Salz als Luxusgut: Was taugen Himalayasalz und Fleur de Sel?
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Löffel mit verschiedenen Sorten Salz liegen auf einer Marmorplatte.
© Quelle: Getty Images
Das Hawaiimeersalz Black Lava sei „ein Highlight für Gaumen und Augen“, verspricht ein Anbieter. Für einen „Wow-Effekt“ werde wiederum das blaue Saphirsalz sorgen, heißt es bei einem anderen Shop. Das klingt nach großen Versprechen für ein Produkt, das quasi zu den Grundnahrungsmitteln gehört und in keiner Küche und in kaum einem Gericht oder Lebensmittel fehlt: Salz. Laut Weltgesundheitsorganisation sollten es maximal fünf Gramm am Tag für einen Erwachsenen sein. Doch obwohl Geschmacksabstufungen den meisten bei diesem Mineral eher schwerfallen dürften, boomt der Markt mit sogenannten Gourmetsalzen aus aller Welt in allen Formen und Farben. Aber was taugen sie? Fakt ist, dass der Mensch Salz zum Überleben braucht. Doch braucht er seltenes, exotisches Salz?
Am populärsten unter den Edelsalzen ist wohl das Fleur de Sel. Diese „Blüte des Salzes“ bildet sich als hauchdünne Schicht auf der Wasseroberfläche von Meerwasserbecken und wird dann per Hand abgeschöpft. Das Ergebnis sind flockige Salzkristalle, die pro Kilo teilweise bis zu 100 Euro kosten können. „Es ist das edelste und feinste Meersalz, da die Gewinnung mit einem hohen Aufwand verbunden ist“, sagt Arne Anker, Küchenchef und Inhaber des Restaurants Brikz in Berlin. Das erklärt auch den stolzen Preis. Die feinen Salzkristalle bringen Anker zufolge beim Zerbeißen eine „Anregung der Geschmäcker“.
Fleischiger Touch in Richtung Schinken
Er selbst verwende in seinem Restaurant neben dem Fleur de Sel zahlreiche weitere spezielle Salze, vor allem Meersalze in unterschiedlichen Formen, aber auch Rauchsalze wie das Hickorysalz. Es wird mit dem Holz des Hickorynussbaums geräuchert und verleihe „den Speisen einen leicht fleischigen Touch in Richtung Schinken“, erklärt Anker. Er ist überzeugt von den Gourmetvarianten: „Der Vorteil dieser speziellen Salze im Vergleich zu handelsüblichen Salzen ist die Geschmackstiefe, die man damit erzielen kann.“ Normales Speisesalz, auch Tafelsalz oder Kochsalz genannt, schmecke hingegen meist einfach nur salzig. Um die Nuancen der spezielleren Varianten richtig schmecken zu können, sollten diese meist erst zum Ende eines Kochvorgangs oder beim Anrichten verwendet werden. Zum Salzen von Nudelwasser sind die teureren Exoten also weniger gedacht.
Das sogenannte Himalayasalz, ein grobkörniges, rosafarbenes Salz, ist ebenfalls eines der bekannteren unter den Gourmetsalzen. Es stammt ursprünglich vom Fuße des Himalayagebirges. Viele der unter diesem Namen verkauften Salze werden jedoch mittlerweile in industriellen Salzminen in Zentralpakistan abgebaut. Seit einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs im Jahr 2016 muss die Herkunft klar gekennzeichnet werden. Der Ursprung der blütenähnlichen Farbe des Himalayasalzes ist ebenfalls weniger zauberhaft, als man annehmen mag: Grund sind mineralische Verunreinigungen durch Eisenhydroxid. Im Internet kursieren Aussagen, dass Himalayasalz sogar gesundheitliche Vorteile habe und sich beispielsweise positiv auf den Blutdruck auswirke. Begründet wird das unter anderem damit, dass es mehr als 80 verschiedene Mineralien enthalten soll. Diese konnten jedoch in einer Untersuchung von Stiftung Warentest nicht nachgewiesen werden.
Alle Salze bestehen zu mindestens 93 Prozent aus Natriumchlorid
Die verschiedenen Salze unterscheiden sich chemisch ohnehin kaum voneinander: Alle bestehen zu mindestens 93 Prozent aus Natriumchlorid. Jana Fischer von der Verbraucherzentrale Hamburg stuft die gesundheitlichen Versprechen rund um das Himalayasalz als haltlos ein. Salz nehme man ohnehin normalerweise in sehr geringen Mengen auf, sagt sie. Weitere Anteile anderer Mineralien würden also keine gesundheitlichen Vorteile bringen. Letztendlich sei das bei einer ausgewogenen Ernährung auch gar nicht nötig.
Natriumchlorid, also Kochsalz, reguliert laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) den menschlichen Flüssigkeitshaushalt, hat Einfluss auf Blutdruck und Nervensystem. Archäologische Funde belegen, dass unsere Vorfahren zu Beginn ihrer Sesshaftigkeit oft an Salzmangel litten. Sie unternahmen zum Teil große Anstrengungen, um an Salz zu kommen. Eines der großen Rätsel der Geschichte ist, woher sie wussten, dass sie Salz brauchen. Denn der Mangel verstärkt nicht unbedingt den Appetit darauf. Die Salzgewinnung machte erfinderisch: So schürften die Kelten etwa in vorchristlicher Zeit im heutigen Hallstatt in Österreich mit einfachen Werkzeugen in bis zu 300 Meter tiefen Schächten das „weiße Gold“. Es ist das älteste Bergwerk der Welt. Die Blöcke wurden teilweise in Herzform geschnitten. Schon damals wusste man „Gourmetsalz“ offenbar zu vermarkten.
An Salzmangel leiden gerade die Deutschen heute nicht mehr – im Gegenteil. Frauen nehmen laut einer Studie des Robert Koch-Instituts pro Tag etwa 8,4 Gramm und Männer sogar etwa zehn Gramm zu sich, also das Doppelte der empfohlenen Menge. Zu viel Salz kann dann wiederum ungesund sein und laut DGE das Risiko, an Bluthochdruck zu erkranken, steigern. Mangel herrscht in Zusammenhang mit Salz allenfalls beim Jod.
Zu viel Jod kann zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen
Die DGE rät zu mit Jod angereichertem Salz, da die Jodaufnahme in Deutschland ansonsten sehr gering sei. Jod trage beispielsweise zur Produktion von Schilddrüsenhormonen bei, die Wachstum oder auch Stoffwechsel regulieren. „Wenn man täglich fünf Gramm Jodsalz isst, dann kommt man schon auf die Hälfte des Tagesbedarfs an Jod“, erklärt Jana Fischer. Wer ohnehin Lebensmittel mit hohem Jodgehalt wie etwa Thunfisch oder Feldsalat isst, sollte dabei jedoch aufpassen, nicht zu viel Jod aufzunehmen. Das kann im Zweifel zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen.
Die meisten Gourmetsalze enthalten laut Verbraucherzentrale allerdings gar kein Jod. Der Stiftung Warentest zufolge weisen sie auch noch andere Mängel auf: Während drei Viertel der getesteten Siede- und Meersalze gut abschnitten, war es bei den spezielleren Salzen wie zum Beispiel Fleur de Sel nur etwa ein Drittel. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Freiburg hatte zudem in vier von 15 untersuchten Rauchsalzen auffällige PAK-Gehalte entdeckt. PAK, also polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, können krebserregend sein. Doch weil Rauchsalze normalerweise ohnehin nur in sehr kleinen Mengen verzehrt werden, stuft das CVUA das Risiko als eher gering ein.
Der Berliner Koch Arne Anker empfiehlt, möglichst naturbelassenes und damit qualitativ hochwertiges Salz zu nutzen. Ein Highlight für den Gaumen mag es sein, für die Augen ist es das wohl weniger. Denn strahlend weiß ist eigentlich nur industriell gereinigtes und verarbeitetes Salz.
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