Uwe Tellkamp verteidigt Einladung rechter Verlage

Gehört zu den 32 Erstunterzeichnern der „Charta 2017“.

Gehört zu den 32 Erstunterzeichnern der „Charta 2017“.

Berlin. Die Debatte um rechte Verlage auf der Frankfurter Buchmesse reißt nicht ab: Prominente Autoren haben sich nun in einem offenen Brief grundsätzlich dagegen ausgesprochen, Verlage auszuschließen – unabhängig von ihrer Gesinnung. Initiiert hat den Protest die Dresdener Buchhändlerin Susanne Dagen. Ihr Manifest unter dem Titel „Charta 2017“ beginnt mit den Worten: „Die Vorkommnisse auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse machen deutlich, wie widersprüchlich es in unserem Land zugeht: wie unter dem Begriff der Toleranz Intoleranz gelebt, wie zum scheinbaren Schutz der Demokratie die Meinungsfreiheit ausgehöhlt wird.“

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Die Unterzeichner stellen sich hinter die Buchmessenleitung

Dagen, die bereits zweimal von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet wurde, schreibt: „Ich schäme mich als demokratischer Mensch, als leidenschaftliche Buchhändlerin und als eine in der DDR Geborene für diesen zutiefst respektlosen und würdelosen Umgang mit andersdenkenden Verlagen und den dahinter stehenden Menschen.“ Sie erwäge den Austritt aus dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels.

Dieser hatte auf der Frankfurter Buchmesse am vergangenen Wochenende zu friedlichen Protestkundgebungen gegenüber dem rechtsnationalen Antaios-Verlag aufgerufen, der der Identitären Bewegung nahe steht. Unabhängig davon wurden Bücher besudelt, bei der in Dresden herausgegebenen Zeitschrift „Tumult“ wurden Manuskripte gestohlen. Es kam auch zu Handgreiflichkeiten bei Lesungen. Dagen kommentiert: Wenn ein Branchenverband wie der Börsenverein darüber befinde, „was als Meinung innerhalb des Gesinnungskorridors akzeptiert wird und was nicht“, wenn er zu „aktiver Auseinandersetzung“ aufrufe und es dann im „Kampf gegen Rechts“ zu Sachbeschädigungen komme, dann sei „unsere Gesellschaft nicht mehr weit von einer Gesinnungsdiktatur entfernt“. Die Unterzeichner stellen sich damit hinter die Buchmessenleitung, welche die Einladung der Verlage stets mit dem Recht auf Meinungsfreiheit verteidigt hatte.

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Protest gegen rechte Verlage auf der Messe.

Protest gegen rechte Verlage auf der Messe.

Zu den 32 Erstunterzeichnern gehört auch der prominente Schriftsteller Uwe Tellkamp („Der Turm“). Seine Beteiligung brachte ihm viel Kritik ein. Bei Twitter heißt es: „Tellkamp lässt sich vom rechten Opfernarrativ beeindrucken!“. Ein anderer Nutzer stellt die Frage: „Wird er jetzt auch bei Pegida sprechen?“ Er selbst wollte sich dazu nicht weiter äußern. Auf Nachfrage teilte der Suhrkamp-Verlag mit: „Einer Erklärung bedarf es aus seiner Sicht nicht.“

Auftritt von Björn Höcke mündet in Sprechchor „Jeder hasst die Antifa“

Die Auseinandersetzungen zwischen linken Demonstranten und rechtsgerichteten Verlegern waren zum zentralen Thema der diesjährigen Buchmesse geworden und hatten eine Diskussion über Debattenkultur im Hinblick auf Rechtspopulisten ausgelöst. Ein Aufritt des AfD-Politikers Björn Höcke mündete in den Sprechchor „Jeder hasst die Antifa“. Die Messeleitung drang selbst mit Megafon nicht durch. „Wir haben heute gewonnen“, triumphierte der Antaios-Verleger Götz Kubitschek am Sonnabend und kündigte an: „Wir kommen wieder.“

Die Behauptung von Nico Wehnemann, Stadtverordneter in Frankfurt und Funktionär der Satirepartei DIE PARTEI, am Freitagabend von einem Nazi attackiert worden zu sein, sorgte für Proteststürme, der Moderator Jan Böhmermann sprach vom „Gastland Dunkeldeutschland“. Der vermeintliche Nazi entpuppte sich später als Sicherheitsmitarbeiter der Messe. Doch da war die Medienmaschine bereits in vollem Gang.

Neben Tellkamp haben auch Schriftsteller wie Jörg Bernig, Utz Rachowski, Ulrich Schacht und Cora Stephan sowie Publizisten wie Hans-Joachim Maaz die „Charta 2017“ unterschrieben. Mit dem Namen der Petition will Susanne Dagen an die „Charta 77“ anschließen, mit der Bürgerrechtler 1977 auf Menschenrechtsverletzungen in der kommunistisch regierten Tschechoslowakei aufmerksam machten. Wären dem linken Spektrum zuzuordnende Verlage auf der Buchmesse so behandelt worden, betonte sie in einem Internet-Kommentar, hätte sie sich ebenso empört. Den Vergleich mit der „Charta 77“ halten Kritiker für verwegen angesichts von Publizisten, die in ihren Schriften nicht unbedingt für Menschenrechte eintreten.

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Von Nina May/RND/Tomas Gärtner/Mathias Richter/RND

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