Kein Trend, sondern ein Klassiker

Verflixt und eng genäht: Kommen die Skinny Jeans jemals aus der Mode?

Skinny Jeans sind kein Trend, sondern ein Klassiker.

Skinny Jeans sind kein Trend, sondern ein Klassiker.

Totgeglaubte leben enger: Skinny Jeans sind wieder in. Dabei waren sie im Grunde nie richtig verschwunden. Kurz hatten wir gedacht, die Vorherrschaft der Röhre sei vorbei, als vergangenes Jahr die Marktforscher des US-Instituts NPD Group verkündeten, dass 2021 seit langer Zeit in den USA erstmals wieder mehr weite Modelle als Skinny Jeans verkauft worden seien.

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Und jetzt das: Gerade statteten Designerinnen und Designer wie Miuccia Prada oder Hedi Slimane ihre Models wieder mit Skinny Pants aus. Die Entwürfe der Luxuslabels werden meist umgehend von den großen Fashionketten adaptiert. Mel Ottenberg, der als Stylist von Rihanna arbeitet, erklärte sogleich: „Ich war zwar ein wenig entsetzt über die hautengen Hosen. Wenn aber Hedi Slimane sagt, dass Skinny Jeans zurückkommen, glaube ich ihm.“

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Eine Hose für Selbstzweifel

Als Fan von Slim-Fit-Verfechter Slimane zwängte sich in den Nullerjahren selbst Karl Lagerfeld in dessen knappe Röhrenmodelle. Heute tragen vor allem instagrammächtige Models wie Bella Hadid, Kendall Jenner und Hailey Bieber die Skinny Jeans. Doch auch für ihren eleganten Chic berühmte Prominente wie die französische First Lady Brigitte Macron oder Prinzessin Kate schwören auf sie. Keiner aber steht sie wohl so gut wie Kate Moss. Die Modelikone machte in den Neunzigerjahren die hautenge Hose populär. Von London bis Lüneburg wollten alle aussehen wie die bleistiftdünne Britin, die mit ihrem damaligen Lover Pete Doherty durch den Matsch des Glastonbury-Musikfestivals selbstverständlich in der engstmöglichen Jeans stelzte.

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Natürlich wird auch heutzutage niemand dazu gezwungen, Skinny Jeans zu tragen. Aber: Mit ihr wird eben auch einer Hose gehuldigt, die schon vor mehr als 20 Jahren eine ganze Generation von Frauen – und sicher auch den ein oder anderen Mann – in Selbstzweifel stürzte, da bei so gut wie jedem Menschen gerne mal etwas Hüftspeck über dem Bund herausquillt.

„Skinny“ ist die Steigerungsform von „thin“ – bedeutet also nicht nur dünn, sondern schon knochig-mager; eine fragwürdige Ästhetik. Toxische Sätze, wie der, den einst Kate Moss zu Protokoll gab, dass nichts so gut schmecke, wie dünn zu sein, fördern nicht nur Minderwertigkeitskomplexe, sondern im schlimmsten Fall Essstörungen. Es ist kein Geheimnis, dass Moss zeitweilig drogenabhängig war. Dies hat mit zu ihrer ausgemergelten Gestalt beigetragen. Der Style wurde als Heroin Chic verkauft – und viele Frauen, die nicht in Size Zero passten, fühlten sich schlecht. Von Body Positivity, der Akzeptanz verschiedener Körperformen und ‑typen, war da noch keine Rede.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Ist es dann nicht fast schon eine Pflicht, dass Designer und Designerinnen auch Kleidung für ein realistischeres Körperbild entwerfen? Jeans, die keine Hungerkur voraussetzen? Sarah Haase, freie Dozentin im Department Design der Akademie Mode und Design (AMD) in Hamburg, meint: „Zwar geben die großen High-Fashion-Häuser Zeitgeistströmungen vor, ob man diese für sich umsetzt, ist aber immer eine individuelle Entscheidung.“ Die Körpertypen, die auf den Laufstegen gezeigt werden, seien ja auch schon diverser geworden, etwa bei Balenciaga. Viel wichtiger sei heute aber für die Generation Z, was Influencerinnen und Influencer auf Ins­ta­gram, Tiktok oder Youtube tragen. „Man folgt dort jemandem mit einer ähnlichen Körperstatur und adaptiert dessen Image durch Styling“, sagt Haase.

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Passen die Skinny Jeans zum modernen Körperverständnis?

Für sie ist die Röhrenhose längst kein Trend mehr, sondern ein Klassiker im Kleiderschrank, wie ein gut geschnittenes weißes T-Shirt. Ausschlaggebend sei, mit was man die Jeans kombiniert, etwa einem Oversize-Blazer. Außerdem gebe es jetzt gute Shapewear-Unterwäsche, die den Körper pushe und modelliere und ihn unter der Skinny Jeans straffer wirken lasse. „Aber ja, man kann schon sagen, dass man seinen Körper auf diese Weise manipuliert und nicht so zu ihm steht, wie er nun mal ist“, räumt die Dozentin ein.

Gerade auch dank der sozialen Medien trauen sich Menschen heute endlich, zu ihren unperfekten Körpern zu stehen und vehement gegen Bodyshaming vorzugehen – eine Errungenschaft der vergangenen fünf bis zehn Jahre, die gar nicht genug wertgeschätzt werden kann. Tatsächlich ist so manche und mancher der Generation Z der Ansicht, dass Skinny Jeans nicht mehr mit einem freundlichen, wohlwollenden Körperverständnis vereinbar sind.

Männliche Body Positivity: Zeigt her eure Bäuche!

Heidi Klums Sendung „Germany’s Next Topmodel“ hat in der vergangenen Staffel ein „Curvy Model“ zur Siegerin gekürt. Mit Body Positivity soll es nun auch in der neuen Staffel weitergehen. Aber warum reden wir so wenig über männliche runde Körper?

Eine Ende der Skinny Jeans ist nicht in Sicht

Auf Tiktok werden hunderttausendfach „No Skinny Jeans“-Videos hochgeladen, in denen junge Frauen und Männer den Millennials dazu raten, ihre engen Hosen wegzuschmeißen, besser noch: sie gleich zu verbrennen. Die heutigen 20-Jährigen tragen stattdessen gerne superweite Baggy Jeans – und zwar egal, ob sie dick oder dünn sind. So hüllt sich etwa Iris Law, die elfengleiche Modeltochter von Jude Law und Sadie Frost, selbstbewusst in ultragroße Hosen. Weil sie es schön findet. Und niemandem beweisen muss, dass sie in Jeansgröße 24 passt.

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Dennoch: Von den 60 Jeans, die weltweit pro Sekunde verkauft werden, ist weiterhin ein Großteil schmal geschnitten, ein Ende der Skinny Jeans ist nicht so bald in Sicht. So erklärte etwa Chip Bergh, der CEO von Jeans-Riese Levi’s, dass es zwar eine Hinwendung zu weiten, bequemen Hosen gebe. Er glaube aber nicht, dass die Skinny Jeans jemals aus der Frauenmode verschwinden werde. Ob das den Kritikern nun passt oder nicht.

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