „Das Foto im ‚New Yorker‘ ist dramatisch und kraftvoll, aber nüchtern betrachtet sehe ich tatsächlich so aus“, schrieb er Bezug nehmend auf das Aufmacherbild des Magazins. Der Beitrag wurde mittlerweile wieder gelöscht.

Remnick, der mit Rushdie sowohl persönlich als auch per Videotelefonie sprach, schrieb, der Schriftsteller habe mehr als 18 Kilogramm abgenommen und lese vor allem mit Hilfe eines iPads, um die Beleuchtung und Schriftgröße anpassen zu können. „Auf der rechten Seite seines Gesichts befindet sich Narbengewebe“, schrieb Remnick. Rushdie spreche so flüssig wie eh und je, aber seine Unterlippe hänge auf einer Seite herunter und ein Nerv in seiner linken Hand sei schwer beschädigt worden.

Rushdie wurde Opfer eines Messerangriffs

Rushdie war am 12. August bei einer Veranstaltung im US-Bundesstaat New York von einem Mann mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt worden - er erlitt 15 Stichwunden und ist seitdem auf einem Auge blind. Rushdie wird seit Jahrzehnten von religiösen Fanatikern verfolgt. Wegen des Romans „Die satanischen Verse“ hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini im Jahr 1989 dazu aufgerufen, den Schriftsteller zu töten. Rushdie hatte sich seit längerer Zeit wieder frei und unter minimalen Sicherheitsvorkehrungen bewegt.

Den mutmaßlichen Attentäter, der sich der ihm zur Last gelegten Vorwürfe nicht schuldig bekannt hat, bezeichnete Rushdie als „Idiot“, sagte aber, er empfinde keinen Zorn. Er habe sich in all den Jahren sehr darum bemüht, Bitterkeit zu vermeiden. „Eine der Arten, wie ich mit dieser ganzen Sache umgegangen bin, ist, nach vorne zu schauen und nicht zurück. Was morgen passiert ist wichtiger als das, was gestern passiert ist.“

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Rushdie veröffentlicht neuen Roman

Das Interview erschien am Vorabend der Veröffentlichung von Rushdies neuem Roman „Victory City“ in englischer Sprache am Dienstag. Das Buch stellte er einen Monat vor dem Angriff fertig. Nun, da er fast gestorben sei, liebten ihn alle, befand der Autor mit Blick auf seine Verkaufszahlen. Auch in sozialen Netzwerken wurde Rushdie zuletzt wieder aktiv, twittert wieder gelegentlich und reagiert sogar auf Beleidigungen. Als ihm in einem Tweet jüngst unterstellt wurde, er führe ein „schändliches Leben“, antwortete Rushdie: „Oh, ein weiterer Fan! So erfreut.“

Ansonsten bemüht er sich weiter um Genesung. Ein Projekt, an das er sich dennoch wagen könnte, ist eine Fortsetzung seiner Memoiren „Joseph Anton“ von 2012, die er in der dritten Person verfasste. Dieser Aspekt fühle sich aber inzwischen anders an: „Ich denke, wenn jemand ein Messer in dich hineinsticht, ist das eine Geschichte aus der Ich-Perspektive. Das ist eine Ich-Geschichte.“

RND/dpa/AP

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